Verloren

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Pov Evan:

„Aber du hast ihm die Karte gegeben, oder nicht? Bist du dir auch ganz sicher, dass er es war? Vielleicht hat er sie verloren?" Ich raufte mir die Haare, wechselte die Hand mit der ich mein Handy ans Ohr hielt und seufzte.

Am anderen Ende der Leitung saß meine kleine Schwester, welche nur beteuern konnte, dass sie die Karte ja dem richtigen Asher Jackson gegeben hatte. Es war inzwischen schon ein ganzer Monat vergangen seitdem sie Asher im Auftrag von mir die Karte meines Unternehmens gegeben hatte.

Verdammt, ich war mir doch so sicher, dass Asher neugierig genug sein würde um nach anfänglicher Unsicherheit trotzdem anzurufen. Und jetzt tat und tat er es einfach nicht. Hatte ich ihn falsch eingeschätzt? Konnte eigentlich nicht sein. Von Anfang an hatte Asher mir Zeichen gegeben, wenn auch unbewusst. Schon als er das Zimmer am Abend unserer Begegnung betreten hatte, hatte seine Körpersprache klar gemacht, dass er nicht abgetan war.

„Hör mal, ich weiß wirklich nicht was da los ist, aber wenn du möchtest kann ich ihn ja nochmal ansprechen?" Ich schüttelte meinen Kopf und als mir wieder einfiel, dass sie das gar nicht sehen konnte, antwortete ich schnell.

„Nein, schon gut. Vielleicht hab ich ihn auch einfach falsch eingeschätzt. Wenn er sich mit Absicht nicht meldet, dann sollte ich ihm nicht noch mehr auf die Pelle rücken. Eine Anzeige wegen Belästigung oder so möchte ich echt nicht riskieren." Als Antwort bekam ich ein amüsiertes Schnaufen.

„Du? Falsch einschätzen? Gott, Evan, ich hab mit dem Kleinen geredet und ich hab auch seine Reaktion gesehen als er deinen Namen auf der Karte gesehen hat. Der war ja mal sowas von hibbelig. Wurde ganz scheckig im Gesicht."

Ich lächelte in sich hinein. Das konnte ich mir nur zu gut vorstellen. Dieses sonst so blasse Gesicht gerötet, der Blick gesenkt- „Evan?" „Mh?!" Ein weiteres amüsiertes Schnauben.

„Hör auf dir den Kleinen vorzustellen und hol mich morgen von der Uni ab. Dann kann ich mir eine Strecke morgen sparen und du siehst vielleicht deinen Liebling. Aber auch nur vielleicht, also mach dir keine zu großen Hoffnungen und zerstör nichts wenn es nicht so läuft wie geplant."

Ich lächelte. Meine kleine Schwester kannte mich viel zu gut. Tja, das brachte es wohl mit sich wenn man sein Geschwisterchen Jahre lang selber aufzog, da die Eltern es nicht schafften. Übel nahmen wir es ihnen nicht, es hatte uns schließlich zusammengebracht, auf einer Ebene, die schon eher an beste Freunde grenzte. 

„Danke, Lucy. Und jetzt schau dir endlich die PowerPoint der Vorlesung an. Wenn du schon nicht zuhörst solltest du wenigstens versuchen alles nachzuholen. Sonst sehe ich auch keinen Sinn darin dein Studium weiterhin zu bezahlen." 

Boom, das saß. Mit einem entsetzten Quietschen legte sie auf auf ich grinste. Meine Schwester würde etwas für ihr Studium tun und ich würde morgen meinen Engel wiedersehen. Also, vielleicht. Und noch war er nicht mein, aber das würde sich hoffentlich bald ändern.

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Pov Asher:

Verzweifelt schmiss ich mich auf mein Bett, Hände überm Gesicht und die Augen geschlossen. Vor zwei Wochen hatte meine Neugierde gewonnen und ich wollte die Nummer anrufen die auf der Karte stand. Als ich mich dann erinnerte, dass ich sie nicht eingespeichert hatte, hatte ich mich auf die Suche nach der Karte gemacht. Alle meine Jacken, Hosen, Pullis, alles was eben Taschen hatte. Sogar den Minirock einer Freundin den sie bei mir vergessen hatte, dabei hatte ich ihn nicht mal angehabt.

Jetzt lag meine Jeansjacke neben mir auf dem Bett und ich konnte mich nicht entscheiden ob ich schreien oder weinen wollte. Die rechte Jackentasche hatte ein Loch und bei meinem Glück hatte ich die Karte genau da rein gesteckt. 

Natürlich hatte ich nach Grafik Design Studios gegoogelt, aber davon gab es erstaunlich viele, und den Namen hatte ich mir natürlich nicht gemerkt, weshalb ich wieder am Anfang war. 

Vielleicht könnte Benne mir ja helfen? Aber ich wollte ihn wirklich ungern wieder in mein Liebesleben mit reinziehen. Das letzte mal ist er mit mir extra nach Tokyo für ein Wochenende geflogen, nur damit mein damaliger Freund mit mir bei der Ankunft Schluss machte. Danach hatten wir zusammen ein Maid Café aufgesucht und er hatte sein Bestes versucht mich wieder glücklich zu machen. Somit war mein Ex-Freund schnell vergessen und wir hatten ein unglaubliches Wochenende. Doch nochmal sollte er einen Scheiß nicht durchmachen müssen.

Allerdings hatte ich immer noch das Problem der verschwundenen Geschäftskarte. Dass Evan damit andeuten wollte, dass er Interesse hatte, hatte mein Spatzenhirn inzwischen auch endlich verstanden. Das machte die ganze Sache halt nur noch schlimmer für mich.

Vielleicht könnte ich ja das Mädchen vom letzten Mal ansprechen und fragen ob sie noch so eine Karte hätte? Wäre das zu auffällig? Nein, bestimmt nicht. Ich könnte mir ja eine Ausrede einfallen lassen. Nur wo könnte ich sie finden? Ich wusste ja weder welches Fach sie hatte, noch in welchem Gebäude ihre Vorlesungen stattfanden. Alles was ich wusste war, dass sie im ersten Jahr war. Und ihren Nachnamen.

Das war nicht viel, aber wenigstens etwas. Ich konnte ja herumfragen ob sie jemand kannte. Oder einfach hoffen, dass sie mir nochmal über den Weg laufen würde. Mit diesem Plan im Kopf machte ich mich also bettfertig für eine unruhige Nacht.

"𝐶𝑎𝑙𝑙 𝑦𝑜𝑢 𝑤ℎ𝑎𝑡?" \\𝑚𝑙𝑚 \\ 𝑃𝑎𝑢𝑠𝑖𝑒𝑟𝑡Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt