8. Heimreise

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Ich hielt das Zeitsandkorn ganz fest in meiner Hand und rannte los. Plötzlich blieb ich stehen, da mir eins bewusst wurde. Jake war langsamer als ich. Ich musste auf ihn warten. Ich lief neben ihn aber hinter uns stürzte die komplette Höhle ein. „Lauf!" schrie mich Jake an. „Ich kann dich doch nicht zurücklassen" „Lauf raus! Ich komme schon klar aber bring dich und das Zeitsandkorn erstmal in Sicherheit!" Ich wollte ihm widersprechen aber ich wüsste nicht wie ich ihm helfen könnte wenn ich blieb. Meine Tränen ließen mich Jakes Gesichtsausdruck nicht erkennen. Ich schloss meine Augen und lief so schnell ich konnte los. Es flogen immer mehr Kristalle zu Boden und einige streiften meine Haut, welche sofort mit Schnitten versehen war. Ich spürte den Schmerz nicht. Wie konnte ich rennen und Jake hinter mir lassen? Die Höhle bebte doch ich fokussierte mich auf den nächsten Schritt. Ich war zwar sehr schnell aber wir sind tief in die Höhle hineingegangen und ich lief eine gefühlte Ewigkeit nur geradeaus. Erst als es anfing heller zu werden, wusste ich dass der Höhleneingang nicht mehr weit weg war. Ich rannte mit letzter Kraft hinaus. Meine Arme und mein Gesicht waren nun mit schnitten versehen.

Die Morgensonne war in der Zwischenzeit aufgegangen und strahlte mir ins Gesicht. Ich wusste nicht ob mein Verstand mir einen Streich spielte aber die Höhle verschwamm vor meinen Augen. Da viel mir ein, dass der Neumond schon fast am Horizont verschwunden war. Würde die Höhle sich dann komplett auflösen und mit ihr dann auch Jake? Ich starrte hinein und hoffte dass Jake jeden Moment rausrennen würde. Noch immer bebte die Höhle und es vielen immer mehr Kristalle zu Boden. Als sie schon fast komplett einstürzte sah ich ihn. Ich lief zu ihm hin und stützte ihn die letzten Meter. Wir schafften es gerade so hinaus, als die Höhle in sich zusammenbrach. Als wir uns zu ihr umdrehten sahen wir nichts außer einen Sandhaufen. Der Neumond war verschwunden. Wir saßen beide auf dem Boden und Jake schnappt nach Luft. Ich musterte ihn. Er sah schlimm aus. Meine sweatshirt Fetzten um seinen Händen waren von Blut durchtränkt und auch sein Köper hatte es ziemlich schlimm erwischt. In dem Moment war ich aber froh, dass er es überhaupt raus geschafft hatte. „Ich dachte du würdest es nicht schaffen. Ich hatte solche Angst", gab ich zu. „Jetzt müssen wir nur noch den Rückweg meistern", entgegnete er.

Nach einer kurzen Pause rappelten wir uns auf und gingen los. Ich stützte Jake so gut es ging aber ich merkte, dass er nicht lange durchhalten würde. Auch wenn ich es wegignorieren wollte, musste ich zugeben, dass auch ich keine Kraft mehr hatte. Die Sonne schien jetzt so hoch am Himmel und zerrte an unseren Kräften. Wir liefen Stunden durch die heiße Sonne ohne einen Fortschritt zu machen. Um uns herum war wieder nur Sand und ich hatte das Gefühl, wir liefen nur im Kreis. Des weiteren musste ich mich auf meinen Blutdurst konzentrieren. Mein Adrenalin in der Höhle ließ ihn mich vergessen, aber nun wo wir durch die Wüste liefen und der einzige Geruch Jakes Blut war, konnte ich mich nur schwer zusammenreißen. Wir liefen so lange bis Jake in sich zusammen sackte. „Komm du schaffst das.. wir müssen weiter." keuchte ich. Wir hatten keinen Proviant mehr und ich befürchtete, dass wir nicht mehr weiterkämen und dort sitzen bleiben würden, wenn wir eine Pause einlegten. Auch als ich mit aller Kraft versuchte Jake hochzuziehen gelang es mir nicht und wir ließen uns erschöpft in den Sand fallen. Wir haben gefühlt nur 5% des Rückweges geschafft, weshalb es mir schwer fiel positiv zu bleiben. Nach Luft ringend sah ich Jake verzweifelt an. Er hatte ebenfalls aufgegeben optimistisch zu bleiben und ich sah ihm den Schmerz an.

„Trink von mir" sagte ich plötzlich. Er verstand im ersten Moment nicht was ich von ihm wollte. Erst als ich meinen Arm frei machte und ihn vor sein Gesicht hielt starrte er mich ungläubig an. Ich sah sein Verlangen, aber trotz der Schmerzen und der Erschöpfung konnte er sich irgendwie zusammenreißen. „Erzähl keinen Quatsch" erwiderte er und schlug meinen Arm weg. „Trink! Ich kann dich nicht tragen und ich wüsste sonst nicht wie wir hier wegkommen könnten." Jake blieb stumm. Ich wusste, dass er gerade alle Möglichkeiten abwägte aber auch zu keiner besseren Lösung kam. Nach einer Zeit sagte er „Ich habe Angst nicht von dir loszukommen, wenn ich einmal dein Blut trinke". Ich wusste, dass Menschenblut einem mehr Kraft gibt als Tierblut aber auch ich konnte mich kaum davon losreißen. „Wir habe keine andere Wahl..." begann ich. „Trink..". Erneut streckte ich ihm meinen nackten Arm entgegen und merkte wie er mit sich kämpfte. Aber auch seine Blutgier war zu groß.

Er nahm mein Handgelenk und biss hinein. Ich merkte wie mir mein warmes Blut den Arm runterlief. Es tat weh. Ich musste an den Tag denken, an dem ich am Strand erwachte und den Passanten angegriffen hatte. Zu dem Zeitpunkt konnte ich mich nicht beherrschen und habe den armen Mann wahrscheinlich noch mehr weh getan als Jake mir. Ich konnte erkennen, dass die Wunden an seinem Gesicht und seinem Körper zu heilen anfingen. Auch seine Händen taten anscheinend nicht mehr weh, da sie mich immer fester hielten. Meine Sicht verschwamm. Ich sah zu Jake an meinem Handgelenkt runter und lächelte bis ich Bewusstlos wurde.

Licht im Schatten der VergessenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt