6 - Schülerwechsel

35 2 0
                                    

Und wie erwartet konnte die Welt nicht einfach in der Nacht untergehen und mir den Tag nach der ersten Nachhilfestunde ersparen. Nachdem ich am Vorabend wieder zur Realität zurückfand war Oikawa verschwunden. Er hatte stillschweigend das Haus verlassen, so wie ich es von ihm gefordert hatte. Und ich war mir sicher, dass er das Haus nicht mehr so schnell betreten würde. Sicher war ich etwas forsch gewesen, dessen war ich mir bewusst. Allerdings hatte Oikawa kein Recht gehabt, sich in meine Privatsphäre zu drängen. Und ich wollte ihn genau das wissen lassen. Ich wusste, dass ich mich aus dieser Nachhilfen-Geschichte nicht so einfach herauswinden konnte. Aber ich konnte darauf bestehen, dass die Zeit die ich dafür opfern musste, zu meinen Bedingungen verstrich. 

Ich atmete tief ein, als ich mir an diesem Morgen die Uniform überwarf. Sie saß ordentlich und ohne Falten an meinem Körper. Zu mehr Ordnung und penibler Selbstaufhübschung war ich an diesem Morgen allerdings nicht imstande. Meine roten Haare ließ ich lockig über meine Schultern fallen und die Hornbrille auf meiner Nase rundete den nerd-ähnlichen Anblick schlussendlich ab. Nur kurz fiel mein Blick auf das blaue Armband auf dem Tisch, als ich meine Tasche für die Schule nahm. Wie sehr ich ihn doch vermisste. Mit einem tiefen Seufzer wand ich mich jedoch ab und machte mich auf den Weg. Der Wind blies kühl durch die Straße und untermauerte solide meine heutige Grundstimmung. Sie war düster und grau, passend zu einem faden und regnerischem Sommermorgen. Weder der heißgeliebte Kaffe auf meinen Geschmacksknospen, noch das Buch in meiner Tasche über das ich mich gestern noch so sehr gefreut hatte, wollten an meiner Laune etwas ändern. Ich war mir sicher, jeder kannte diese Tage. Diese Tage an denen man förmlich auf Autopilot funktionierte und man innerlich einen tiefen Groll, Frust oder einfach nur Trauer empfand. Und heute war halt einer dieser Tage. Träge schleppte ich mich durch das Tor des Schulgeländes und hielt auf das Eingangsgebäude zu. Ruhig beobachtete ich dabei den Trubel um mich herum. Die vielen Mädchen, die amüsiert miteinander plauderten. Eine Gruppe Jungen feixte miteinander, wobei einer dem Anderen in die Seite knuffte und dafür eine Schelle auf den Hinterkopf kassierte. Aus der Ferne konnte ich das altbekannte Geschwärme der Oikawa-Groupies hören, welche sich bereits über den Schulhof drängelten um einen perfekten Blick auf Ihren Superstar zu werfen. Als ich den Mädchenschwarm in der Ferne erspähte hatte dieser sein zuckersüßes Lächeln aufgesetzt und unterhielt sich mit einigen der Groupies vermutlich darüber, welche Haarlotion er nutzte. Er wirkte dabei so unbekümmert als könnte ihn nichts er schüttern. Wobei ich mich ehrlicherweise nicht daran erinnern konnte, ihn jemals niedergeschlagen erlebt zu haben. Unbewusst beschleunigte ich meinen Schritt, als ich sah wie die rehbraunen Augen des Mitschüler über den Hof  wanderten und auf mich trafen. Ich wechselte in Windeseile meine Schuhe und verließ gerade den Eingangsbereich, als ich Oikawa hinter mir rufen hörte. "Hoshi-san?", klang es nur knapp hinter mir und ich konnte hören wie sich der Sportler schnellen Schrittes bemühte aufzuholen. "Nun warte doch." Ich spürte das Gewicht einer Hand auf meine Schulter und konnte nicht anders als sie instinktiv beiseite zu schieben. Ich spürte wie sich mein Groll vom Vorabend ungehindert seinen Weg nach außen bahnte. "Was?", gab ich nur forsch zurück, wobei ich mir keine Mühe gab meinen Ärger zu verstecken und drehte mich ruckartig zu ihm um. Ich war nicht bereit für eine Konversation. Nicht mit ihm, noch sonst jemandem. Mein Blick fing seinen auf und ich konnte spüren, wie er eben genau das begriff. Augenblicklich wurde die Haltung des Setters unsicherer, verlor an Spannung. Er begann meinem Blick auszuweichen und sah in Richtung Boden. "Vielleicht später, du wirkst gerade etwas...angespannt.", gab er kleinlaut von sich bevor er auf dem Ansatz kehrt machte und mich entließ. Ich hoffte nur, dass dieses "später" eine ganze Weile auf sich warten lassen würde. 

Bedauerlicherweise wurde ich in dieser Hinsicht enttäuscht. Immer wieder lief ich dem Mädchenschwarm über den Weg, wobei er immer wieder die Konversation zu suchen schien. Das erste Mal zwischen der zweiten und dritten Stunde, als ich auf dem Weg zum Sportunterricht über den Schulhof lief. Dann in der Mittagspause, während ich mir einen ruhigen Platz in der Mensa gesucht hatte und neben meinem Buch appetitlos etwas zu Essen herunterschlang. Zuletzt in der kleinen Pause zwischen der vorletzten und letzten Stunde. Hier lugte der Mädchenschwarm allerdings nur noch durch die Tür des Klassenzimmers und war genauso schnell verschwunden wie er gekommen war. Als das Klingeln die letzte Stunde beendete, war ich beidermaßen erleichtert und nervös. Ich schnappte mir meine Sachen, nickte Mia noch zu um ihr zu signalisieren, dass ich um unseren Deal mit den Hausaufgaben noch wusste und machte mich langsam auf dem Weg zurück zum Schultor. Meine Füße trugen mich Schritt um Schritt an den Klassenräumen vorbei in denen sich die Schüler bereits auf Ihre Clubaktivitäten vorbereiteten. Übereifrig stürzten einige von Ihnen aus den Klassenräumen und waren schneller den Gang hinunter geflitzt als die Rentnerin im Einkaufsladen die neue Kasse beschlagnahmen konnte. Wie diese alten Leute in diesen Momenten wieder flink wurden verstand ich vermutlich erst wenn ich selbst so alt war. "Schnell sonst verpassen wir Oikawa vor dem Training noch.", hörte ich ein Mädchen aus der Parallelklasse neben mir rufen. Ihre Freundin war bereits außer Atem, zwang sich jedoch mit dem Tempo der Ersten mitzuhalten. Kopfschüttelnd bog ich zur Treppe ab und stieg sie hinab. Wenn Oikawa heute beim Training sein würde, müsste ich mir zumindest keine Ausrede einfallen lassen. 

The Playboys Weakness (Oikawa X OC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt