Kapitel 5

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Als das Haus unseres Tollpatsches nur noch wenige Meter entfernt ist drehe ich mich sicherheitshalber noch einmal um und sehe mit Vergnügen wie derselbige noch voll auf damit beschäftigt ist, seine Kleidung vom Matsch zu befreien und mich nicht mehr beachtet.
Dann ändere ich blitzschnell die Richtung, laufe wenige Meter über den Acker bis hin zur Rückseite des hier offenen Gartens und verschwinde zwischen den Büschen. Einen besseren Platz hätte ich gar nicht erwischen können, denn hier bin ich zwar gut vor sämtlichen Blicken geschützt, kann aber selber den gesamten Garten überblicken.

Zwischen zwei Bäumen wurde eine Wäscheleine gespannt, auf welcher tatsächlich ein paar Klamotten hängen, einige Schürzen und sogar ein schlichtes Kleid.
Ich fackel nicht lange und denke auch nicht über die Konsequenzen nach die es definitiv geben würde, wenn zufällig jemand in diesem Moment aus dem Fenster schauen würde, ich renne einfach geduckt zwischen den Büschen hindurch und reiße das Kleid herunter. Dann sprinte ich zurück und verstecke mich wieder.

Das Schicksal scheint heute wirklich wieder mal auf meiner Seite zu sein, denn alles bleibt ruhig und ich bin nicht entdeckt worden.

Ich krieche noch ein wenig tiefer in das Gebüsch hinein und fange an, mich in Windeseile umzuziehen. Praktischerweise hat das Kleid auf jeder Seite eine tiefe Tasche, in welche ich meine Jeans und das T-Shirt stopfen kann, ohne dass es zu sehr auffällt.
Was allerdings auffallen wird ist die leere Stelle auf der Wäscheleine, wo bis vor wenigen Sekunden noch das Kleid hing.

Ich hoffe einfach niemand erkennt das Kleid, aber gut, es sieht den anderen die ich bis jetzt gesehen habe zum Verwechseln ähnlich: Schlicht, aus braunem beziehungsweise beigefarbenem Stoff, bodenlang und mit ein wenig weißer Spitze. Es ist erstaunlich wie viel mir dieses Kleidungsstück über die Bewohner des Hauses sagt, welche wohl zur Arbeiterklasse gehören.
Allerdings ist Spitze bestimmt ein wenig teurer, also dürfte es den Leuten dort drinnen nicht allzu schlecht gehen.
Denke ich mal.
Hoffe ich jedenfalls.

Armen Leuten die sowieso schon wenig haben auch noch die Kleidung zu stehlen wäre wirklich das Letzte.
Aber was soll ich sonst tun?
In diesem Moment quietscht auf der anderen Seite des Hauses das Gartentürchen und ich halte instinktiv die Luft an.

Tatsächlich kommt wenige Sekunden später ein ziemlich demoliertes Zylinder Mysterium um das Haus herumgelaufen und sieht sich im Garten um. Das fehlende Kleidungsstück scheint er nicht zu bemerken, aber ich bezweifle auch dass er derjenige war der es hier aufgehängt hat.
Er mustert das Gebüsch eingehend, geht aber glücklicherweise nicht näher heran und im Gegensatz zu meinem roten T-Shirt passt sich das braune Kleid einigermaßen an meine Umgebung an.

Kurz darauf dreht er sich wieder um und geht in das Haus hinein. Ich traue mich nicht aus meinem Versteck hinaus, also bleibt mir nichts anderes übrig als zu warten -mal wieder.
Wenn ich hier irgendetwas zwangsläufig lernen muss, dann ist das wohl Geduld, welche bis jetzt definitiv nicht zu meinen Stärken zählt.

Vor allem bin ich jetzt erneut mit meinen Gedanken alleine und auch wenn ich versuche zu akzeptieren, dass es hierfür keine logische Erklärung gibt, will der rationale Teil in mir unbedingt eine finden.
Ich möchte mir einfach nicht eingestehen, dass ich insgeheim beinahe schon fest von einem Zeitsprung ausgehe, ich habe nämlich wirklich Angst verrückt zu werden . Ich meine, wie sollte das denn gehen? Das ist nicht möglich!
Na gut, ich hatte mir ja sowieso schon fest vorgenommen nicht über das „Wie?!" nachzudenken.
Also angenommen ich akzeptiere die Tatsache, dass ich keine rationale, logische, normale Erklärung finde und deshalb davon ausgehe eine Zeitreise gemacht zu haben, dann klingt das... Völlig verrückt.

So komme ich nicht weiter, ich merke jetzt schon wie ich mich gedanklich im Kreis drehe -kopfüber und mit mehreren hundert Stundenkilometern. Widmen wir uns also einem anderen, wenn auch ziemlich ähnlichem Themengebiet, nämlich den restlichen 200 ungeklärten Fragen, nicht weniger beängstigend oder hirnzermarternd, aber egal!
Was ist zum Beispiel mit meinen Eltern?
Die merken doch hoffentlich, wenn ich nicht mehr da bin!

Anfang vom Ende der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt