Der Schatten im Wald

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Es war eine kalte Dezembernacht in New Hamswood, als die letzten Blätter von den Bäumen fielen. Das Fallen der Blätter wirkte wie die langsam verblassenden Erinnerungen an den diesjährigen Sommer. Der Wind heulte durch die alte, verlassene Stadt, in der die wenigen verbliebenen Bewohner in ihren Häusern kauerten, als könnte die Dunkelheit sie einholen. Die Straßen waren leer und nur hin und wieder hörte man das Kläffen eines Hundes oder das Rascheln von Blättern, die vom Wind davongetragen wurden.

In dieser Stadt lebte ein Mann namens Thomas. Er war ein Einzelgänger, der seine Tage damit verbrachte in der örtlichen Bibliothek zu stöbern und alte Bücher über die Geschichte der Stadt zu lesen. Doch je mehr er las, desto mehr schien er in einen Strudel aus Aberglauben und Sagen hinein gerissen zu werden. Es gab Geschichten über den Wald der die Stadt umgab. Geschichten von einem Wesen das in den Schatten lebte und die Seelen derjenigen sammelte die sich in die Dunkelheit wagten.

Eines Abends, als der Nebel über den Boden kroch und die Straßenlaternen schwach flackerten, entschloss sich Thomas dem Ruf des Waldes zu folgen. Vielleicht lag Wahrheit in den Legenden und er wollte es wissen. Er nahm eine Taschenlampe und seinen alten Hund Max mit der trotz seines Alters skeptisch vor dem Wald stand.

„Komm schon Max. Es wird schon nichts passieren“ murmelte Thomas, als er dem schmalen Pfad folgte der zwischen die Bäume führte. Der Wald war still. Die einzigen hörbaren Geräusche waren das Knacken der Zweige unter seinen Füßen und das gelegentliche Rascheln eines Tieres das im Unterholz nach Futter suchte. Die Luft war kühl und je tiefer er in den Wald vordrang, desto dichter schien der Nebel zu werden. Thomas fühlte ein Unbehagen. Eine Art eisige Vorahnung die ihm den Rücken hinunter lief.

Nach einer Weile erreichte er eine kleine Lichtung, die plötzlich in der Dunkelheit erstrahlte, als ob ein unsichtbares Licht die Szenerie erhellen würde. In der Mitte der Lichtung stand ein alter, moosbedeckter Stein, der mit seltsamen Symbolen bedeckt war. Thomas trat näher und berührte die Oberfläche des Steins. Sie war kalt und rau und ein Schauer lief ihm plötzlich über den Rücken. Plötzlich erregte ein lautes Bellen von Max seine Aufmerksamkeit. Der Hund schien nervös und wollte nicht näher kommen.

„Was ist los Max?“ fragte Thomas und sah sich um. Der Wind pfiff durch die Bäume und die Dunkelheit schien sich zusammenzuziehen. Plötzlich hörte er ein leises Flüstern, kaum mehr als ein Hauch im Wind. Die Worte waren unverständlich, aber sie schien aus dem Herzen des Waldes zu kommen. Sein Herz klopfte schneller, während er um sich blickte. „Ich sollte gehen“ dachte er, doch seine Füße blieben wie angewurzelt stehen.

Plötzlich wurde das Flüstern lauter und ein kalter Windstoß kam durch das Dickicht. Thomas spürte, dass etwas oder jemand ihn beobachtete. Seine Beine weigerten sich, sich zu bewegen, während sein Verstand in den Geschichten gruben die er über diese Gegend gelesen hatte. Man sprach von einem Schatten der die Seelen der Verirrten alle Zeit raubte. Der Schatten der in der Dunkelheit lebte.

„Komm Max!“ rief er und wandte sich hastig um, doch sein Hund war wie erstarrt. Seine Ohren waren gespitzt. Eine Gänsehaut überkam Thomas, als er hinter sich eine Bewegung bemerkte.

Ein dunkler Schatten schien sich zwischen den Bäumen zu bewegen, formenhaft und doch unfassbar. Thomas starrte gebannt auf die unheimliche Erscheinung, die im Mondlicht schimmerte. Es war nicht wie ein Mensch, es war vielmehr eine Art Wesen, das aus nichts als Schatten zu bestehen schien. „Denk nicht daran. Du bist nur müde“ redete er sich zu, doch seine Beine begannen jetzt zu zittern.

Die Kreatur schien sich näher zu bewegen und mit jedem Schritt den Thomas machte, schien sie ihn zu folgen. Ein tiefes Grollen erfüllte die Luft und der Nebel schien sich um ihn zu schließen. Panik ergriff ihn und er berührte den Stein erneut, als ob ihn der alte Moosblumen wieder zurück zur Vernunft bringen könnte.

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