Kapitel 8

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Ein paar Sekunden lang starre ich ihn nur an und überlege, ob er das ernst meint.
Anscheinend schon.

„Ähm. Okaaay?", frage ich vorsichtig. „Nur zum allgemeinen Verständnis, wer muss was wegen wem bezahlen?"
„Ich bin erst ganz am Anfang meiner Recherche, ich kann dir nichts Konkretes sagen. Aber wenn meine Vermutungen stimmen, dann haben wir ein Problem."

Ich bin mir nicht sicher ob ich wissen will, was seine problematischen Vermutungen sind und da er offensichtlich denkt, noch mehr Details würden mich schlichtweg umhauen, belassen wir das Thema in stummem Einverständnis dabei.
Irgendwann kann mein Gehirn auch keine Infos mehr verarbeiten, zumindest ist die Überreizungs-Kapazität für heute definitiv voll.

„Abrupter Themenwechsel: Wo hast du eigentlich in den letzten paar Tagen gewohnt?"
„Im düsteren Gruselschlösschen auf dem Berg.", meine ich todernst.
„Wo?", fragt er ziemlich entgeistert.
„Wobei, eher im Trophäensaal neben dem Geisterwald. Vor der mörderischen Felswand."
Daraufhin schaut er mich an als hätte ich den Verstand verloren und überlegt wohl gerade, ob das heute wirklich zu viel für mich war. 

„Meine Güte, du verstehst wirklich gar keinen Spaß! Dieses Anwesen da auf dem Hang über der Stadt. Groß, dunkel, düster. Klingelts?", meine ich entnervt.

„Vielleicht solltest du deine Vorstellungen von Humor mal überdenken...", setzt er an, unterbricht sich und scheint realisiert zu haben was ich gesagt habe, denn ziemlich verblüfft fährt er fort: „Wie bist du denn da oben gelandet? Das ist das Anwesen der Argans. Verzeihung, von Argans natürlich."

Den letzten Satz sagt er dermaßen verächtlich, dass ich mich wirklich frage was zwischen ihnen vorgefallen ist, denn irgendetwas war da ganz bestimmt.
Ich mustere ihn kurz, gehe aber nicht weiter darauf ein.

„Also wie ich da gelandet bin kann ich dir nicht sagen, über das „wie" wollten wir ja nicht mehr nachdenken. Jedenfalls bin ich in irgendeinem Zimmer im zweiten Stock gelandet und hab es mir dann hinter dem Anwesen im Stall bequem gemacht."
„Wurdest du von jemandem gesehen?"
„Ich denke nicht."
„Das ist gut, sehr gut sogar. Dann schleußen wir dich irgendwie in das Anwesen ein, als Dienstmädchen oder so."
„Als Dienstmädchen? Verzichte dankend! Ich habe die Frau gesehen die da wohnt und vor allem wie sie ihre Angestellten behandelt:
Wie nichtexistierende Individuen."

Carl verzieht das Gesicht und murmelt nur: „Mhm, Amalia. Amalia von Argans."
Soso, das ist ja interessant, die beiden scheinen sich zu kennen.
„Wer ist das?", frage ich mit unverhohlener Neugier.
„Die Familie Argans ist nicht nur bekannt, sondern vor allem reicher als reich. Jeder kennt sie hier, auch in den Nachbarstädten oder sogar in der Hauptstadt."

Das sind mir viel zu wenig Informationen und er hat mir immer noch nicht gesagt wer Amalia ist.
„Und wer ist Amalia jetzt?", hake ich nach.
„Sie ist die älteste Tochter der Familie und wird einmal alles erben, nicht nur das Anwesen hier, denn sie besitzen gleich mehrere über das Land verteilt. Es gibt unzählige Gerüchte über diese Familie, wie viele davon wahr sind weiß eigentlich keiner, denn sie geben sich nicht mit „normalen" Menschen ab." 

Bei diesen Worten schnaubt er verächtlich, bevor er fortfährt. „Zumindest normalerweise. Aber das ist eine lange Geschichte und um einiges komplizierter als dass man es auf die Schnelle erzählen kann. Überhaupt ist es völlig irrelevant." 

Mit diesen Worten fertigt er das Thema ab und ich bin mir nur allzu sicher das mehr hinter der Geschichte steckt als er zugeben will.
Aber das bekomme schon noch raus. Ebenso schnell wie er dieses Thema abgebrochen hat, widmet er sich einem neuen.

„Jedenfalls solltest du dir die verbliebenen Aufzeichnungen morgen wirklich anschauen, denn die sind der Grund weshalb ich möchte das wir uns im Anwesen umsehen können. Die einzige Spur die wir haben führt nämlich dort hin."
„Wieso erst morgen anschauen? Das können wir doch auch heute noch machen!"
„Sicherheitshalber habe ich die Dokumente bei Martin versteckt, dort wird sie sicher keiner suchen. Und Martin hat heute noch was vor."
Ach das meinte er also damit, dass er nur indirekt dazugehört. Aber wer sollte hinter ein paar alten Schriftstücken her sein, von deren Existenz vermutlich sowieso fast niemand mehr weiß? Als ich Carl diese Frage stelle nuschelt er nur: „Glaub mir, wir haben mehr Feinde als du denkst." „Wie bitte, was soll das denn...", setze ich an, doch er ist bereits aufgestanden und in der Küche verschwunden.

Anfang vom Ende der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt