4 - Straßenkinder

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꧁✧⭑✩⭑⚔︎⭑☾ Straßenkinder ☽⭑⚔︎⭑✩⭑✧꧂


Levi ging die schmale Gasse entlang, in der Hoffnung, dass er an einem anderen Platz eher erkennen konnte, wo ungefähr er sich auf der Insel befand. Obwohl es noch angenehm warm war, fühlten sich die Pflastersteine, die über die Jahrhunderte von unzähligen Schritten glatt poliert worden waren, unter seinen nackten Füßen kalt an. Das nächste Mal sollte er Schuhe anziehen, wenn er seinen Kleiderschrank betrat. Der Kater lief brav neben Levi her und wich ihm nicht von der Seite. Sie kamen vorbei an Mauern und Gartentoren, die dem glichen, aus dem sie gekommen waren, bis sich vor ihnen ein runder Platz eröffnete. 

In der Mitte reckte sich eine große knorrige Eiche in die Höhe. Von den Wurzeln des Baumriesens nach oben gedrückt, wälzte sich das Pflaster uneben über den Platz. Die Sonne stand inzwischen so tief, dass die langen Schatten des Baumes fast den ganzen Platz bedeckten. Rund um den Platz befanden sich Häuser im typischen vaporianischen Stil und davor verschiedene kleine Marktstände. Die Händlerinnen und Händler waren soeben dabei, ihre Waren abzuräumen. Einige der Menschen standen noch beisammen, hielten Schwätzchen miteinander und genossen die letzten warmen Sonnenstrahlen. 

Ein großer, rundlicher Mann mit dunklem Haar musterte Levi misstrauisch, während er eine große Kiste mit Orangen von seinem Markttisch hievte. Zwei Frauen, die ähnlich gekleidet waren wie die Frau aus dem Garten, hatten ihn ebenfalls entdeckt und tuschelten hinter vorgehaltener Hand, während sie ihn auffällig beäugten. Obwohl er nun passendere Kleidung trug, fiel er immer noch deutlich aus dem Raster der Bürger Vaporias. Schließlich war er barfuß, seine rosa Haare leuchteten regelrecht im Schein der tiefstehenden Sonne und zusätzlich war da noch der graue Kater, der, während er dort unsicher am Rand des Platzes stand, immer wieder mauzend um seine Beine streifte.

„Sei mal still, ich kann so nicht nachdenken", flüsterte er leise. Dann entdeckte er einen kleinen Jungen, höchstens fünf Jahre alt, und mit zerfetzter Kleidung, der sich vor den Orangenverkäufer stellte. Seine großen dunklen Augen glänzten traurig. Er hielt die Hand auf und bat den Mann um eine Orange. Doch dieser lief sofort puterrot an und erinnerte Levi ein wenig an seinen eigenen Boss, als er den Jungen schimpfend verscheuchte. „Verschwinde wieder auf die unteren Ebenen, wo du hingehörst! Verlaustes Dreckspack!"

Der kleine Junge rannte schnell davon. Aus der kleinen schmalen Gasse hinter dem Orangenverkäufer huschte ein Schatten hervor. Ein Mädchen, gehüllt in einen dunklen schmutzigen Umhang, schlich sich neben den Verkäufer, schnappte sich einige der orangen Früchte, ließ sie in ihren Umhang rutschen und war verschwunden, noch bevor der Mann seine Schimpftirade beendet hatte.

Levi grinste breit. „Komm, Kater. Ich weiß, wer uns helfen könnte." Unter den misstrauischen Blicken der Bürger überquerte er flott den Marktplatz, vorbei an dem Orangenhändler, und schlüpfte in die schmale Gasse, in der das Mädchen verschwunden war. Er brauchte nicht lange zu suchen. Die zwei Kinder kauerten gemeinsam auf dem ausgebreiteten Mantel des Mädchens und naschten eine der gestohlenen süßen Früchte. Ihre aschblonden Haare waren zerzaust, ihre Haut und die zerlöcherte Kleidung war schmutzig. Als sie Levi entdeckten, zuckten sie zusammen und räumten hastig ihr wenig Hab und Gut zusammen.

„Wartet, bitte!", rief Levi und verschnellerte seinen Schritt, als die Kinder drauf und dran waren, vor ihm zu flüchten. „Ich bin auch aus den unteren Ebenen", log er. Das Mädchen geriet ins Stocken, drehte sich um und blickte ihn verstohlen an. Seine Kleidung sagte etwas anderes über ihn aus. Sie legte den Arm um den Jungen und zog ihn rasch weiter. Der Kater, der bisher in Levis Geschwindigkeit neben ihm her getrippelt war, setzte zu einem Sprint an und holte die zwei ein, überholte sie sogar. Vor dem kleinen Jungen warf er sich auf den Boden und streckte ihm den flauschigen Bauch entgegen. Die Falle schnappte zu. „Ohhh, eine Katze!", rief der Kleine entzückt und ließ sich trotz Zetern und Zerren des Mädchens nicht davon abhalten, in die Hocke zu gehen und dem Kater das Fell zu kraulen.

Das Herz des Magiers [MxM]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt