Teil 4

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Jamal wusste genau, wohin er gehen musste, also folgte ich ihm, ohne zu zögern. Schließlich erreichten wir eine Telefonzelle, und ich tippte die Nummer von Kazim ein. Kein Erfolg. Dann versuchte ich es mit Omaars Nummer, aber auch dort ging niemand ran. Die Sorge wuchs in mir, und Yussuf war meine letzte Hoffnung.Mit zitternden Fingern gab ich seine Nummer ein. Das Klingeln schien ewig zu dauern, als plötzlich eine leise Stimme antwortete. "Hallo? Wer ist da?" Seine Unsicherheit war spürbar."Yussuf, ich bin's, Nour," flüsterte ich zurück. "Ich habe keine Zeit für Erklärungen. Kannst du mir bitte sagen, dass ihr alle in Sicherheit seid? Die Polizei ist vor unserem Haus, und ich mache mir Sorgen. Und sag mir, dass die Drogen, die unter dem Sofa versteckt waren, weg sind."Yussuf antwortete beruhigend: "Nour, mach dir keine Sorgen. Wir sind ins Ausland geflohen. Gerade sind wir in Holland bei einem unserer Kontakte. Die Drogen sind weg, das ist alles erledigt. Wo bist du gerade?"Ich fühlte einen Hauch von Erleichterung und antwortete: "Ich bin mit Jamal, aber ich weiß nicht, wohin wir gehen sollen."Yussuf sagte: "Gib mir mal kurz Jamal. Und Pass auf dich auf kleine Schwester" Ich reichte ihm das Telefon, neugierig, was Yussuf ihm sagen würde.Jamal sprach kurz mit Yussuf, wobei seine Miene ernst blieb. Er nickte und murmelte leise zustimmende Geräusche. Schließlich beendete er das Gespräch und reichte mir das Telefon zurück.


"Yussuf sagt, wir sollen uns von der Stadt fernhalten, bis sich die Lage beruhigt hat," erklärte Jamal. "Wir können vorübergehend in einer sicheren Unterkunft unterkommen. Komm, wir müssen uns beeilen." Ich nickte, fühlte mich aber immer noch nervös. Auch wenn Yussuf sagte, dass alles in Ordnung sei, wusste ich, dass es in dieser Situation keine Garantien gab. Jamal führte mich hinaus aus der Telefonzelle und in die Dunkelheit, auf der Suche nach einem sicheren Ort, an dem wir untertauchen konnten. Jamal führte mich zu seinem Auto, und ich stieg ein, ohne eine Sekunde zu zögern. Als wir aus Düsseldorf herausfuhren, warf ich einen Blick auf die Straßenschilder und bemerkte, dass sie Richtung Essen wiesen. Meine Neugier war geweckt.„Jamal, wohin fahren wir?" fragte ich vorsichtig, denn ich wusste nicht, was er geplant hatte oder ob ich überhaupt wissen wollte, wohin es ging.„Wir fahren zu mir nach Hause. Du solltest bei mir bleiben, solange deine Brüder nicht da sind und die Lage nicht sicherer wird. Am besten schaltest du jetzt dein Handy komplett aus, nur zur Sicherheit."Die Nachricht, dass ich bei ihm unterkommen würde, beruhigte mich ein wenig, aber ich war auch besorgt. Jamal schien entschlossen, mich zu beschützen, aber was bedeutete das für uns? Und wie lange würden wir weg sein?


Ich schaltete mein Handy aus, so wie er es vorgeschlagen hatte. Der Gedanke, von der Außenwelt abgeschnitten zu sein, fühlte sich seltsam an. Aber ich wusste, dass dies wahrscheinlich die beste Vorgehensweise war. Die Tatsache, dass meine Brüder ins Ausland geflüchtet waren, ließ keinen Zweifel daran, dass die Dinge ernst geworden waren.Der Verkehr war ruhig, und wir fuhren in stiller Eintracht. Ich konnte nicht aufhören, über das nachzudenken, was passiert war, und die Bilder von Malik lagen mir schwer auf der Seele. Doch ich wusste, dass ich nicht die Nerven verlieren durfte. Jamal schien die Situation im Griff zu haben, und ich wollte nicht, dass meine Ängste ihn aus der Ruhe brachten.„Mach dir keine Sorgen, wir sind bald da," sagte Jamal, als wir durch die nächtlichen Straßen fuhren. „Du bist bei mir sicher." Seine Worte gaben mir einen kleinen Funken Zuversicht, auch wenn ich wusste, dass die nächste Zeit herausfordernd sein würde. Was auch immer kommen mochte, ich musste stark bleiben. Die Lichter der Stadt verblassten allmählich, als wir die Autobahn entlangfuhren. Jamal konzentrierte sich auf die Straße, während ich in die Dunkelheit hinausblickte, meine Gedanken noch immer verwirrt und angespannt. Die Ruhe im Auto fühlte sich unwirklich an, als ob wir uns in einem Vakuum befanden, getrennt von der hektischen Welt, die wir gerade verlassen hatten.Ich fragte mich, wie lange wir untertauchen müssten und ob die Polizei uns suchen würde. Und obwohl Jamal versuchte, mich zu beruhigen, konnte ich die Angst nicht ganz abstellen. Ich dachte an meine Brüder und was sie gerade durchmachten. War es sicher, dass sie ins Ausland geflohen waren? Oder bestand die Gefahr, dass die Polizei sie auch dort finden würde?Jamal blickte kurz zu mir herüber. "Ich weiß, es ist viel auf einmal. Aber wir müssen durchhalten. Alles wird sich klären, sobald die Lage ruhiger ist." Seine Stimme war warm und beruhigend, als ob er selbst schon durch ähnliche Situationen gegangen war.Ich nickte und zog meine Jacke enger um mich. Die Klimaanlage im Auto schien kälter als sonst, oder vielleicht lag es an meiner eigenen Nervosität. Ich erinnerte mich an Omaars Worte und daran, wie ernst er geklungen hatte. Seine Warnung, niemandem zu vertrauen, hallte in meinem Kopf wider, und ich wusste, dass es jetzt nicht nur um mich ging, sondern um das Überleben meiner Familie.Als wir uns der Stadt Essen näherten, fragte ich mich, wo Jamal lebte und wie sicher dieser Ort wirklich sein würde. Er war ein Freund meiner Brüder, aber wie viel wusste ich eigentlich über ihn? Hatte er wirklich nur Gutes im Sinn, oder gab es Dinge, die er mir nicht erzählte?Ich beschloss, wachsam zu bleiben, auch wenn ich Jamal vertrauen musste, zumindest vorerst. Die nächsten Stunden und Tage würden entscheidend sein, und ich musste bereit sein für alles, was kommen würde. Egal, wie schwer es wurde, ich würde einen Weg finden, durchzuhalten und die Kontrolle zurückzugewinnen. Denn in dieser Welt konnte man niemandem blind vertrauen, nicht einmal den Menschen, die man am meisten liebte. Anschliessend stellte er den Motor ab, und wir stiegen aus gemeinsam betraten wir seine Wohnung. Als die Türe zu ging sah ich nur wie ein voll Tätowierter junger Mann das Wohnzimmer betrat. Wer war er? Und warum sieht er so Angst einjagend aus?

Der Junge aus dem KartellWo Geschichten leben. Entdecke jetzt