Kapitel 3

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Zu sagen, dass mein Herz rast, wäre vermutlich noch untertrieben. Ich glaube wirklich, ich hatte noch nie so viel Angst in meinem Leben!
Gut, bis jetzt wurde ich auch noch nie im 19. Jahrhundert mit einem Messer am Hals in irgendein fremdes Haus gezerrt...

Wann hat Jack the Ripper noch mal gelebt?
Ach so, das war in London. Ja, und?
Spielt sowieso keine Rolle, Psychopathen gibt es überall!

Obwohl ich ihm -zumindest hat sich das Gezische gerade eben verdächtig nach einem Mann angehört- vermutlich mit Leichtigkeit gegen das Schienbein treten könnte, oder um mich schlagen, oder so etwas in die Richtung, schätze ich meine Überlebenschancen dann ziemlich gering ein. 

Die kleinste Bewegung und er schlitzt mich einfach auf, schöne Aussichten!

Ich werde in dem Haus direkt in den Keller bugsiert, der Typ scheint echt viel von Entführungs-Film-Klischees zu halten und es wundert mich fast schon, dass sich dort unten keine Zellen mit dicken Eisenstäben und Stroh in der Ecke befinden. 

Stattdessen ist dort unten nur jede Menge Gerümpel, aber -wer hätte es gedacht?- es thront ein einsamer Holzstuhl repräsentativ in der Mitte des Raumes. 

Klischeehafter geht es ja nicht mehr!

Schon komisch an welche Sachen man so denkt, wenn man eigentlich Todesangst hat, denn die habe ich wirklich.

Was soll ich hier? Was will er von mir?

Nachdem er mich unsanft auf den Stuhl gedrückt und mich allen Ernstes mit den Händen auf dem Rücken daran gefesselt hat, geht er einfach wortlos aus dem Raum, lässt die Tür aber offenstehen

Ich konnte kurz einen Blick auf seine Erscheinung werfen und zu meiner Überraschung sah er nicht gerade so aus als könnte er sich in Hollywood für die Rolle des bösen Auftragskillers bewerben. Langer blauer Mantel, Zylinder und Handschuhe.
Soweit ich das beurteilen konnte hatte er braune Haare, aber sonst habe ich von seinem Gesicht nur wenig sehen können. 

Er sah unauffällig aus und auch wenn er Handschuhe trug, glaube ich eher er gehört zur Mittelschicht oder sowas.
Wenigstens hätten wir dann das „Reicher-Mafia-Boss-Sohn-Klischee" beseitigt.
Vermutlich ist das hier einfach die momentane Mode. 

Im Angesicht der Tatsache, dass ich hier gerade gefesselt in einem Keller auf einem Stuhl sitze und vor zwei Minuten noch ein Messer am Hals hatte, lässt mich mein Zeitsprung gerade ziemlich kalt.
Solange ich keine andere Erklärung finde, versuche ich mich damit abzufinden, egal wie absurd es vielleicht ist, denn ich sollte mir besser überlegen wie ich hier aus diesem Haus rauskomme ohne abgestochen zu werden.

Nachdem ich den Raum eine Ewigkeit später schon zum ungefähr 17. Mal gemustert habe und immer noch nicht weiß was ich tun soll, da Licht nur durch ein kleines Fenster ganz oben hereindringt, höre ich schließlich wieder Schritte auf der Treppe und ein Schatten steht im Türrahmen. 

Der Typ hat eine Kerze in der Hand, die alles immerhin ein wenig besser beleuchtet und kommt langsam auf mich zu.

Hilfe.
Hilfe, Hilfe, Hilfe.
Das ist schlimmer als jeder Horror Film.

Zu meiner Überraschung zieht er keine Machete hervor und hält mir auch keine Pistole an den Kopf.
Ein Fortschritt.

Noch überraschter bin ich, als er sich ebenfalls einen Stuhl nimmt und sich mir gegenübersetzt.
Als er dann allen Ernstes fragt: „Wie geht es dir?", fällt mir endgültig die Kinnlade herunter.

Mir geht es prima! Mal abgesehen von einer Zeitreise oder Ähnlichem wurde mir gedroht, ein Messer war dabei definitiv auch nicht im Spiel oder so, dann wurde ich von einem Typ, der eventuell ein Psychopath ist oder auch nicht, in ein fremdes Haus geschleppt, dort im Keller an einen Stuhl gefesselt und letzten Endes gefragt, wie es mir geht. Ehrlich, so gut habe ich mich selten gefühlt!"

Anfang vom Ende der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt