unzumutbare gesellschaft

89 14 26
                                    


kapitel 5

amanda

Meinen freien Abend nutze ich nicht, um mich mit irgendjemanden zu treffen. Ich habe nicht viele Bekannte in Chicago, da Ich ursprünglich aus Kalifornien komme. Ja, ich kenne die Leute vom Set und meinen Agenten, aber ich würde mich aufdringlich fühlen, wenn ich einen von Ihnen dazu drängen würde mit mir Zeit zu verbringen. Sie haben sicherlich alle Familie und besseres zu tun.

Also tue ich das einzig richtige: In eine Sportbar gehen und das Basketballspiel meines Bruders schauen.

Er heißt Aron Quinn und ist seit 3 Jahren unter Vertrag bei den New York Knicks. Ich könnte nicht stolzer auf ihn sein und bin froh, dass wir beide ein so gutes Verhältnis zueinander haben. Auch wenn das mal ganz anders war. Ich glaube jeder mit einem älteren Bruder hatte die Phase, in der man nicht so gut miteinander ausgekommen ist.

Ich ziehe ein einfaches Outfit an: eine leggings, meine bequemen sneaker, einem weißen hoodie und das Trikot meines Bruder darüber.

In der Bar angekommen setzte ich mich an die Theke, bestelle mir ein Bier und blicke gespannt auf dem Fernseher. Der Barkeeper veranstaltet Flirtversuche, die ich abblocke. Auch wenn er süß aussieht, kann ich das noch nicht wieder.

Ich hole mein Handy aus meiner Handtasche und klicke auf Instagram. Natürlich habe ich nicht vergessen, dass Robert mir seit neustem folgt. Ich scrolle durch sein Profil und erwische mich dabei, wie ich bei manchen Bildern schmunzle oder ehrlich lächle. Reiß dich zusammen.

Normalerweise mache ich sowas nicht, aber ich will nicht, dass das Internet und die Öffentlichkeit Spekulationen anstellt, also folge ich ihm zurück. Zwei Schauspieler, die sich gegenseitig folgen, weil sie an einem neuen Projekt arbeiten. Was ist falsch daran?

Ich lege mein Handy auf die Theke und nippe an meinem Bier. Aron spielt heute Weltklasse und als er einen Korb wirft, kann ich mich nicht zurückhalten.

„Ja, verdammt!" gebe ich von mir, ohne auf die Menschen um mich herum zu achten. Die Bar ist heute Abend echt voll und es ist nicht ungewöhnlich angerempelt zu werden. Als jedoch plötzlich jemand in mein Ohr flüstert, habe ich -bevor ich mich überhaupt herumdrehe- eine üble Vorahnung.

„Folgst du mir etwa, Süße"

Es ist Robert, ich erkenne es sofort. Ich streiche mit meiner rechten Hand über meinen linken Arm, um die aufkommende Gänsehaut zu unterdrücken. Dann drehe ich mich zu ihm herum. Breit grinsend steht er hinter mir, während er sich mit einem Arm an der Theke abstützt.

Ich ziehe meine Augenbrauen hoch.

„Ich glaube wohl er, du folgst mir" gebe ich unbeeindruckt zurück und drehe mich wieder herum. Zuerst denke ich, er ist weg, doch dann meldet er sich nach einigen stillen Minuten wieder zu Wort.

„New York Knicks Fan?" fragt er interessiert. Er hat sich tatsächlich auf den Barhocker neben mich gesetzt.

Anhand meines Trikots sollte sich das von selbst beantworten.

„Offensichtlich" entgegne ich ihm und trinke den letzten Schluck aus meiner Bierflasche. Als ich sie vor mir abstelle, kann ich hören, wie Robert den Barkeeper zu sich ruft.

„Ich hätte gerne noch zwei Bier für mich und die junge Dame"

Ich drehe mich erschrocken zu ihm herum.

„Ich brauche niemanden, der für meine Getränke zahlt" sage ich selbstbewusst und strafe ihn mit einem abschätzenden Blick. Er leckt sich amüsiert über seine Zähne.

„das weiß ich und trotzdem tue ich es gerne" zwinkernd nimmt er die zwei Flaschen entgegen und streckt eine in meine Richtung. Skeptisch starre ich sie an und nehme sie letztendlich zögernd an.

„Nun. Danke" sage ich etwas leiser und muss zugeben, dass ich tatsächlich überrascht bin. Er ist nett. Gleichzeitig versteht er, was es heißt ein Gentleman zu sein. Auch wenn ich sage, dass ich niemanden brauche, der für mich bezahlt, finde ich es dennoch attraktiv. Das würde ich natürlich niemals offen zugeben.

Wir stoßen an und ich muss feststellen, dass ich mich in seiner Gegenwart nicht unwohl fühle. Das ist wirklich nur bei den wenigsten Männern der Fall.

„Wie kommt es, dass Sie Knicks Fan sind? Soweit ich weiß, kommen Sie ursprünglich aus Kalifornien" stellt Robert interessiert fest und nimmt einen Schluck von seinem Bier. Ich mustere ihn und muss zugeben, dass ihm der casual Look extrem gut steht. Er trägt eine einfache dunkelblaue Jeans mit einem schwarzen T-shirt und einer schwarzen Lederjacke.

Ich wäge sorgfältig meine Antwort ab.

„Ich bin Fan von der Mannschaft, bei der mein Bruder spielt. Zur Zeit sind dies die New York Knicks" sofort drehe ich mich zum Fernseher. Ich hasse es Blickkontakt länger als nötig zu halten.

„So so" höre ich Robert hinter mir grübeln „die Verbindung zu ihrem Nachnamen wäre mir nie in den Sinn gekommen. Aron Quinn ist also ihr Bruder."

Ich nicke stumm und auch Robert verweilt einige Momente im Stille.

„Was war heute am Set los?" fragt er plötzlich vorsichtig und ich drehe mich zu ihm herum. Seine großen braunen Augen blicken mich besorgt an und ich kann den Anblick nicht ertragen. Warum ist er auf einmal so nett?

„das könnte ich dich genauso fragen" gebe ich schnippisch zurück, um von mir abzulenken. Ich beobachte, wie er tief einatmet und seine Position verändert. Ist er nervös?

Mit seiner freien Hand streicht er durch sein Gesicht und nimmt einen großen Schluck von seinem Bier.

„Das hier war eine dumme Idee, sorry" sagt er plötzlich mit kalter und fester Stimme „wir sehen uns am Set"

Er stellt die leere Flasche auf die Theke und legt einem zehn Dollarschein daneben. Dann geht er.

Er geht einfach und blickt keine Sekunde zu mir zurück. Ich kann beobachten, wie er zu einem Mann läuft, der etwas weiter hinten an einem Stehtisch lehnt. Der Mann lächelt ihn an, doch das Lächeln vergeht ihm, als Robert ihn mit aus der Bar zerrt. Offenbar möchte er nicht mehr hier sein. Bei mir.

Ich bin ein schrecklicher Mensch und unzumutbare Gesellschaft. Ich habe ihn vergrault und das, obwohl er so freundlich zu mir war.

Seufzend versuche ich mich dem Spiel zuzuwenden, doch es hat keinen Sinn mehr. Ich kann mich nicht konzentrieren.

Warum will er mir nicht aus dem Kopf gehen?

___
Juhu ein neues Kapitel! Was sagt ihr?

the color violet Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt