8. Kapitel

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Sydney

„Was hast du dir dabei gedacht?", fragt meine Mutter panisch und drückt mich fest an sich. Vorsichtig streicht sie mir übers Haar, so als könnte ich gleich zerbrechen.

„Es tut mir Leid. Ich war schon zu weit von Zuhause weg und habe nicht gemerkt, dass es schon so kalt war. Ich habe mich beeilt, es tut mir Leid", sage ich leise und ziehe den Kopf ein.

„Ach meine Süße, du musst aufpassen. Eine Erkältung und ... es wird nur noch schlimmer. Deine Lunge ist angegriffen, du ... könntest bald sterben. Willst du dein kurzes Leben etwa noch verkürzen?", fragt sie aufgebracht. Meine Augen brennen. Was denkt sie denn? Das ich sterben will? Nein, ich will verdammt nochmal leben. Ich weiß, dass ich gleich anfange zu weinen, weswegen ich schnell hochlaufe. Meine Mutter ruft mir nach, will sich entschuldigen, aber ich laufe einfach weiter.

Ich habe eine schwere Krankheit. Meine Lunge, Leber, Bauchspeicheldrüse und Darm sind beeinträchtigt, ich habe oft Atemprobleme. Alles begann als ich als kleines Kind Reizhusten, Untergewicht und Atemprobleme hatte. Als ich dann eine Lungenentzündung bekam, wurde bei mir Mukoviszidose diagnostiziert. Und seitdem bin ich in Behandlung, aber nichts hilft so richtig. Wenn es schlecht läuft, brauche ich eine neue Lunge. Die Chancen eine Spenderlunge zu kriegen sind jedoch gering.

Meine Leben besteht eigentlich nur aus Arztbesuchen. Ich habe nie so richtig gelebt und werde es auch nicht. Vielleicht werde ich an einem Infekt sterben, an einer einfachen Erkältung. Mein Immunsystem ist so angeschlagen, dass ich eine "einfache" Krankheit nicht überstehen würde.

Und das weiß ich, ich bin mir dem allen allzusehr bewusst. Meine Mutter tut immer so, als würde ich meine Krankheit nicht ernst nehmen, als würde ich unverantwortlich sein. Aber ich kann nicht mehr den ganzen Tag in meinem Zimmer hocken, ich musste heute einfach raus. Nachdem ich beim Arzt war ist mein Mut weiter gesunken das ich alt werden kann.

Ich lasse mich auf mein Bett fallen und fange an leise zu weinen. Wieso ich?

Den Rest des Abends verbringe ich in meinem Zimmer, alleine und weinend. Ich weiß, dass ich armselig bin, aber ich kann in diesem Moment nicht mehr. Es ist alles zu viel. Viel zu viel.

Als ich am nächsten Morgen aufwache, fühle ich mich, nett gesagt, scheiße. Ich stehe auf, ziehe einen dunklen weiten Pullover und eine schwarze enge Hose an. Das ist schon ziemlich schick für mich. Ich nehme mir noch eine graue Mütze und blicke in den Spiegel. Wow. Meine Augen sind rot und verquollen, mein Gesicht blass und ich sehe ziemlich fertig aus. Ach egal, es nimmt mich doch eh niemand wahr, ich bin ein niemand.

Paris wartet ihn ihrem Auto auf mich und blickt mich gespannt an. „Du hast mir gestern nicht geantwortet. Hast du mit Nate geredet?"

„Auch dir einen schönen Guten Morgen. Mir geht es ganz gut und dir? Und ja, Nate hat mit mir geredet", sage ich und schnalle mich an. Meine Schwester macht keine Anstalten los zu fahren.

„Und was hat er gesagt?", fragt sie und dreht sich zu mir.

„Er hat mich auf eine Party eingeladen, aber ich habe abgesagt", sage ich und Paris blickt mich entgeistert an.

Du wurdest von Nathaniel Simmons, dem heißesten Typen an unserer Schule, ach was, in der ganzen Stadt auf eine Party eingeladen? Und du, die uncoolste Außenseiterin, hast abgesagt? Sag mal tickst du noch richtig?"

Okay, das hat gesessen. Meine Schwester redet weiter. Ich mache das einzig vernünftige in diesem Moment, ich steige aus dem Auto aus und verschwinde.

In der Schule achtet keiner auf mich. Also keine Veränderung.

Nate gehe ich, so gut es geht, aus dem Weg. Ich kenne ihn zwar kaum, aber seine wunderschönen blauen Augen machen mir Angst. Und wieso lässt er mich nicht in Ruhe? Zwischen der vierten und fünften Stunde begegne ich Nate im Schulflur, er lächelt mich an und nickt mir zu. Ich reagiere nicht, weswegen er stehenbleibt, mir meine Kopfhörer aus den Ohren nimmt und mit seiner Hand vor meinen Augen herum fuchtelt.

„Hey Sydney, Lust mit mir Mittag zu essen?", fragt er mich und ein Grübchen bohrt sich in seine Wange. Ich will sofort nein sagen, aber dann denke ich kurz nach. Vielleicht werde ich bald sterben, dann kann es doch nicht schaden, einmal eine neue Erfahrung zu sammeln, oder?

„Klar", sage ich und lächle ihn an. Er ist anscheinend ziemlich überrascht, den er blickt mich zweifelnd an und wartet darauf, dass ich wieder nein sage. Aber als das nicht passiert, lächelt er mich glücklich an.

„Wir haben eine Verabredung", ruft er mir zu und verschwindet. Und jetzt bin ich mir nicht sicher, ob das die beste Idee war, denn Verabredung klingt gleichbedeutend wie Date.

***
Kurze Info:
Die Krankheit Mukoviszidose ist in Wirklichkeit anders, als ich sie hier beschreibe. Es handelt sich ja um eine fiktive Geschichte und ich hoffe ihr versteht das :)

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