9 - Der Ball

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꧁✧⭑✩⭑⚔︎⭑☾ Der Ball ☽⭑⚔︎⭑✩⭑✧꧂

Levi stand vor dem Spiegel in seinem Zimmer, musterte sich von oben bis unten und zog eine Grimasse. Er wusste nicht, was er anziehen sollte. Hemden und Hosen lagen verteilt auf seinem Bett und dem Boden – nichts davon passte zu dem besonderen Ereignis, zu dem er eingeladen worden war. Ein Ball ... Warum musste es unbedingt ein Ball sein? Den Kater schien das alles nicht zu interessieren. Er lag irgendwo versteckt zwischen den Kleidungsstücken und schlief selig.

Levis Blick glitt von seinem Spiegelbild hinüber zur Taschenuhr, die auf dem Schreibtisch lag. Drei Tage war es nun her, seit er in der Werkstatt der Zwillinge gewesen war. Verzweifelt hatte er versucht, den Weg zurück nach Vaporia zu finden, war durch die Bambusstämme geirrt und hatte die Uhr angefleht, ihn zurück zu Andi und Ennio zu bringen. Doch das magische Schmuckstück hatte ihm nicht gehorcht. Er konnte nur hoffen, dass die Zwillinge den Unfall gut überstanden hatten und wohlauf waren.

Er zog sich ein schwarzes Jackett über das weiße Hemd und grummelte genervt: „Zu langweilig".

„Schick", widersprach eine Stimme hinter ihm. Ein Blick in den Spiegel verriet Levi, dass er nicht mehr allein im Zimmer war. Mio saß auf dem Schreibtisch, wie immer tadellos gekleidet in seinem braunen Anzug. Den Zylinder tief in sein Gesicht geschoben, ließ er die Beine baumeln.

„Mit dir kann ich nicht mithalten", schmunzelte Levi und drehte sich zu dem Magier.

Mios hellgraue Augen blitzten vergnügt. „Mir gefällst du, aber du hast recht. Für einen Ball in Vaporia nicht ganz passend. Aber das haben wir gleich." Er hob die Hand, grinste schelmisch und schnippte mit den Fingern.

Levi spürte ein Kribbeln auf seiner Haut, und als er in den Spiegel schaute, traute er seinen Augen kaum. Weg waren das Jackett und die dunkle Hose, stattdessen trug er einen altrosa Anzug, perfekt geschnitten, mit einem eleganten Zylinder auf dem Kopf. Der Stoff schimmerte sanft im Licht, als Levi sich vor dem Spiegel drehte und mit offenem Mund bestaunte. Damit passte er perfekt zur extravaganten High Society Vaporias.

„Ungewohnt ..." Levi blinzelte, während Mio ihn mit einer Mischung aus Stolz und Belustigung betrachtete. „Ich sehe aus wie ein ..."

„Perfekter Gentleman", beendete Mio den Satz für ihn.

„Ich dachte eher an einen Flamingo", antwortete er, was Mio zum Lachen brachte. Doch Levi dachte sofort an Ennio, wie er ihn widerwillig musterte und als das rosa Federvieh bezeichnete. Schlagartig kam die Erinnerung an den Vorfall zurück.

„Mio, vor drei Tagen gab es einen Unfall bei euch in den Maschinenräumen. Weißt du, wie es der Arbeiterin und dem Arbeiter geht?", sprudelte es aus Levi hervor.

Mios schiefes Grinsen verschwand. Verwundert beäugte er den plötzlich aufgebrachten Levi. „Einer der Dampfkessel ist explodiert. So viel ich mitbekommen habe, haben sich die zuständigen Mechaniker nicht unmittelbar um ein defektes Teil gekümmert. Durch die Verzögerung kam es zu der Explosion. Ein riesiger Sachschaden ist entstanden. Aber sag mal, woher weißt du überhaupt davon?" Der Magier zog eine Augenbraue nach oben.

Levi entwich jegliches Blut aus dem Gesicht. „Ich war dabei und ich glaube, ich war die Verzögerung. Ich bin schuld! Mio, weißt du, wie es den beiden aus der Werkstatt geht? Sie heißen Ennio und Andi."

„Du bist gewiss nicht schuld daran." Geschmeidig schwang sich der Magier vom Schreibtisch und überwand den kurzen Abstand zwischen sich und ihm. Orangenblütenduft umhüllte Levi, als der Magier ihm beruhigend die Hände auf die Schultern legte, ihm in die Augen schaute und sanft sagte: „Den beiden geht es bestimmt gut. Mein Vater hat sich um die Angelegenheit gekümmert. Die Maschine wird ersetzt. Aber viel wichtiger ist, wie es dir geht. Hast du dich verletzt?"

Das Herz des Magiers [MxM]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt