glückliche fügung

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kapitel 7

robert

Es ist dunkel, als ich mit Jimmy aus der Bar stürze. Ich habe ihm am Arm gepackt und mit raus geschliffen. 

Die Frage war zu viel. Hat sie mich gesehen? Es vielleicht gerochen oder erahnt?

Ich schwitze. Mein Kragen wird enger und schnürt mir zu Luftzufuhr zu.

Ich ringe nach Luft und auch wenn ich draußen bin, fühlt es sich so an, als würde ich keinen Platz haben. Keinen Platz in dieser Welt, um ich selbst zu sein.

„Hey, Mann....was ist los?" fragt Jimmy besorgt und legt seine Hand auf meinen Rücken, während ich mich nach vorne gebeugt habe.

Ich atme tief ein und schlucke schwer.

„A-alles gut" presse ich hervor und richte mich langsam auf. Keiner soll mich so sehen.

„Ich denke, ich will einfach nach Hause" führe ich fort und klopfe mein Shirt ab.

„Du solltest das abchecken lassen, Rob. Das scheint mir wie eine Panikattacke" flüstert Jimmy, einige Menschen stehen etwas entfernt von uns und beobachten mich. Sie müssen mich wohl erkannt haben.

Er durchschaut mich. Genauso wie Sie es tut und das macht mir Angst. Ein Gefühl von Nacktheit und Bloßstellung drückt von innen gegen meinen Brustkorb und auf mein Herz.

„Ja" ist das einzige, was ich herausbekomme. Mein Blick schweift zu den großen Fenstern der Bar. An der Theke kann ich ihre blonden Haare ausmachen. Schwer schluckend wende ich mich ab und versuche das bedrückende Gefühl in meinem Brustkorb zu ignorieren. Mein Herz schlägt schnell und ich merke, wie ich zu schwitzen beginne. Ich bilde mir ein, dass die Menschen um mich herum mich ansehen, über mich reden, über mich urteilen und mich genau als den Mann sehen, zu dem mich das Internet gemacht hat.

Das Internet? Oder doch ich selbst? Ist an dem Ganzen was dran?

Unbewusst lege ich meine flache Hand auf meine linke Brust und versuche meinen Herzschlag zu beruhigen.

Wenn man einmal einen bestimmten Ruf hat und wochenlang in Schlagzeilen jeglicher Klatsch und Tratsch- Zeitungen steht, wird man das nicht mehr so schnell los. Wie ein lästiger Kaugummi, der an deiner Schuhsohle klebt.

Vielleicht will ich mir aber auch einfach nicht eingestehen, dass das Internet recht hat. Vielleicht bin ich rückfällig.

Ich atme einmal tief mit geschlossenen Augen ein und als ich sie wieder öffne, blicke ich Jimmy milde lächelnd an.

„Du kannst das Spiel drinnen noch gerne fertig schauen, aber ich denke, dass ich jetzt nach Hause gehen werde. Ich fühle mich irgendwie nicht ganz so gut" sage ich etwas leiser, um die hellhörigen Gaffer zu überlisten. Jimmy nickt und legt seine Hand auf meine Schulter.

„Wenn was ist melde dich, Mann" flüstert er „das sieht echt nicht gut aus"

Seine Augen mustern mich und natürlich kann er an meiner Haltung, mit rechter Hand an der linken Brust, klar und deutlich sehen, was ich versuche. Meine Lippen verziehen sich zu einem falschen Lächeln und mit einem gegenseitigen Kopfnicken verabschieden wir uns wieder voneinander.

Auf dem Heimweg rasen meine Gedanken und mein Wohlbefinden sinkt immer weiter. Ich bin klatschnass geschwitzt und zittere gleichzeitig. Fuck.

Die Straßen sind zum Glück weitestgehend leer und ich bin froh, dass mich niemand so sehen muss. Das würde ich niemals irgendjemanden zumuten wollen. Ich bin ein Wrack, das weiß ich. Ich hasse es unter Leuten zu sein, aber alleine zu sein, sorgt nur dafür, dass ich mich selbst immer mehr verachte.

Ich stürze in das Gebäude meines Apartment und drücke penetrant den Knopf des Fahrstuhls. Als dieser endlich nach etlichen schmerzhaften Minuten des Wartens unten ankommt, falle ich regelrecht hinein. Mein Herz sticht in meiner Brust, mein Kopf dröhnt und ich fühle mich glühend heiß, doch gleichzeitig unglaublich kalt. Zitternd drücke ich den Knopf meines Apartments und als sich die Türen öffnen breche ich im Hausflur zusammen.

Einige Minuten liege ich einfach da. Am Boden. Reglos.

Meine Atmung reguliert sich nicht und dieses Gefühl, von innen heraus zu verbrennen, wird immer stärker. Ich huste und mein Brustkorb schmerzt. Langsam ziehe ich mich auf die Knie, hin zu einer Kommode im Wohnzimmer. Ich öffne mit zittrigen Händen eine Schublade und krame in ihr herum, bis ich ein kleines Tütchen in der Hand halte.

Der weiße Inhalt lächelt mich geradezu an und ich schließe schmerzlich meine Augen. Die ganzen Kritiker, Reporter und Journalisten haben wohl doch recht.

Ich bin ein elendes Wrack und ein Schatten meines vergeudeten Talents, das nie ausgeschöpft werden wird, weil ich wahrscheinlich vor meinem 50. Lebensjahr in einer Schlagzeile stehen werde, die verkündet, dass ich durch eine Überdosis elendig gestorben bin. So wie es jeder von mir erwartet hat.

Warum also nicht den Erwartungen gerecht werden, wenn es sowieso von Niemandem anders gesehen wird und keiner an dich glaubt?

Ich öffne die kleine Tüte und schütte den Inhalt auf die schwarzen Fliesen. Aus meinem Portmonee hole ich eine meiner vielen Kreditkarten und schiebe das Pulver zusammen, als plötzlich mein Handy vibriert. Schniefend hole ich es hervor und schalte es ein. Ich habe nicht einmal bemerkt, dass ich angefangen habe zu weinen.

Doch das Dröhnen in meinem Kopf und das Schlagen meines Herzens gegen meinen Brustkorb, verstummt mit einem Mal. Stille.

Ich starre ungläubig auf den Display.

Eine Nachricht von Amanda, in der sie sich für vorhin entschuldigt und fragt, was ich morgen mache. Ich atme tief ein und blicke an mir hinab. Es ist wie, als hätte ihre Nachricht mich zurück in die Realität geholt und ich rapple mich auf. Das Koks am Boden trete ich weg, sodass das weiße Pulver auf meinem Boden verteilt ist. Später wird der Staubsauger sich damit vergnügen.

Ich beginne damit grübelnd in meiner Wohnung auf und ab zu laufen. Nachdenklich kratze ich mich am Nacken und überlege mir, ob es sinnvoll ist, sich mit ihr zu treffen. Diese Überlegung ist und war unnötig, da jede Faser meines Körper Ja schreit. Also tue ich das einzig richtige und lade sie für morgen zum Frühstück in mein Lieblings Bistro ein.

Letztendlich plumpse ich auf meine Couch und starre einige stille Minuten auf unseren Chat und ihre Nachricht. Sie muss an mich gedacht haben, sonst hätte sie mir nicht mehr geschrieben. Wäre es ihr egal, würde sie sich nicht entschuldigen und würde nichts unternehmen wollen. Ich beginne zu Grinsen, doch schnell holt mich das flaue Gefühl im Magen ein.

Ich war kurz davor rückfällig zu werden und nur ihre plötzliche Nachricht hat mich davon abgehalten. Wenn sie nur wüsste.

Diese Frau strahlt Hoffnung aus.

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Was sagt ihr?

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 11 ⏰

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