Kapitel 3

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Sicht Steff
Es ist Samstag und die erste Woche mit Miriam ist um. Die Woche war gut, auch wenn sie noch sehr unsicher ist, dennoch habe ich das Gefühl, dass sie immer mehr Vertrauen fasst.
Wir beschließen heute einkaufen zu fahren, um noch Sachen für ihr Zimmer zu holen.
Zuerst fahren wir zum Möbelhaus, kaufen dort einen Teppich, eine Nachttischlampe, eine Schreibtischlampe und noch ein kleines Regal für die Wand. “Was hältst du davon, wenn Thomas die Sachen nach Hause bringt und wie beide schauen noch nach Klamotten und Spielzeug?" Schlage ich vor, da ich weiß, dass Thomas nur mit mir shoppen geht, wenn es wirklich sein muss. Miriam stimmt zu und wir kaufen noch Klamotten, bevor wir in eine Spielzeugladen gehen. Sie ist sehr unsicher, ob sie sich wirklich die Sachen aussuchen darf, besonders im Spielzeugladen macht sich das bemerkbar. Ich kann ihr ansehen, wie gerne sie einige Sachen hätte, dennoch traut sie sich nicht es zu sagen und sucht sich nur ein kleines Playmobilset aus. Dabei bin ich kurz davor, ihr das große Set mitzunehmen, vor dem sie mehrfach davor stand, doch ich respektiere ihre Entscheidung, da ich sie nicht unter Druck setzen möchte. Als wir den Laden verlassen, entdecken wir direkt gegenüber eine Buchladen, wo sich jede von uns auch noch ein Buch aussucht. Danach rufe ich Thomas an, dass er uns abholen kann.
Zuhause angekommen, sehen wir, dass Thomas schon fleißig war. Das Regal ist aufgebaut und muss nur noch an die Wand gebracht werden, die Lampen stehen schon an ihren Plätzen und der Teppich liegt in der Mitte des Raumes.
Wir räumen den Rest noch ein und führen Thomas dann unsere neuen Klamotten vor. Als Miriam das letzte T-Shirt anziehen will, braucht sie länger als bei den ersten, weshalb ich schauen gehe, ob bei ihr alles okay ist. "Miri, alles okay?” Ich klopfe an der Tür, aus der ein Schluchzen hervor dringt, weshalb ich sie öffne. Als sie bemerkt, dass ich ins Zimmer komme, versucht sie, sich schnell einen Pulli anzuziehen, doch es ist zu spät. Ich habe es gesehen. Erschrocken schlage ich mir die Hand vor den Mund. Sie hat lauter Narben am Rücken und auch an der Oberarmen, die wir bisher nie gesehen haben, da sie immer von ihren Klamotten bedeckt wurden. “Hey, was ist los?” Frage ich und versuche meinen Schock zu verbergen. “Die Arme sind zu kurz. Man darf die doch nicht sehen”, sie deutet auf eine Narbe, die unter dem Ärmel von T-Shirt rausschaut. “Warum darf man sie denn nicht sehen oder möchtest du nicht, dass man sie sehen kann?” “Mama und Papa haben das gesagt.” “Okay, aber die sind ja jetzt nicht hier und können nichts sagen. Was denkst du denn darüber? Ist es für dich schlimm, wenn man sie sieht?” Sie zuckt mit den Schultern. “Komm mal mit.” Ich gehe nach drüben in Thomas und mein Schlafzimmer, stelle mich vor den Spiegel und deute Miri, sich vor mich zu stellen. “Ich berühre dich jetzt leicht an den Schultern”, warne ich sie vor, da sie bisher jede Berührung vermieden hat. Ganz vorsichtig lege ich meine Hände auf ihre Schultern, dafür bedacht, dass sie Narbe bedeckt ist. Vorsichtig drehe ich sie vor dem Spiegel leicht nach Rechts und Links. “Gefällt dir das T-Shirt?” “Ja.” Vorsichtig nehme ich meine Hände weg. “Gefällt es dir noch immer?” Sie nickt zögerlich. “Dann kannst du es auch tragen”, sage ich und wir gehen gemeinsam nach unten und zeigen es Thomas. Dieser bemerkt die Narbe zu meiner Erleichterung nicht oder sagt zumindest nichts, was Miriam hoffentlich mehr darin bestärkt, dass sie es tragen kann.
Nach unserer kleinen Mini-Modenschau beginnen Thomas und ich das Abendbrot vorzubereiten. Mirian baut währenddessen ihr Playmobil auf. “Thomas, Miri hat sich heute etwas Playmobil ausgesucht, jedoch das kleinere Set, obwohl sie mehrfach vor einem großen stand und ich ihr auch angeboten habe, das zu nehmen. Ich würde ihr das zum Geburtstag schenken, doch damit sie vorher schon was hat, würde ich ihr gerne von unserem alten Playmobil was schenken. Mit Janet habe ich schon geredet, es geht klar, dass sie unseres bekommt, doch du und Hannes, ihr hättest viel mehr. Vielleicht kann sie das auch haben?”, frage ich, als wir alleine sind. “Von mir aus gerne, dann wird es wenigstens noch mal benutzt. Ich frage Hannes nachher mal.” “Danke.”
Auch für Hannes ist es okay und wir beschließen es auf dem Rückweg von einem Interview in ein paar Tagen abzuholen. Das ist zwar ein Umweg, aber kein großer.

Sicht Miriam
Ich soll eigentlich schlafen, doch der Tag war so schön, dass ich die ganze Zeit daran denken muss. Die beiden sind so nett zu mir und trotzdem habe ich Angst, dass es irgendwann anders wird. Irgendwann muss ich eingeschlafen sein, doch der Albtraum kommt auch diese Nacht wieder und auch diesmal ist Stefanie in dem Moment da. “Hey, Miri”, ich zucke zusammen, ”es ist alles gut. Wie kann ich dir nur helfen?” Wahrscheinlich liegt es an dem Tag, doch diese Nacht vertraue ihr plötzlich und fange an zu erzählen. “Ich träume immer, dass Mama und Papa kommen und das alles von vorne beginnt.” “Was beginnt von vorne?” “Dass sie mir weh tun, dass sie mich alleine lassen und dass sie ihre Wut an mir auslassen.” “Miri”, ich zucke wieder zusammen”, hier bist du sicher. Wir sind für dich da und würden dir niemals etwas antun.” Stefanie streicht mir vorsichtig über den Rücken. “Kann es sein, dass du den Spitznamen nicht magst?”, fragt sie leise. Ich nicke. “So haben sie mich immer genannt. Es klang so nett und dann wurden sie böse.” “Okay, dann nutzen wir den nicht mehr und suchen dir einen neuen, den du auch magst." “Danke Stefanie.” “Ich mag übrigens den Spitznamen Steff gerne, nur bitte nicht Steffi, damit ziehen die Jungs mich nur manchmal auf.” “Danke Steff.” “Gute Nacht.” Sie verlässt das Zimmer und ich schlafe schnell wieder ein.

Unsere Tochter?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt