Kapitel 3

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14.03.2024, Donnerstag
Phil

Als letztes stelle ich die zwei Tassen Kaffee auf den Tisch. Perfekt. Ich bin schon um 7 Uhr aufgestanden, da ich heute arbeiten muss. Alex ist die nächste Zeit zwar krankgeschrieben, aber er hat mir gestern Abend versprochen, dass wir trotzdem zusammen frühstücken.
Ich warte eine Weile, doch als mein Blick auf die Uhr fällt schrecke ich auf. Es ist bereits kurz nach acht. Meine Schicht fängt um 08:30 Uhr an. Na toll. Der Kaffee ist mittlerweile kalt und da ich kalten Kaffee hasse kippe ich ihn weg. Was eine Verschwendung. Die Lust aufs Essen ist mir auch vergangen. Und selbst wenn nicht, ich habe sowieso keine Zeit mehr.

Als ich grade meine Schuhe anziehe, höre ich ein rumpeln. Das kam eindeutig aus meinem Schlafzimmer. Anscheinend ist der Herr Hetkamp auch Mal wach. Ich binde den letzten Schnürsenkel zu und stehe auf. Wo ist jetzt schon wieder meine Jacke?
Die Schlafzimmertür öffnet sich und ein viel zu blasser Alex tritt heraus.
„Morgen", sage ich knapp. Wo ist nur diese bescheuerte Jacke? Dann fällt es mir wieder ein. Gestern Abend habe ich sie ins Schlafzimmer gelegt, da sie im Flur im Weg lag.
Ich gehe an Alex vorbei, in das noch dunkle Zimmer. Die Vorhänge schwingen mit einem leisen klappern auf. Von meinem Freund kommt daraufhin nur ein unverständliches murmeln. Ich drehe mich um und suche meine Jacke.
„Alles gut bei dir?", frage ich Alex, als ich die Jacke gefunden habe und zurück in den Flur gehe.
„Ja, nur müde."
„Klar wie immer."
„Hä?" Ach Scheiße, hab ich eben laut gedacht?
Äh Nichts, Frühstück steht in der Küche. Nur den Kaffee musst du noch mal neu machen, der ist jetzt bestimmt kalt." Ich versuche zu lachen, aber Alex schaut mich ernst an.
„Phil, was meinst du mit, wie immer?" Toll Phil, super gemacht. Versuch das jetzt mal zu erklären.
„Vergiss das einfach, ich wollte es nicht laut sagen." Ich hebe meine Hand und lächle.
„Hast du aber. Also sag was du damit meinst."
Kann er es nicht einfach lassen? Ein kurzer Blick auf die Uhr im Flur verrät mir, dass meine Schicht in zehn Minuten beginnt.
„Alex, ich muss echt los." Schnell ziehe ich meine Jacke über und schnappe mir meine Tasche. „Nein" Plötzlich stellt er sich in meinen Weg.
Die Hand ist wieder da, packt mich am Handgelenk und schreit mich an.
„Geh mir aus dem Weg!" Alex Gesicht verändert sich. Er guckt nicht mehr böse, nein, er schaut mich fast erschrocken an. Erst jetzt merke ich, dass meine Hände zittern. Ich kann meine Tasche kaum festhalten.
„Phil? Was ist los?" Er kommt auf mich zu. Instinktiv gehe ich rückwärts, woraufhin er abrupt stehen bleibt.
„Sollte ich nicht eher dich fragen was los ist?" Ein bisschen überrascht es mich, dass ich diese Frage wirklich gestellt habe. „Wie meinst du das?" Ist das sein Ernst? Ich versuche ruhig zu bleiben, so wie Alex es immer macht, aber ich kann nicht. Es gibt so viel was ich sagen will, so viel was ich wissen will.
„Ok, ich wollte es dir eigentlich nicht sagen, aber ich muss es jetzt machen. Was verdammt ist mit dir los? Du bist seit Tagen total komisch. Müde, abwesend, schlecht gelaunt und immer wenn ich frage ob alles okay ist, sagst du ja. Aber ich glaub dir das nicht mehr. Rede doch einfach mit mir, sag mir was los ist!" Mit jedem Wort wird meine Stimme lauter, mein Frust größer und meine Sorge höher.
Er starrt mich einfach nur an.
Ich blicke in seine Augen, die im Licht eine bernsteinartige Farbe annehmen.
„Ich soll mit dir reden?" Alex Stimme ist ruhig, aber einen bösen Unterton hat das Ganze trotzdem. „Phil, du redest doch auch nicht mit mir." Uf. „Ich rede nicht mit dir?" Ohne Absicht werde ich lauter. „Im Ernst? Alex, ich hab dir alles über damals erzählt. Über all die Scheiße , die passiert ist. Über alles was er getan hat und jetzt sagst du ich rede nicht mit dir?" Mit aller Kraft versuche ich, die aufkommenden Tränen zu unterdrücken.
„Ja du hast mir alles erzählt und das ist gut. Aber du sagst mir nie, wenn ich etwas falsch mache. So wie eben. Meinst du ich hab nicht gemerkt wie viel Angst du vor mir hattest?" Angst vor ihm? „Ich hab keine Angst vor dir.", halte ich kaum hörbar dagegen. „Das weiß ich, aber ich hab dich an ihn erinnert, oder?" Ich beiße mir auf die Unterlippe, schaue zu Boden und versuche die Tränen zurückzuhalten.
„Also ja, ich hab dich an ihn erinnert. Phil, das kannst du, nein das musst du mir sagen. Ich weiß auch nicht alles, ich weiß nicht wie er-„
„Hör auf!" Ich bin selbst schockiert. Seit wann werde ich so laut? Alex ist nicht das Problem. Dass Problem ist, dass ich nicht über diesen Abschnitt meines Lebens reden will, ich will nichtmal über ihn nachdenken.
„Ich muss jetzt los." Ohne eine Reaktion abzuwarten, will ich an Alex vorbei. „Warte" Er will mich festhalten, aber ich schüttel mich. „Lass es.", fauche ich ihn an. Dann öffne ich die Tür und trete ins Freie. Sofort gehe ich los. Hinter mir höre ich die Tür, mit einem lauten Knall ins Schloss fallen.
Dann gehe ich nur noch. Vorbei an meinem Auto, raus aus meiner Straße. Einfach Richtung Rettungswache. Ich werde zu spät zu meiner Schicht kommen, aber das ist mir grade egal. Und jetzt wo ich allein bin, lasse ich meinen Tränen freien Lauf.

Streit zwischen Liebe und Tod Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt