Kapitel 7

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Die drei Tage vergingen schneller, als ich es mir je hätte vorstellen können. Doch sie waren zugleich die anstrengendsten Tage meines Lebens. Selbst das Krampftraining war nicht so fordernd, aber ich habe es überlebt. Ständig liefen die Zofen mir auf Schritt und Tritt hinterher, zupften an meinen Haaren, änderten unablässig meine Kleidung und lehrten mich, wie ich zu gestikulieren und zu essen hatte. Das Absonderlichste war jedoch, dass mir beigebracht wurde, wie ich zu lachen habe. Und dann noch der Etiketten-Unterricht! Ich wurde ständig kontrolliert, korrigiert und musste einige spitze Bemerkungen über mich ergehen lassen. Nicht nur von meinen Lehrern, sondern auch von meiner Mutter und natürlich meinem Bruder. Er hatte seinen Spaß daran, mich auf die Schippe zu nehmen.

Aber es gab auch gute Momente. Das ständige Hin- und Herlaufen, um meinen Gang zu verbessern, war gar nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Natürlich war es anfangs merkwürdig und ich fühlte mich in meinem eigenen Körper fehl am Platz, aber es wurde immer besser. Meine Haare bekamen einen neuen Schnitt und eine großzügige Pflege mit den verschiedensten Ölen. Eine Zeit lang duftete ich so penetrant nach einer Mischung der unterschiedlichsten Blumensorten, dass ich meine täglichen Spaziergänge durch den Garten mied. Meine Nägel wurden alle gleichmäßig gefeilt und gepflegt, und mein Gesicht strahlte vor Frische. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich so großartig fühlen könnte.

Ganz wichtig war die Tatsache, dass meine Mutter ihr Versprechen hielt. Sie begleitete meinen Vater auf Schritt und Tritt, und sie speisten wie vereinbart immer zusammen. Ich vermisste meinen Vater schrecklich. Von meinen Zofen hörte ich, dass er eine schöne Zeit mit seiner Frau verbrachte, und das machte mich glücklich. Anna, eine gute Freundin und Vertraute, berichtete mir alles. Heute würde ich ihn endlich wiedersehen. Leider nicht allein, sondern in Begleitung des Prinzen aus Ketlan.

Bloß der Gedanke, dass ich ihn „verführen" soll, macht mich rasend! Wie soll ich das überhaupt anstellen? Die Unsicherheit nagte an mir und ließ meine Hände zittern. Mein Herz raste bei der Vorstellung, dass ich diesen fremden Prinzen um den Finger wickeln soll. Ich hoffe inständig, dass Franks Plan funktionieren wird und ich bald wieder in meine vertraute Routine zurückkehren kann.

Viel über den Prinzen konnte ich nicht herausfinden, trotz meiner Bemühungen und der vielen neugierigen Fragen, die ich stellte. Alles was ich weiß, ist, dass er einen kleinen Bruder hat, der ihm sehr am Herzen liegt, dass er gerne liest und ein wahrer Meister der Schwertkunst ist. Diese spärlichen Informationen sollten mir helfen, aber sie fühlten sich unzureichend an, wie Puzzleteile eines viel größeren Bildes, das ich einfach nicht sehen konnte.

In den letzten Tagen hatte ich unzählige Male mit mir selbst gerungen, mir immer wieder gesagt, dass ich das alles nur für meinen Vater tue. Diese Worte, so oft wiederholt, sollten Trost spenden, aber die Nervosität blieb. Mein Vater ist mein Ein und Alles, und ich würde alles für ihn tun. Er ist immer für mich da gewesen, hat mich unterstützt und beschützt. Es ist an mir, ihm das gleiche zu bieten und ihn zu unterstützen. Wenn ich ihm helfen kann, damit er wieder friedlich schlafen kann, dann werde ich alles tuen.

Frank hatte diesen Plan ausgeheckt. Er versicherte mir, dass alles gut gehen würde und dass der Prinz uns wohlgesonnen sei. Aber was, wenn er sich irrt? Was, wenn ich versage? Diese Gedanken quälten mich und raubten mir den Schlaf. Jede Nacht lag ich wach, starrte an die Decke und versuchte, meine Angst zu unterdrücken.

Heute war der Tag. Die Sonne schien durch die schweren Vorhänge meines Schlafzimmers und tauchte den Raum in ein warmes, goldenes Licht. Doch die Wärme konnte meine innerliche Kälte nicht vertreiben. Ich stand vor dem großen Spiegel, den meine Zofen in den letzten Tagen benutzt hatten, um mich für dieses Treffen vorzubereiten. Mein Kleid, das in sattem Saphirblau schimmerte, umschmeichelte meine Figur. Es zwickte und drückte an einigen Stellen, ein ständiger, unangenehmer Begleiter das mich daran erinnern wird, dass das nicht ich bin.

Anna, meine treue Freundin und Zofe, trat ein und begann, meine Haare zu bürsten. „Du siehst wunderschön aus", sagte sie leise, aber bestimmt. „Der Prinz wird begeistert sein."

„Was, wenn ich das nicht kann, Anna?", fragte ich verzweifelt. „Was, wenn ich alles vermassle?"

„Du wirst es schaffen", antwortete sie mit fester Überzeugung. „Du bist stark und klug. Denke an deinen Vater und daran, wie stolz er auf dich ist."

Ich nickte, obwohl meine Zweifel noch immer nagten. Tief durchatmend sagte ich mir ein letztes Mal, dass ich das nur für meinen Vater tue. Sobald ich diesen Tag überstanden habe, kann ich wieder ausatmen. Der Gedanke, bald wieder in meine Routine zurückkehren zu können, gab mir die nötige Kraft, die Tür zu öffnen und dem Tag entgegenzutreten, der mein Leben verändern könnte.

Es klopfte an der Tür. Bevor ich sie hereinbitten konnte, stürmte meine Mutter herein, sah mich an, erstarrte und ein zufriedenes Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 09 ⏰

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