Inspiriert wurde dieses erste Kapitel durch das Lied "Running with the Wolves" von Aurora (Wolfwalkers Version):
https://www.youtube.com/watch?v=VSa8BymA17U&list=FLxP9P4TWViOxZTgjly81hoA
Einige Jahrhunderte zuvor
Der Geruch von Angst wird stärker. Meine Nase hebt sich ohne mein Zutun höher in die Luft. Ein leises Grollen in meiner Kehle. Und dann renne ich los. Ich liebe es in meinem Wolfskörper zu rennen. Es ist die pure Freiheit. Ich bin stark, ich bin wachsam. Ich spüre das Trommeln meiner Pfoten auf dem Waldboden, höre und rieche und sehe alles. Ich bin alles. Über mir spannt sich der schwarze, silbern gesprenkelte Nachthimmel. In ihm schwebt der Mond der Jagenden. Unter mir schnappen kleine Äste entzwei und ich spüre, wie ich Blätter von den Büschen reiße, an denen ich vorbei rase. Der Mader ist direkt vor mir. Er hat noch nicht verstanden, wie nah ich ihm bin, sonst wäre er längst auf einen Baum geklettert. Nicht, dass es bei mir helfen würde, ich bin schließlich kein normaler Wolf. Ich spanne meine Muskeln an und springe. Der Mader hat keine Chance. Satt und zufrieden rolle ich mich einige Minuten später unter einem Busch zusammen. An dieses Wolfsleben könnte ich mich wirklich gewöhnen. Schade, dass morgen schon wieder meine Pflichten auf mich warten. Langsam lecke ich mein Fell sauber, dann lege ich meinen Kopf auf die Pfoten und schließe die Augen. Immerhin werde ich morgen gut erholt sein.
„Psst", flüstert eine Stimme neben mir. Sie mischt sich in meine Träume von tausend anderen Stimmen und bricht deren Stille. Mit einem Schlag stehe ich auf allen Vieren und suche die Umgebung ab.
Ein raues Lachen ertönt.
„Deine Reflexe täuschen nicht darüber hinweg, was du eigentlich bist."
Trotz meiner exzellenten Nachtsicht kann ich keinen Körper zur Stimme ausmachen. Ich versuche ihn stattdessen über meinen Geruchssinn wahrzunehmen, aber alles was ich rieche ist... Wasser. Wasser? Hier ist weit und breit kein Fluss. Moment, es riecht nach Salzwasser. Ein Meergeist.
„Schon erraten?", fragt die Stimme und mein rechtes Ohr zuckt.
„Was verschafft mir die Ehre eines Meergeistes so weit entfernt vom Ozean?", frage ich. Diesmal ist das Lachen lauter, schallend.
„Nah dran."
Ein Geräusch, das wie das Brechen von Wellen auf Stein, ertönt. Neben mir taucht eine Vogelgestalt mit Fischkopf auf.
Nun verstehe ich ihr Lachen. Vor mir steht die Halbgöttin Albar.
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Geria
FantasyDie Halbgöttin Geria wird in politische Machenschaften verstrickt. Eine ihrer Bündnispartner*innen ist die Sphinx Labu-A; rätselhaft, humorvoll und viel zu faszinierend. Während Geria sich bemüht, sich nicht ablenken zu lassen und nicht über die Fal...