24. Kapitel

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Nate

„Das T-Shirt steht dir perfekt", sage ich schmunzelnd.

„Machst du dich über mich lustig?", fragt Sydney etwas verärgert, aber ich sehe das amüsierte Funkeln in ihren Augen. Gespielt ernst schüttle ich den Kopf.

Ich verkneife mir das Lachen und führe sie zu meinem Wagen.
„Und wo fahren wir hin?", fragt sie etwas aufgeregt. Süß.

„Das ist eine Überraschung", sage ich und halte ihr, ganz der Gentleman, die Tür auf. Sie steigt ein, schnallt sich an und ich merke, wie nervös sie ist.

„Einen Tipp?", bittet sie, als ich einsteigt, aber ich schüttle nur den Kopf. Sie muss sich gedulden.

Vorsichtig fahre ich aus der Parklücke, die anderen Fahrer haben mich ganz schön zu geparkt.

Eine ganze Zeit sitzen wir schweigend nebeneinander, beide in Gedanken versunken, als mir etwas auffällt. Normalerweise unterhalte ich mich viel und gerne, finde einander anschweigen, wenn man im selben Raum ist, unerträglich, aber in diesem Moment ... ist es das angenehmste, was ich je erlebt habe.

Langsam nähern wir uns meinem Ziel und ich bin gespannt, wie Sydney reagieren wird. Als das Meer schon in Sicht ist, setzt Sydney sich in ihren Sitz auf. Sie blickt mich an und ich kann ihren Gesichtsausdruck nicht genau deuten. Sie könnte sowohl enttäuscht oder glücklich sein.

Sobald der Wagen an dem schneeweißen Strand hält springt Sydney aus dem Wagen, ihr Blick bleibt auf dem angenehmen Blau der Wellen hängen. Der Strandabschnitt ist nicht besonders voll, immerhin ist es auch ein Wochentag und noch nicht allzu spät. Ich erinnere mich daran, dass ich früher mit meine Mutter öfters hier war. 

Ich steige ebenfalls aus und stelle mich neben sie.

Plötzlich schlingt sie ihren Arme um mich und drückt ihren Kopf gegen meine Brust.
„Danke", sagt sie und ich bin noch etwas überrumpelt von der Situation, sodass ich die Umarmung einfach nur erwidere.
„Ich war noch nie am Meer, ich wollte schon immer einmal ans Meer", flüstert sie mir zu und blickt mir in die Augen, ich sehe eine Träne ihre Wange herunterlaufen. Wie selbstverständlich wische ich sie vorsichtig weg. Dieser Blick lässt mich alles vergessen und in diesem Moment fühle ich mich, wie der Held der Welt. Ich habe Sydney Bloom glücklich gemacht.

„Wieso warst du noch nie am Meer, es ist nur eine gute Viertelstunde von der Stadt entfernt?", frage ich sie leicht verwundert und wir setzten uns nebeneinander in den Sand, beobachten die Wellen.

„Meine Eltern machen sich ständig Sorgen um mich, es ist schon ein Wunder, dass ich überhaupt in die Schule gehen darf." In ihrer Stimme höre ich Verbitterung, aber auch Trauer.

„Und wieso machen sie sich ständig Sorgen?"

„Das ist kompliziert, aber eigentlich nur ... hoffnungslos", murmelt sie und ich höre so viel Wahrheit in ihrer Stimme, dass ich die Worte hinterfrage, nach einer tieferen Bedeutung suche. Aber die Information dich ich über Sydney habe sind zu wenige, um mir ein echtes Bild, über sie zu machen. Und trotzdem habe ich das Gefühl, ich würde sie besser verstehen, als sonst wer. Und das Gefühl, ist unbeschreiblich.

„Ist nicht alles irgendwie kompliziert und hoffnungslos?"

Sydney nickt, ihre Augen mustern mich schweigend.
„Und ich wünschte mir, manchmal sollte alles einfach nur einfach und voller Hoffnung sein und die Sorgen vergessen. Einfach für ein paar Minuten entfliehen. Diese Möglichkeit bietet mir nur Musik. Ich weiß auch nicht wieso, aber in manchen Moment kann ein Sänger und ein paar Akkorde meine Gefühle besser beschreiben, als tausend Worte es könnten."
„Ich habe Musik nie so gesehen." Aber ihre Beschreibung klingt so verlockend, so als könnte man seinen Frieden finden, wenn auch nur für einen kurzen Moment. Wer würde das nicht wollen?

Sie lehnt ihren Kopf gegen meine Schulter. Wir lassen diese wunderschönen Minuten an uns vorbeiziehen, genießen einfach nur den Moment.

„Ich geh ans Wasser", sagt Sydney dann, steht auf und geht näher an das Wasser. Sie tunkt ihre Zehen in das kalte Wasser, streckt sofort zurück und muss anfangen zu lachen. Und ich lache mit ihr.

Den Rest des Tages verbringen wir am Strand, zwischendurch ruft Sydney ihre Eltern an, um zu sagen, dass sie später kommt. Und nachdem Gespräch sieht sie so geschafft aus, dass wir erst einmal etwas Essen gehen.

Und ich habe das Gefühl, jede Minute die ich mehr mit Sydney verbringe, desto mehr begreife ich, was hinter ihr steckt. Und das ist mehr, als ich zu hoffen hatte.

Am Abend sitzen wir zusammen auf der Motorhaube meines Autos, beobachten den Sonnenuntergang.

„Danke, Nate", sagt sie, wie so oft heute schon.
„Du musst mir nicht danken, ich freu mich, dass es dir so gut gefallen hat", sage ich und blicke zu ihr. Sie mustert mich mit einem undefinierbaren Blick.

„Was ist?"

„Dann will ich sauer auf dich sein und du bist so ... nett, zuvorkommend und einfach perfekt", murmelt sie leise.

„Hast du mich gerade perfekt genannt?"

„Nein."

„Ich hab's genau gehört!"

„Jetzt hast du schon Halluzinationen ..."

Wir streiten noch ein wenig weiter. Dann verfallen wir wieder in schweigen. Und plötzlich kommt etwas über mich und wie ferngesteuert, beuge ich mich nach vorne.
Sydney blickt mich an, bewegt sich kein Stück und als unsere Lippen aufeinander treffen, scheint alles perfekt. Einfach alles.

Leider nur für diesen Moment.

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