Kapitel 20

112 13 34
                                    

Sich an Sakaris kräftigen Hals schmiegend, sog Khione tief den vertrauten Geruch der Stute ein. Liebevoll flüsterte sie ihr Worte zu und nahm die Stille um sich herum wahr, die gelegentlich vom Schnauben der Pferde unterbrochen wurde. Lächelnd schloss sie für einen Moment die Augen und genoss die Ruhe. Jegliches laute Geräusch fühlte sich am Tag des Neumonds verboten an.

Er war den Arakis heilig und sie zelebrierten den gesamten Tag und die Nacht als einen Neuanfang des Zyklus. Daher war es tagsüber so ruhig wie selten auf Pah Koha. Auch in Kagaiyes Schmiede blieb es still. Von den anderen war kaum etwas zu sehen, da sich jeder für den Abend vorbereitete. Pah Koha wirkte ausgestorben und doch voller Leben, das nur darauf wartete, bis die Sonne unterging. Sobald die Sterne den Himmel beleuchteten, würde ein großes Lagerfeuer auf dem Burghof entzündet werden. Ähnlich wie bei der Eheschließung würden die Arakis die ganze Nacht singen und tanzen und zu Göttin Inara beten. Es war ihre Art, sich bei ihr für die Nahrung und ihren Schutz zu bedanken.

Das erste Mal war Khione die Tradition merkwürdig vorgekommen und sie hatte sich so weit wie möglich im Hintergrund gehalten. Sabah und Pahra hatten sie jedoch miteinbezogen und ihr einiges erklärt, wodurch sie mehr Verständnis für die arakische Kultur bekommen hatte. Mittlerweile fieberte sie dem Tag entgegen, denn er stellte eine pure Erholung von allem dar. Es gab keinen Reitunterricht bei Makhah oder Sprachunterricht bei Kabiha. Khione hatte frei und konnte tun, worauf sie Lust hatte. Das gefiel ihr und sie grübelte, ob sie mit Sakari einen Ausritt unternehmen sollte. Da sie die Gegend jedoch nicht genug kannte und jemanden mitnehmen müsste, verwarf sie den Gedanken. Sicher war keiner bereit, sie zu begleiten.

Daher schmuste sie ausgiebig mit Sakari und setzte sich an einen Holzpfahl gelehnt auf dem Boden nieder. Ihre Stute senkte den Kopf und schnaubte in ihren Schoß, bevor sie schnupperte und sich an der Stirn kraulen ließ. Im Sonnenlicht glänzte ihr dunkelbraunes Fell wie eine polierte Kastanie und brachte die weißen Fesseln an den Beinen zum Leuchten. „Du bist wunderschön, weißt du das?", flüsterte Khione. „Bestimmt vermisst du Ahyoka, nicht wahr? Es tut mir so leid, dass man sie dir und Makhah genommen hat."

Obwohl sie mittlerweile gerne hier war, so fragte sich Khione manchmal, wie ihr Leben aussehen würde, wenn Nadir und seine Bande die Arakis beim Jagen nicht angegriffen hätten. Makhah wäre mit Sicherheit glücklicher, neben seiner Geliebten einzuschlafen. Khione fiel oft auf, wie er mit seinen Gedanken woanders war. Vor allem, wenn er sie nahm. Sie ertrug es nicht, während er in sie stieß in sein verbissenes, ablehnendes und zugleich trauriges Gesicht zu sehen. Manchmal hatte er seine Augen geschlossen, ansonsten starrte er auf einen Punkt. Beides war für Khione unerträglich und sie hoffte jedes Mal, dass die lästige Pflicht schnell vorbei war.

Seufzend spielte sie mit Sakaris Stirnlocke und ließ die Haare mehrmals durch ihre Finger gleiten. „Du und Halona habt so sanfte, warme Augen, dass ich mich darin verlieren könnte", murmelte sie. In Denalis erkannte sie oft ein Feuer, mit dem vermutlich nur Makhah umgehen konnte. Sicher lag es daran, dass er der Hengst der Herde und dessen Anführer war.

Plötzlich zwickte es unangenehm in Khiones Unterleib und sie krümmte sich leicht zusammen. Das geschah öfters, nachdem sich Makhah mit ihr vereinigt hatte. Sie war der Meinung, dass er einfach zu groß und grob war, aber da es nichts daran ändern würde, dass sie seinen Nachwuchs austragen sollte, widersetzte sie sich nicht. Schon aus Angst, dass er ihr noch mehr wehtun würde ...

Sanft strich Khione ihrer Stute ein letztes Mal über die Nüstern. „Ich werde mich ein wenig hinlegen. Die Nacht wird lang werden", sagte sie und erhob sich gähnend. Ein bisschen Schlaf würde nicht schaden und da ihr sowieso der Unterleib schmerzte, wollte sie dem für ein paar Stunden entfliehen anstatt Pahra um Kräuter zu bitten. Bisher hatte Khione die Heilerin nicht gesehen.

Khione - Gefährtin des stolzen KriegersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt