6. Born this way, Lady Gaga

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"No matter gay, straight or bi, lesbian, transgender life. I'm on the right track, baby, I was born to survive.
No matter black, white or beige, chola or orient' made. I'm on the right track, baby, I was born to be brave." - Born this way, Lady Gaga

POV Colin

"Am Wochenende ist hier CSD, ich würde super gerne hingehen", meint Joel, als wir gerade von der Schule zurück in unser Zimmer kommen. Ich stelle meinen Rucksack ab und sehe ihn mit leuchtenden Augen an: "Jaa, ich wollte Noah auch fragen, ob er mit mir hingeht. Fragen wir ihn und Ava noch, ob sie mitkommen?" "Ja, das wird bestimmt cool. Ich such' mir gleich mal ein Outfit raus!", antwortet Joel und bevor ich noch irgendwas erwidern kann, hat er sich schon seinem Kleiderschrank zugewandt.

Ich beschließe ihn eine Weile alleine zu lassen und stattdessen nach Noah zu suchen. Ich bin schon eine ganze Weile in ihn verliebt und ich habe das Gefühl, dass er auch das gleiche für mich empfindet, trotzdem hatte ich bis jetzt noch nicht den Mut ihm meine Gefühle zu gestehen. Ich fühle mich so wohl in seiner Nähe und verbringe gerne Zeit mit ihm. Ich habe Angst, dass ich diese Vertrautheit zwischen uns kaputt mache, wenn er von meinen Gefühlen erfährt. Trotzdem will ich gerne den CSD mit ihm feiern.

Ich finde ihn im Tanzsaal beim Karatetraining. Leise, sodass ich ihn nicht störe, trete ich in den Raum. Er ist dabei so konzentriert, dass er mich gar nicht bemerkt, also beschließe ich ihn einfach eine Weile zu beobachten. Er sieht so toll dabei aus.

Bei einer Übung dreht er den Kopf zur Tür und entdeckt mich. Noch im selben Moment läuft er rot an. Er wendet den Blick ab, damit ich es nicht bemerke, aber zu spät.
"Colin! Wie lange stehst du schon da?", fragt er peinlich berührt und ich bekomme direkt ein schlechtes Gewissen. "Nicht lange", sage ich deshalb, "und dir muss das nicht peinlich sein." Er sieht wieder zu mir und wird dabei noch mehr rot.

Um ihn aus der Situation zu befreien, wechsele ich das Thema. Dabei trete ich etwas näher an ihn heran, sodass ich nach seiner Hand greifen könnte, doch ich tue es nicht. "Ich wollte dich fragen, ob du am Wochenende mit mir zum CSD gehen möchtest?" Dass auch Joel und wahrscheinlich Ava mit dabei sein werden, will ich ihm noch nicht sagen. Mir ist es wichtig, dass er mit mir hin gehen will und nicht nur, weil wir als Gruppe gehen wollen.

Noahs Röte verschwindet nicht, doch jetzt schafft er es mir fest in die Augen zu sehen während er mir antwortet: "Ja ich will gerne mit dir hingehen." Ich glaube mein Herz explodiert gleich, so schnell schlägt es. "Cool, ich freu mich", gebe ich zu und Noah grinst. "Ich lass' dich dann nochmal weiter trainieren, bis später." "Bis dann", kann Noah noch erwidern, bevor ich schon aus dem Raum verschwunden bin. Ich schaffe es einfach nicht seinem Blick Stand zuhalten, er verunsichert mich so sehr. Dabei sehe ich im so gerne in die Augen.

Ich flüchte zurück ins Zimmer, wo Joel immer noch damit beschäftigt ist sein Outfit zu planen. Mit schnellen Schritten durchquere ich den Raum und werfe mich mit dem Gesicht zuerst auf mein Bett. "Wo kommst du denn so schnell her?", fragt Joel irritiert. "Von Noah", nuschele ich in mein Kissen, aber Joel scheint mich verstanden zu haben. "Hast du ihn gefragt, ob er mitkommt?" "Jaa und er will mit, aber jetzt bin ich überfordert", gebe ich zu. "Warum, du wolltest ihn doch dabei haben?" Joel klingt immer noch verwirrt. "Ja, will ich ja auch, aber es ist nicht so einfach", jammere ich weiter. "Wieso nicht? Du magst ihn und er mag dich, klingt sehr einfach meiner Meinung nach." Ich drehe mich auf den Rücken und sehe gerade noch, wie Joel mit den Schultern zuckt, als gäbe es wirklich nichts leichteres. "Denkst du wirklich er mag mich auch?" Joel sieht mich eindringlich an und runzelt die Stirn. "Du denkst allen Ernstes, dass er nichts für dich empfindet? Hast du mal gesehen, wie er dich ansieht?" Ich seufze. "Ich hab einfach Angst ihn zu verlieren, wenn es doch nicht so ist, wie erwartet." "Ich denke das Risiko wirst du eingehen müssen, wenn du mit ihm zusammen sein willst. Willst du das denn?" "Ja, ich wünsch mir das seit einer halben Ewigkeit." "Siehst du, damit hast du deine Antwort", beendet Joel unser Gespräch und wendet sich wieder seinem Kleiderschrank zu.

Fünf Tage später ist es endlich soweit. Ava war auch sofort begeistert, als wir sie gefragt haben, ob sie mitkommen möchte. Nun steht sie mit ihrer Lesbian Pride Flagge vor unserer Zimmertür und wartet darauf, dass wir endlich fertig werden. Obwohl ich anfangs dachte, dass ich mir nicht so viele Gedanken um mein Aussehen machen würde, habe ich am Ende ähnlich viel Zeit wie Joel vor meinem Kleiderschrank verbracht, bis irgendwann Noah ins Zimmer kam, sich die Klamotten auf meinem Bett angesehen hat und auf ein schwarzes Tanktop gedeutet hat, mit den Worten: "Das sieht bestimmt gut aus." Damit war es beschlossene Sache, was ich anziehen würde.

Nun bin ich fertig angezogen und meine Haare sind gestylt, also fehlt nur noch meine Pride Flagge. Ich hole die pink, lila und blau gestreifte Flagge hervor und binde sie mir um die Hüfte. "Ich wär soweit", gebe ich dann von mir und lasse meinen Blick durch den Raum schweifen. Als ich Noahs Blick begegne, wird mir heiß. Er sieht mich an, dabei sind seine Wangen fast genau so rot wie am Montag. Ich spüre, wie auch mir die Röte in die Wangen steigt, weshalb ich meinen Blick wieder abwende und stattdessen zu Joel sehe. "Ich hab's gleich", meint dieser nur, als er meinen Blick bemerkt. Er packt seine Flagge in seinen Rucksack, um sie sich später umbinden zu können. Ava, Noah und ich wissen, dass Joel Trans ist, aber sonst keiner am Internat und das soll auch erst mal so bleiben.

Als Joel dann endlich fertig ist, machen wir uns auf den Weg in die Stadt. Dort angekommen, suchen wir uns einen Weg durch die Menschenmenge, bis wir eine Stelle finden, an der noch genügend Platz ist, dann setzen wir uns erst mal auf den Boden, während wir warten, dass es los geht. Nach kurzer Zeit ist es dann auch so weit. Die ersten Wagen kommen angefahren, zeitgleich steigt bei allen die Stimmung.

Die Parade ist wirklich gut und auch die Musik ist super, doch je Näher wir dem Ende kommen, desto nervöser werde ich. Schließlich fährt der letzte Wagen an uns vorbei und gemeinsam mit den umstehenden Menschen laufen wir los. Immer wieder sehe ich zu Noah, der meinen Blick erwidert und lächelt.

Das nächste Lied ist "Born this way" von Lady Gaga. Natürlich singen wir lauthals mit. Es ist egal wie schief wir singen, hauptsache wir haben Spaß. Kurz bevor die Stelle "No matter gay, straight or bi..." kommt, beschließe ich mutig zu sein und greife nach Noahs Hand. Er verschränkt seine Finger mit meinen und lächelt mich wieder an. In diesem Moment kann ich mich nicht mehr zurückhalten. Ich drehe mich zu ihm, lege meine freie Hand an seine Hüfte und ziehe ihn zu mir. Sein Gesicht ist jetzt ganz nah an meinem und ich spüre, wie er zögerlich seine Hand an meine Wange legt. Im nächsten Moment liegen seine Lippen auf meinen. Ich blende alles um uns herum aus. Ich höre die Musik nicht mehr, bekomme nicht mehr mit, was die Leute um uns herum machen, für mich zählt nur noch Noah. Der Kuss ist vorsichtig, aber wunderschön. Als wir uns voneinander lösen, lächeln wir uns an. Der Moment ist noch schöner, als ich ihn mir zuvor tausende Male vorgestellt habe. Langsam bekomme ich wieder etwas von der Umwelt mit und höre, wie Joel und Ava vor Freude jubeln. Auch Noah scheint das mitbekommen zu haben, denn er fängt an zu lachen. Es ist so ansteckend, dass ich mit lachen muss.

Nolin OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt