Die Männer sind schon alle bei der Kirche, wo der Pranger steht, vorm Haus des Schulzen nur mehr Frauen. Darunter auch sein Weib, Lisbeth, ich kenne sie. An ihrem letzten Kind erlernte ich die Kunst des Wegeleitens, das Entbinden.
Die Kinder, ruft sie den Frauen um sich zu, bringt alle Kinder her, sofort! Aus welchen Grund? Ein schwerer Regen kommt! Wer sagt das, etwa gar die Hexe? Ja, ihr Närrinnen, und jetzt holt eure Bälger, sputet euch!
Sie sieht mich an, mir ist, als würde grad ihr Herz zerreißen. Dann packt mich eine Hand an meinem Haar, zieht, schleift und stoßt mich vor, bis hin zum Pranger.
Da, deine Buhle, ruft der Büttel hinter mir, sie will die Strafe mit dir teilen. Dann bindet er mich an den einen Ring, am anderen hängt sie. Sie sieht mich an, ihr Blick ist voller Angst um mich. Warum, fragt sie erneut und ich kann es ihr endlich sagen: Weil ich dich liebe, Herrin, und ohne dich will ich nicht leben.
Nun fangt schon an, ich will zu Tisch, fordert der Schulze. Und meine Herrin sagt zu mir: Küss mich, sofort! Ich küsse sie auf ihre Wange, aber sie befiehlt: Nein, so wie ein Mann sein Weib sollst du mich küssen! Ich zögere, dann tu ich es.
Der erste Peitschenhieb zerfetzt ihr Kleid am Rücken, der zweite meins. Mein Oberkörper bäumt sich auf, jedoch mein Mund verlässt den ihren nicht. Sie schmeckt so süß, vertreibt den Schmerz auf meinen Rücken, trinkt ihn aus mir heraus, als würde sie das Gift von einer Natter aus meinen Schenkeln saugen.
Der dritte und der vierte Hieb. Ich spüre, wie sie mir mit ihrer Zunge ein kleines Kügelchen aus Blättern in den Mund schiebt. Ich nehme es an, es ist hart, ich frage nicht, was es enthält. Der fünfte und der sechste Hieb. Zerbeiß es rasch, befiehlt sie und ich tue es. Der siebte und der achte Hieb. Am Himmel ziehen dunkle Wolken auf, ein scharfer Wind weht kalt. Sonst ist es still, bis auf das Knallen ihrer Peitschen.
Der neunte Hieb wirft sie nach vor, der zehnte mich. Sie hascht mit ihrem Mund nach meinen Hals und beißt hinein. Doch nicht dem Hals galt dieses Beißen, sondern dem Faden um ihn, an dem das kleine Pfeiflein hängt, mit dem sie mir das Leben vor den Wölfen rettete, als wir uns trafen. Der elfte und der zwölfte Hieb. In meinem Mund ein bitterer Geschmack.
Und wieder schnappt sie nach dem Faden. Nun hat sie ihn, und meine Zunge wird ganz taub. Dem nächsten Hieb wirft sie sich voller Kraft entgegen, der Faden reißt, nun dringt auch mir die Peitsche tief in meine Schultern. Die Taubheit breitet sich auf meinen Nacken aus. Sie hat das Pfeiflein zwischen ihren Lippen, bläst nun in dieses Rohr aus Eisen. Dann ruft sie mir noch zu: „Jetzt halt dich fest an mir!"
Ich hör den Ton des Pfeifleins nicht, doch fühl ich ihn im Kopf, es ist ein anderer als damals. Die Peitsche spüre ich nicht mehr. Und wenn, dann wäre es egal. Ihr Kuss auf meinen Lippen, meiner Zunge, bleibt. Sonst nichts,
Der Himmel schwarz, ein Blitz, dann schwerer Regen. Da schreit ein Büttel: Brand! Der andere bricht ab, was er uns antut. Die Männer setzen an, den Brand zu löschen, doch bleiben sie in sich erstarrt. Das Grauen steht in ihren Augen, ich erkenne es von hier. Dann hör ich Knurren, Hecheln, Bellen, sehe Schemen. Und gelbe Augen, mehr als acht. Viel mehr.
Wir fliegen. Sie hat mich umarmt, ich sie. Was ist das für ein sonderbares Kleid, das du da trägst, will ich sie fragen. Und dann ist Wasser rings um mich und sie. Wir sinken tiefer auf den Grund, dort stößt sie uns mit ihrem Fuß nun wieder ab, ich schau der Göttin ins Gesicht, wir schweben hoch.
Mein Kopf an ihrer Wange taucht aus dem Wasser auf, sie hält mich fest umarmt. Was ist das für ein Ort hier, denke ich, der Himmel? Dann küsst sie mich und lacht.
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Jana und Liz - Teil 8: Der Pranger von Horni Plana
ChickLitJana und Liz sind zurück vom Urlaub. Liz hat eine Geschichte darüber geschrieben. Mehr spooky als spicy, aber spannend bis zum Schluss.