In den nächsten Tagen musste ich mich kein einziges Mal mit Miriam um das Badezimmer streiten. Meistens tauchte sie erst eine ganze Weile nach mir auf, was zum einen daran lag, dass ich inzwischen früher aufstand und am anderen daran, dass sie nicht immer die erste Vorlesung des Tages besuchen musste. Streit gab es allerdings trotzdem. Sei es wegen etwas Banalem wie der fast leeren Cornflakes Packung in der Küche oder weil ich meine Schuhe nicht in ihr dämliches Regal einräumte. Abgesehen von ihr stellten wir alle unsere Schuhe auf den Boden, direkt unter die Garderobe. Immerhin hatte ich im Training meine Ruhe von ihr. Mit der Zeit kam ich immer besser mit meinen Teamkollegen und dem Team, welches darum arbeitete klar. Und zu spät war ich auch nicht mehr gewesen. Am Anfang war es mir wirklich schwer gefallen, mich sowohl in der WG wie auch im Training einzuleben, allerdings hatte sich das inzwischen reguliert. Das Einzige, dass sich wohl nie bessern würde, war mein Verhältnis zu Miriam. Die Dunkelhaarige suchte alle möglichen Gründe, um mir eins auszuwischen, sogar Frederike und Luke hatten mittlerweile mitbekommen, dass wir uns so schnell nicht anfreunden würde. Aber wie konnte ein Mensch auch so sehr von sich und seiner Meinung überzeugt sein? Und wenn wir doch mal einer Meinung waren, dann fand sie einen Grund, weshalb sie doch nicht damit übereinstimmte. Es war zum Mäuse melken. Auf der anderen Seite machte es mir riesen Spaß sie aufzuziehen, vor allem, wenn ihre Augen wütend aufblitzten und sie mir den nächsten fiesen Konter gegen den Kopf warf. Darauf hatte ich allerdings immer die passende Antwort. Gerade saß ich mit Luke auf dem Sofa und beobachtete, wie zweiundzwanzig Spieler über das Feld rannten – genau genommen waren es nur zwanzig, die sich tatsächlich viel bewegten. Eigentlich war ich überhaupt kein Fußball-Fan, allerdings lief sowieso nichts Besseres im Fernseher, weshalb ich mich wohl damit zufriedengeben musste. Dieses Mal hatte ich Lukes Angebot dankend abgelehnt. Unter der Woche würde ich keinen Alkohol trinken. Im Hintergrund hörte ich wie sich eine Tür öffnete und es dauerte nicht lange, bis Miriam mit einem gefüllten Wäschekorb an uns vorbeilief. Die Haare hatte sie unordentlich zusammengebunden. Ihre Jogginghose hing ihr tief über der Hüfte und sie trug ein graues, weites T-Shirt, welches so aussah, als könnte sie es gleich mit in die Waschmaschine räumen. Mein Blick glitt zu ihren Augen, suchten nach dem Funkeln, welches sie immer erfüllte, wenn sie lachte. Was in meiner Gegenwart nicht so häufig der Fall war. Es war ein seltsamer Anblick, sie ohne Make-up zu sehen, sie war dadurch zwar nicht weniger hübsch, allerdings war es ungewohnt, dass ihre Wimpern nicht in einem tiefen Schwarz erstrahlten, sondern viel eher in einem dunklen Braun. Als sie meinen Blick bemerkte, der ihre Schritte verfolgte, warf sie mir einen kühlen Blick zu und beschleunigte ihre Schritte. Ich hatte sie doch nicht gerade angestarrt? Mit zusammengezogenen Augenbrauen betrachtete Luke die Szene, die sich zwischen uns abspielte.
„Was geht da eigentlich zwischen euch?", seine Frage klang beiläufig, nachdem wir die Haustüre ins Schloss fallen hörten. Ich hob eine Augenbraue.
„Zwischen uns? Gar nichts", sofort hob ich abwehrend die Hände. Es wunderte mich, dass er mich ausgerechnet auf Miriam ansprach, die man wohl am ehesten mit einem Kaktus vergleichen konnte. Klein, spitze Stacheln und es brauchte nicht viel um ihr Fass zum Überlaufen zu bringen. Ich schüttelte den Kopf als ich mir meine Mitbewohnerin tatsächlich als Kaktus vorstellte.
„Aber du wünscht es dir oder?", hakte er nach und klang nun nicht mehr so beiläufig.
„Wie kommst du denn darauf?", verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen und rümpfte die Nase. Nie im Leben würde ich es mit einer Frau wie Miriam länger als fünf Minuten aushalten.
„Ich sehe doch, wie du sie ansiehst", er schnalzte mit der Zunge und verdrehte dabei die Augen.
„Und wie sehe ich sie an?", erkundigte ich mich.
„Ich kann es nicht beschreiben, aber so wie du sie ansiehst, siehst du niemanden sonst an", erklärte er mir. Noch immer hatte ich nicht ganz verstanden, worauf dieses Gespräch hinauslief.
„Pah, das bildest du dir alles nur ein. Bevor ich irgendwas für die übrighabe, würde ich lieber für immer allein bleiben. Selbst wenn sie die letzte Frau auf diesem Planeten wäre, würde da nichts laufen", angewidert verzog ich das Gesicht. Natürlich konnte ich nicht abstreiten, dass sie hübsch war, aber andere Frauen waren eben auch hübsch. Das war doch nicht ausschlaggebend dafür, Interesse an jemandem zu haben. Und ich wusste, dass es Frauen gab, die für mich Schlange stehen würden. Aber die Stacheln dieser Frau waren selbst für mich eine Nummer zu spitz. Sofort tauchte vor meinem inneren Auge das Bild von Miriam als Kaktus auf. Mit aller Kraft versuchte ich es wieder zu verdrängen.
„Hm. Wenn du meinst", er schien mir kein Wort zu glauben. Dann widmete er sich erneut dem Fußballspiel, welches gerade im Fernseher lief. Der Kommentator erzählte gerade irgendetwas über einen Spieler, der offenbar auf dem Platz stand, jedoch hatte ich nicht die leistete Ahnung, von wem er eigentlich sprach.
„Wieso fragst du?", sprach ich dann den Gedanken aus, der mich nicht mehr losließ. Ruckartig drehte er seinen Kopf zu mir.
„Nur aus Interesse", behauptete er kleinlauf. Ich glaubte ihm kein Wort. So etwas fragte man nicht nur aus Interesse. Er musste sich schon etwas dabei gedacht haben, wieso er mich unbedingt auf dieses Thema ansprechen wollte.
„Du willst etwas von ihr, oder?", schlussfolgerte ich daher und spürte sogleich ein drückendes Gefühl in der Brust. Sie wollte doch hoffentlich nichts von ihm. Hastig verdrängte ich diesen Gedanken. Ich hatte kein Recht dazu.
„Selbst wenn, sie hat kein Interesse an mir", er zuckt ein wenig enttäuscht mit den Schultern. Etwas in mir brachte mich dazu, dass ich für einen Moment triumphierend grinste. Als Luke mich allerdings ansah, war das Grinsen sofort aus meinem Gesicht gewichen.
„Ach quatsch, du bist doch ein super Typ und wenn sie das nicht sieht, ist sie einfach nicht die richtige", munterte ich Luke auf. In den letzten Wochen waren wirklich gute Freunde geworden. Und als Freund sollte man seine Unterstützung zeigen. Auch wenn mir der Gedanke nicht gefiel, dass er der Mann an Miriams Seite sein könnte.
Vielleicht hinkt Juris Vergleich mit einem Kaktus ein bisschen ;)
Tut mir übrigens leid, dass die Updates so unregelmäßig kommen, aber irgendwie schaff ichs nicht, wenn ich mir eine Deadline setzen, dass das Kapitel bis dahin dann auch lesenswert ist.
Lasst gerne einen Kommentar & ein Sternchen da, darüber freue ich mich sehr :)
Wir lesen uns
Lene <3
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If hearts could tell | J. Knorr
Fanfiction[„Und warum ausgerechnet sollte ich dann deine Gesellschaft ertragen müssen?", ich rollte mit den Augen. „So schlimm kann ich gar nicht sein. Dafür hast du mir heute Abend zu wenige Beleidigungen gegen den Kopf geworfen!", wendete er ein. Und ich k...