5 - Lesson #1

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Ihn in die Wohnung meiner Großeltern zu lassen wollte mir noch immer nicht recht gefallen. Vielleicht machte ich mir auch einfach zu viele Sorgen. Aber wer weiß was dieser Playboy alles Vorhaben könnte. "Fass bitte nichts an. Sollte was zerbrechen mache ich dich dafür verantwortlich.", mahnte ich den Braunschopf als er seinen Blick durch die Vitrine in unserem Flur wandern ließ. Sie war gefüllt mit einigen Auszeichnungen aus Kindertagen. Hauptsächlich für Naturwissenschaftsprojekte und Buchstabierwettbewerbe. Nichts Großartiges also. Seine Miene verzog sich zu einem Grinsen. "Heißt dein Herz ist tabu?" Sofort hatte ich das Bedürfnis seine Freundlichkeit vom Heimweg zu vergessen und ihn schnurstracks aus dem Haus zu befördern. Ich wollte es jedoch bei einer Warnung belassen, bevor ich es mir mit den Lehrern verscherzte. "Noch so ein Spruch und du kannst dir einen anderen Dummen für die Nachhilfe suchen." Ich bemühte mich nicht im geringsten meinen Missmut zu verstecken. Ich hasste dieses Süßholzgerasple. Es wirkte bei mir nicht. Im Gegenteil. Es machte mich wütend. Bedauerlicherweise war das bei diesem Playboy noch immer nicht angekommen. "Schon gut.", lächelte er amüsiert und sah sich daraufhin weiter um während er mir langsam ins Wohnzimmer folgte. „Deine Großeltern scheinen wirklich gutherzige Menschen zu sein." Verwirrt über diese Bemerkung sah ich zu ihm zurück. Oikawa hingegen stand mit einem erstaunlich weichem Lächeln vor einem Foto direkt neben der Treppe zum Obergeschoss. Sein Gesichtsausdruck war schwer zu beschreiben, jedoch schien es das erste Mal zu sein, dass er kein aufgesetztes Lächeln zu verwenden schien. Zumindest in meiner Gegenwart. „Und wenn schon. Dafür bist du nicht hier", seufzte ich leise und deutete ihm, ins Wohnzimmer zu treten. „Setz dich, ich hole nur was zu trinken. Tee, Kaffe oder was kaltes?" „Tee bitte", kam die Antwort wie aus der Pistole geschossen als er sich am Wohnzimmertisch niederließ. Unbeirrt ließ ich ihn dort zurück und eilte in die Küche um dort Tee aufzubrühen. Ich hatte nicht nach der Sorte gefragt, also würde ich einfach servieren was ich trank. Der anerzogene Gastfreundschaft würde damit wohl ausreichend erfüllt sein. Unbewusst wanderten meine Gedanken zurück zu diesem irritierenden Moment, welcher sich eben abgespielt hatte. Sein Lächeln. Es wirkte fast schon etwas traurig, als er auf das Familienfoto von meiner Einschulung starrte. Auch sein Blick auf der Straße übermittelte diese wenn ich genauer darüber nachdachte. Kam es mir nur so vor oder hatte dieser Playboy doch ein oder zwei ernsthafte Seiten an sich?
Es war das Klicken des Wasserkochers welches mich aus den Gedanken riss und wieder zurück in den Moment holte. Unbeirrt goss ich das Wasser in die Tassen und kehrte zurück zu meinen ungewollten Besucher. „Earl Grey mit Bergamotte versetzt. Was anderes kann ich ohnehin nicht anbieten.", sagte ich nur als ich die Tassen auf den Tisch stellte und meine Tasche auszupacken begann. Der Volleyballer tat es mir gleich und schmollte gespielt vor sich hin. „Ich hatte gehofft dein Zimmer zu sehen." „Nur über meine Eiskalte Leiche." Es brauchte einige kleine Momente bevor er diesbezüglich nachgab und sich der Nachhilfe widmete. Entgegen meiner Erwartungen war Der Braunschopf daraufhin jedoch wie ausgewechselt. Er konzentrierte sich ernsthaft mit einer nahezu ungeahnten Inbrunst auf den Lernstoff den ich ihm Stück für Stück erklärte. Oikawa war offensichtlich kein Schwachkopf. Im Gegenteil. Er stellte Fragen, folgerte die nächsten Schlüsse bereits fast von allein und verinnerlichte die Berechnungen in Windeseile. Nach einer geschlagenen Stunde schien sich die Fragerei dann seinem Ende zu neigen. „Da ist wer ein geheimes Genie oder hätte meine Hilfe von vornherein nicht gebraucht.", grummelte ich nur leise bevor ich abschließend meine Unterlagen zusammenräumte und den letzten Schluck aus meiner Tasse nahm. Oikawa hingegen lächelte nur verlegen und begann sich im Nacken etwas zu kratzen. „Weder noch. Ich leuchte nur etwas heller auf der Torte als andere." Seine Verlegenheit wandelte sich in ein verschmitztes  Grinsen. „Sei ehrlich, das macht mich unwiederstehlich." Natürlich konnte ich mir ein Augenrollen nicht verkneifen. „Fahr zur Hölle." Ich hasste es wie überzeugt dieser Typ von sich selbst war. Ich mochte solche Menschen nicht. Absolut nicht. Es war als würden sie nur auf sich selbst zentriert durch die Welt stolzieren ohne sich einen Dreck um andere zu scheren. Und doch war da dieser Moment vom Heimweg. Oikawa hätte nicht auf mich achten, noch mich zurückziehen müssen. So schwer es auch war, aber offensichtlich schien dieser Playboy auch eine umgängliche Ader zu haben. Irgendwo. Ganz tief versteckt. Und ich hatte nicht vor danach zu suchen. Ruhig nahm ich meine Unterlagen und tapste mit ihnen auf den Flur um in mein Zimmer zugelangen. Wie der Setter mir dabei folgte, fiel mir bedauerlicherweise erst auf als er hinter mir in der Tür stand. „Du bist ein Nerd!", rief er erstaunt aus als sein Blick von der Gaming Ausstattung zu den verschiedenen Konsolen, zum Regal mit den Büchern und Spielen aus dem Westen und schlussendlich den Zeichnungen von verschiedenen Guild Wars Specs wanderte. Ungefragt trat er näher in das Zimmer herein und zu dem Regal. „Wahnsinn. Hast du die alle durch gespielt?", fragte er mit kindlicher Neugier und deutete auf die Teile der Final Fantasy Reihe. Ich liebte diese Spielreihe, weshalb ich trotz Konsolenwechsel jedes Spiel aufbewahrte. Ebenso verlief es mit den Teilen der Assassins Creed Teile. „Und wenn schon. Raus aus meinem Zimmer.", fauchte ich über diesen ungebetenen Zug in meine Privatsphäre. Ich war froh darüber dass kaum einer in der Schule mein Privatleben kannte und das sollte sich nicht so bald ändern. Oikawa hingegen schien keine Anstalten zu machen den Rückzug anzutreten. „Was? Warum denn? Das ist der Wahnsinn! Hier stehen spiele von denen ich nur gelesen hab und die hier nichtmal erhältlich sind.", lachte der Setter. „Zumal ich mir nicht entgehen lassen kann deine Schwäche zu finden." Er war mir ein verspieltes Grinsen zu bevor er sich weiter im Zimmer umsah. Ich kochte innerlich vor Wut, während ich ihn nicht aus den Augen ließ. Der Junge ließ sich davon allerdings nicht beirren.

Ich konnte ihre durchbohrenden Blicke in meinen Augen spüren, doch ignorierte sie gekonnt. Ich war interessiert an diesem Mädchen. Sie war anders als die, die mich täglich umkreisten und mir ihre Verehrung aussprachen. Im Gegensatz zu Ihnen nahm sie kein Blatt vor den Mund, behielt ihre Contenance und war durchweg die Selbst. Es interessierte mich wie sie zu so jemandem wurde. Wie sie aufwuchs und vor allem was sie sonst noch tat als lesen und Leuten wie mir aus dem Weg zu gehen. Neugierig glitt mein Blick über die Gegenstände in ihren Schränken. Hängen blieb ich an einem kleinen, fast schon kitschigem Armband aus Himmelblauen Buchstabenperlen darauf. ‚Yohmei' war darauf zu lesen. Fast schon reflexartig ließ ich meine Hand zu diesem Armband wandern. Es war viel zu klein für eine Drittklässlerin der Oberstufe, es musste also älter sein. Ich begutachtete das Schmuckstück gerade näher als Yukiko neben mir auftauchte und es mir wegnahm. „Nimm deine Schmuddelfinger von meinen Sachen und geh.", fauchte sie nur wütend und sah mich ebenso wütend an. Sie wirkte plötzlich wie ausgewechselt, als hätte ich eine Grenze überschritten von der ich nichts wusste. Natürlich war sie dagegen gewesen dass ich in ihrem Zimmer war, aber so aufgebracht war sie nicht gewesen als ich sie nach den Spielen fragte. Ungläubig sah ich sie an und versuchte herauszufinden was es mit ihrer Wut auf sich hatte, nur um erneut ein wütendes Fauchen zu ernten. „Ich sagte du sollst gehen!" Unsicher wich ich einen Schritt zurück. Ich konnte sehen wie sich ihre Wut mit einem Funken Trauer und Unsicherheit mischte. Vorsichtig sah ich ihr in die Augen und hatte durchaus meine Schwierigkeiten zu entscheiden, was ich nun tun sollte. Schlussendlich jedoch gab ich nach. „Entschuldige. Ich wollte dich nicht verletzen.",  sagte ich ruhig und legte meine Hand vorsichtig auf ihren Kopf. Ich bemühte mich ein ruhiges Lächeln aufzulegen. Das letzte was ich jetzt tun wollte, ist sie zu provozieren. Auch Yukiko schien sich meiner Absicht diesbezüglich bewusst zu sein und sah mich ungläubig an. „Ich hole nur noch meine Tasche, du musst mich nicht raus bringen." Gesagt, getan. Langsam zog ich meine Hand zurück und eilte sicheren Schrittes aus ihrem Zimmer. Bemüht, nicht zu viel Zeit zu benötigen, stopfte ich meine Unterlagen in die Tasche und war in Windeseile wieder im Flur. Als ich an ihrem Zimmer vorbeiging sah ich wie das braunhaarige Mädchen sich auf den Boden fallen ließ und ihre Brille abnahm. Das Armband hielt sie nach wie vor in der Hand. Ich widerstand dem Drang zu ihr zurückzukehren. Letztlich hatte Yukiko klar vermittelt, dass ich in diesem Moment unerwünscht war. Als ich den Flur zur Eingangstür weiter passierte fiel mein Blick auf eines der Bilder an der Wand. Das kleine Mädchen war ganz klar erkennbar. Die zwei Älteren schienen ihre Eltern zu sein. Neben Yukiko war jedoch ein unbekanntes Gesicht abgelichtet, welches ihr sehr ähnlich sah. Ein Junge der vermutlich nur ein oder zwei Jahre älter sein konnte als sie selbst. Das hellblaue Armband um sein Handgelenk sprang mir förmlich entgegen. Unsicher, ob meine Entscheidung die richtige War, sah ich nochmals zurück zur Zimmertür des Mädchens. Mir war unwohl bei dem Gedanken sie allein zu lassen. Zudem war ich durchaus neugierig was es mit dieser Sache auf dich hatte. Bevor ich mich allerdings unentschieden konnte schlüpfte ich in meine Schuhe und zog die Haustür hinter mir ins Schloss. Zögerlich sah ich auf die Ihr meines Handys und stellte fest dass das Training des Clubs bereits vorbei sein musste. Gerade als ich Yukikos Grundstück verlassen hatte wählte ich Iwaizumis Nummer und spürte die Erleichterung in meinen Muskeln als seine grummelnde Stimme durch den Hörer drang. „Du Iwa-Chan?", fragte ich unsicher was ich nun tun sollte. „Hm?" „Ich glaube ich brauche deine Hilfe. Ich habe vermutlich Mist gebaut." Auf dem Heimweg nahm ich die Situation auseinander und versuchte Yukikos Reaktion nachzuvollziehen. Natürlich kamen wir zudem Schluss, dass wir ohne eine Erklärung Ihrerseits nicht weiter kommen würden. Wir waren uns aber auch einig, dass ich diese nicht so schnell bekommen dürfte.

The Playboys Weakness (Oikawa X OC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt