Kapitel 2

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13.03.2024, Mittwoch
Alex

Endlich habe ich meinen freien Tag. In den letzten Tagen bin ich total ausgelaugt. Könnte daran liegen, dass ich viel gearbeitet habe. Ja, das wird es bestimmt sein. Was mache ich jetzt? Phil ist arbeiten, also brauch ich eine Aktivität die ich allein machen kann. Ist vielleicht auch gar nicht so schlecht, denn seit ich mit Phil zusammen bin, hängen wir viel aufeinander. Es liegt auch an mir, ich verbringe die meiste Zeit in seiner Wohnung. Denn in meine WG, in der ich mit zwei Freunden aus Unizeiten lebe, kann ich ihn schlecht einladen. Meine Mitbewohner sind sehr neugierig was Besucher angeht und außerdem haben wir in Phils Wohnung, die ohnehin größer ist als die WG, mehr Privatsphäre.
Ich gehe im Kopf Dinge durch, die ich gerne mache.
Klar, warum fällt mir das erst jetzt ein? Joggen, eine Sache die in den vergangenen Monaten definitiv zu kurz gekommen ist. Dabei gehe ich gerne joggen. Es entspannt und man kann einfach alles ausblenden. Sich einfach nur auf den eigenen Körper konzentrieren.
Entschlossen stehe ich vom Sofa auf und gehe in mein Schlafzimmer. Dort ziehe ich mich um. Denn in Sportklamotten ist man viel motivierter. Nach kurzem kramen finde ich auch meine dunklen Laufschuhe, die mir Phil Ende letzten Jahres geschenkt hat. Und das nur, weil ich einmal erwähnt habe, dass ich neue Laufschuhe brauche. Er hört mir einfach zu, einer der vielen Gründe weshalb ich ihn liebe.

10:23 Uhr

Bis zum See bin ich noch gegangen, um mich ein wenig aufzuwärmen. Heute sind nicht viele Menschen unterwegs, immerhin ist ein normaler Arbeitstag. Auch so sind hier nie viele Menschen unterwegs, da der See nicht ganz so schön ist wie die Anderen, aber zum joggen reicht es.
Nach kurzem dehnen laufe ich los. Erstmal langsam, damit ich wieder in den Rhythmus komme. Während ich laufe höre ich das zwitschern der Vögel über mir, in den Bäumen. Ab und zu platscht das Wasser, oder kleine Wellen verschwinden nachdem sie auf die Steine am Seeufer getroffen sind.
Und ich höre mein Atmen. Am Anfang ist es noch normal, ein und aus, normales Tempo. Doch schon nach einer geringen Strecke wird es schneller. Ein, aus, ein, aus, ein, aus...kein normales Tempo. Was? Ich werde langsamer. Schon jetzt habe ich das Gefühl schlechter Luft zu bekommen. Aber ich bin doch erst ein oder zwei Minuten gelaufen. Sonst musste ich zwanzig Minuten laufen, um so aus der Puste zu sein. Bin ich unsportlicher geworden? Hätte ich mehr joggen müssen? Kann man Ausdauer verlernen?
Zwar nicht schnell, aber ich laufe immer noch. Doch langsam fühlt es sich an, als würde jemand meine Kehle abdrücken. Eine unsichtbare Hand die versucht mich zu erwürgen. Ein enges Gefühl breitet sich in meinem Brustkorb aus.
Was zum Teufel ist los?
Plötzlich verschwimmt der Sandweg vor meinen Augen. Es ist als wäre ich auf einer Achterbahn. Alles scheint sich zu drehen. Ich will anhalten, aber bevor ich dazu komme fährt ein stechender Schmerz durch meinen Fuß.
Ein unsanfter Aufprall. Unter meinen Armen spüre ich kleine Sandkörner. Sie sind nur durch meine Jacke von meiner Haut getrennt.
Ich brauche ein paar Sekunden, um die Situation zu verstehen.
Als alles klarer wird, erkenne ich, dass ich auf dem Boden liege. Ich richte mich auf, will aufstehen, aber ein ziehen im Fuß hält mich ab. Fluchend lasse ich mich zurück auf den Boden sinken. Das hat mir jetzt noch gefehlt. Das einzig Gute ist, dass die unsichtbare Hand verschwunden ist. Deshalb nehme ich einen tiefen Atemzug. Die Luft richt nach Seealgen und Frühblühern, keine gute Kombination.
Was mach ich jetzt?
Phil anrufen? Nein, erstens ist er sowieso arbeiten und zweitens macht er sich direkt viel zu viele, meist auch unbegründete, Sorgen. Was ich ihm durch seien Vergangenheit, allerdings auch nicht übel nehmen kann. Ich könnte einen meiner Mitbewohner anrufen. Obwohl, doch nicht. Maik ist bei seinen Eltern in Sachsen und Luke hat sich nach seiner Sauftour gestern nicht mehr gemeldet. Vermutlich liegt er Mal wieder bei irgendeiner wildfremden Frau im Bett.
...
Franco! Der hat mir gestern erzählt, dass er auch frei hat. Ich ziehe mein Handy aus meiner Jackentasche und suche seine Nummer. Nachdem ich sie gefunden habe betätige ich das Telefonsymbol.
„Hey Phil, was gibts?"
„Hey, hast du grad Zeit?" Ich glaube er kann an meiner Stimme erkennen, dass etwas nicht stimmt.
„Ja, ist was passiert?"
„Ich bin beim joggen umgeknickt.-„ Die Atemnot lasse ich bewusst weg, ich halte sie nämlich für unrelevant.
„Wo bist du?"
„Du kennst doch den See in der Nähe meiner Wohnung, der etwas abgelegen ist. Ich bin irgendwo auf der Strecke, die um den See führt."
Schnell schaue ich die Umgebung an, um einen Anhaltspunkt zu finden.
„Am Besten schickst du mir einfach deinen Standort." Stimmt, auf die Idee hätte ich auch kommen können.
„Klar, warte kurz." Per WhatsApp teile ich meinen Live-Standort mit ihm.
Kurz raschelt es im Hörer. „Ok, ich komme. Bis gleich."

Streit zwischen Liebe und Tod Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt