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Wincent

Ich beschloss, erst meinen Rucksack zu packen und holte ihn aus dem Schlafzimmer. In der Küche räumte ich ihn aus und neben leeren Wasserflaschen kamen auch das Memorie und die Buchstaben zum Vorschein. Das war ja einfach. Schnell füllte ich eine Flasche wieder mit Wasser, nahm ein Red Bull aus dem Kühlschrank und warf noch ein paar Snacks in den Rucksack. Zufrieden mit dem Ergebnis ging ich wieder Richtung Wohnungstür und nahm den Autoschlüssel mit. Ich ging auf den Flur, schloss ab und lief eine Etage nach unten. Mist! Die Spiele! Also ging ich wieder hoch, schloss auf, holte die Spiele aus der Küche und ging wieder zurück nach unten. Bei Heinz angekommen, klingelte ich und hörte kurz darauf schon Fritz bellen. Ob er wusste, dass ich es war?
„Ah, da bist du ja wieder", begrüßte mich Heinz, als er die Tür öffnete.
„Ja. Hab nur kurz etwas geholt", sagte ich und folgte ihm in die Wohnung.
Fritz kam auf mich zu und sprang schwanzwedelnd herum.
„Ist ja gut", sagte ich. „Bin ja wieder da."
Ich ging zu Anna und legte ihr die beiden Spiele hin.
„Ah, danke." Sie lächelte. „Spielst du noch mit oder musst du los?"
„Ich sollte langsam runter. Sonst zieht Amelie mich wieder damit auf, dass ich ständig zu spät bin", antwortete ich.
Anna grinste. „Bist du ja auch häufig genug."
„Aber nicht heute", koterte ich direkt. „Ich wünsche euch auf jeden Fall einen schönen Vormittag. Bis später."
„Bis später. Viel Spaß mit Amelie und liebe Grüße", sagte Anna.
„Mach ich." Ich gab meiner Freundin noch einen Kuss und verabschiedete mich anschließend von Fritz und Heinz.
Im Treppenhaus stehend war mein erster Impuls, wieder zurück zu gehen. Ich wollte mit den beiden einen tollen Tag verbringen und sie nicht einfach so zurücklassen. Wincent, reiß dich zusammen!, ermahnte ich mich selbst und ging die Stufen nach unten. Mit Amelie wirst du auch eine schöne Zeit haben. Und das mit Heinz und Anna wird sich bestimmt nochmal ergeben.
„Wow, du bist ja wirklich pünktlich", begrüßte mich Amelie, die natürlich schon vor der Tür stand. „Hat Anna dich rausgeschmissen?"
„Nein, ich kann durchaus alleine pünktlich gehen", konterte ich und nahm meine beste Freundin erst einmal in die Arme.
„Kann ich das bitte nochmal haben?", fragte Amelie und zückte ihr Handy.
Ich grinste und zog sie zu meinem Auto. „Netter Versuch."
Wir stiegen ein und ich fuhr einfach los. Amelie navigierte mich ein wenig, weil ich natürlich keinen Plan mehr hatte, wo wir hinwollten.

Annalena

„Da waren wir nur noch drei", sagte Heinz und setzte sich zu mir an den Couchtisch.
„Auch okay. Wincent verliert eh immer bei Memorie", erwiderte ich. „Lust auf eine Runde?"
„Gerne. Wenn du Zeit hast und sie mit einem alten Mann verbringen willst..."
„Wenn du mit einer Blinden und ihrem Hund Zeit verbringen willst..."
„Ich freue mich über Gesellschaft. Und ihr seid liebe Menschen und natürlich ein toller Hund, also warum nicht?"
„Na dann. Lasset die Spiele beginnen." Ich griff nach dem Memorie und verteilte die Karten auf dem Tisch.
Gegen Heinz zu spielen machte viel Spaß, vor allem weil er in der ersten Runde nach allen Bildern fragte. Ich versuchte dann die Stimmen der Personen zu imitieren und erzählte die erste Story, die mir in den Sinn kam über diese Person. Es war sehr lustig. In der zweiten Runde imitierte Heinz dann die Personen, die er sich gemerkt hatte und als Vergleich nahmen wir dann Videos, die es so auf YouTube gab. Vor Lachen lagen wir am Ende der zweiten Runde dann auf dem Boden und hielten uns die Bäuche.
„Sag mal, kannst du singen?", fragte Heinz irgendwann, nachdem wir uns beruhigt hatten.
„Bisschen. Wieso?"
„Lust auf Karaoke? Ich hab hier so ein Spiel und das noch nie ausprobiert."
„Das ist doch das, wo man selbst singen muss und nur den Text und die Hintergrundmusik hat, oder?", hakte ich nach.
„Ja, genau. Aber wir nehmen einfach nur Lieder, wo wir den Text können", erwiderte Heinz. „Oder wir improvisieren einfach. Ist ja sonst niemand da. Also wer soll meckern?"
„Okay, bin dabei", sagte ich und stand auf. Das klang nach viel Spaß.
Heinz stand ebenfalls auf und ich setzte mich auf das Sofa, während er ein bisschen herumwerkelte.
„So", sagte er und setzte sich neben mich. „Hier, dein Mikrofon."
Ich griff danach und hielt tatsächlich ein richtiges Mikro in den Händen. Nicht schlecht für ein Spiel.
„Die habe ich dazu bestellt", erklärte er, als hätte er meine Gedanken gelesen. „Ich war auch mal Musiker."
„Echt? Dann hab ich ja gar keine Chance."
„Klar. Ich bin echt aus der Übung und außerdem war ich nur Background-Sänger. Ich hab eigentlich Gitarre gespielt."
„Wirklich?"
„Ja. War eine coole Zeit."
„Glaub ich. Ich kann nur ein bisschen Klavier spielen", gab ich zu.
„Respekt. Dann ist es ja doch fair."
Ich lachte. „Vielleicht. Und am Ende geht es ja eh nur um den Spaß."
„Richtig."
Heinz startete das Spiel und wir entschieden uns direkt zu Anfang für ‚Summer of 69'. Wir waren erstaunlich textsicher und meiner Einschätzung nach, klang es sogar ziemlich gut. Wir probierten noch mehr Songs aus und wenn wir den Text nicht wussten, wechselten wir auf Silben. Irgendwann kam mir dann mitten im Lied die Spielanleitung von Memorie in den Sinn und ich sang das. Heinz begann zu lachen und sang dann plötzlich eine Geschirrspüleranleitung. Die Texte wurden immer absurder und es fiel uns zunehmend schwerer, durch die Lieder zu kommen.
Als mein Telefon klingelte, begann gerade der nächste Song. Also ging ich in den Flur und nahm den Anruf an.
„Ja?"
„Hey Anna. Na, alles klar?", fragte Wincent.
„Hi. Ja, hier ist alles gut soweit", antwortete ich.
„Sag mal, was ist denn los bei dir?"
„Ähm, ich bin noch bei Heinz... Wir versuchen uns an Karaoke..."
„Aha. Und welcher Song soll das werden?"
„Ich glaub, es war mal irgendwas von Roxette."
„Singen die nicht auf Englisch?"
Ich grinste. „Eigentlich schon. Aber Text ist uns schon seit den letzten Liedern egal. Ich glaub, Heinz versucht sich gerade an der Backanleitung für Käsekuchen."
Wincent lachte. „Na gut, dass lass ich euch mal alleine. Ich bin in einer Stunde aber wieder zurück. Nur, dass du Bescheid weißt."
„Alles klar. Dann bis später."
„Bis dann."
Wincent legte auf und ich ging wieder zurück ins Wohnzimmer.
„Gut, dass du wieder da bist. Ich brauch dich mal, weil ich vergessen habe, wie es weitergeht", sagte Heinz und so schnappte ich mir mein Mikrofon von der Couch und sang den Song weiter.
Allerdings wusste ich das Backrezept nicht und sang deshalb einfach den Text vom Titelsong der Kinderserie ‚Michel aus Lönneberga'. Es passte zwar gar nicht, aber das war ja schon eine ganze Weile so.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 27 ⏰

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