Auf dem Spielplatz

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"Mama, können wir jetzt los?" drängte Fabian seine Mutter. Er wollte endlich auf den Spielplatz. "Es ist schon spät!" maulte er. Seine Mutter gab seufzend nach und nickte. Fabian strahlte über beide Ohren, als der glücklich aus der Tür schoss. Seine Mutter hatte so lange mit seinem Vater geredet, dass er sie sogar daran erinnern musste, dass sie mit ihm noch spielen gehen wollte. Endlich war er angekommen und sogar noch vor seiner lahmen Mutter. Auf dem Dorfplatz war ein wenig Sand aufgeschüttet worden. Darauf stand ein Sein in dem eine Kerbe für das darauf liegende Brett gemeißelt wurde. Ein selbstgebautes Holzhäuschen stand ebenfalls auf dem Platz. Viele Kinder spielten im Sand und im Haus. Nur eine kleine Gruppe von Jungen, die ein zitterndes Mädchen umrundet hatten, nicht. Das Mädchen hatte eine schwarze Maske auf und auch sonst ganz in schwarz gekleidet. Ihre Kapuze hatte sie tief ins Gesicht gezogen und ihre ängstlichen Augen musterten den blonden Jungen vor ihr. Als Fabian näher kam erkannte er, dass das Mädchen rot leuchtende Augen hatte, welche sie nun auf den Boden gerichtet hatte. In ihm brodelte pure Wut auf. Wie konnten diese Jungen ein Mädchen mit so krassen Augen ärgern? "Hey, Ochsengulasch?" Der blonde Junge, der das Mädchen gerade am Kragen gegen die Wand gedrückt hatte, drehte sich um. Grinsend kam er auf den kleinen Fabian zu. Fabian lief ein kalter Schauer den Rücken runter. War Ochsengulasch keine richtige Beleidigung gewesen? Er hasste dieses Gericht, daher dachte er es wäre ein böses Wort gewesen. Er schluckte. Die anderen Jungen hatten ebenfalls von dem Mädchen abgelassen und ein Augenblick später hatten die jungen ihn umzingelt. Mit Tränen in den Augen schaute er mutig dem blonden Jungen vor ihm tief in die Augen. Der Junge hielt ihn mit der einen Hand fest, doch als er gerade mit der anderen Hand ausholen wollte, kam plötzlich Fabians Mutter. "Ich möchte nicht wissen was ihr vorhattet, aber wenn ihr meinen Sohn nicht auf der Stelle loslasst, unterhalte ich mich mal mit euren Eltern!" Stumm ließen sie Fabian los und gingen. Das Mädchen kauerte immer noch zitternd an der Hauswand. Fabian kam näher. In seiner Hand hatte er eine Kette, die er zuvor im Sand gefunden hatte. "Hey, ich bin Fabian. Ist das deins, oder..." er stockte. Als er seine Hand ausgestreckt hatte, um ihr die Kette zu zeigen, war sie zusammengezuckt, als wolle er sie schlagen. Ihre Hände hatte sie schützend vor ihr Gesicht geschlagen und ihre Hände zitterten wie Wackelpudding. Er schluckte. "Keine Sorge, ich tu dir nichts." sagte er ruhig, wobei er den Arm des Mädchens sanft berührte. Das machte Papa immer wenn es Mama schlecht ging. Von der Berührung zuckte das Mädchen kurz zusammen. Doch dann hob sie langsam den Kopf und schaute ihn mit ihren rubinroten Augen an. "Fabian sei vorsichtig!" Fabians Mutter hatte sich alles mit angesehen und kam nun auch dazu. "Du solltest aufpassen, Dämonen kann man nicht trauen." ergänzte sie, wobei sie dem Mädchen einen giftigen Blick zuwarf. "Ma, denkst du wirklich sie ist ein Dämon? Sie sieht so unschuldig aus." erwiderte Fabian. "Aber natürlich, siehst du denn nicht ihre roten Augen?" Fabians Mutter zog den Kopf des Mädchens ein wenig nach oben, sodass Fabian freie Sicht auf ihr Gesicht hatte. Das Mädchen fauchte unter dem Schmerz kurz, bevor Fabians Mutter ihre Hand wieder eschrocken wegzog. "Siehst du! Du solltest diesen Monstern nicht zu Nahe kommen." erklärte seine Mutter ihm. "Also darf ich meine Freunde nicht selbst aussuchen?" fragte Fabian traurig. Seine Mutter seufzte. "Natürlich nicht," sagte sie "es wäre einfach gut, wenn du aufpasst, wem du vertraust." Nach einer kurzen Stille fuhr Fabians Mutter fort: "Ich setz mich da drüben auf die Bank. Wenn irgendwas ist, komm einfach zu mir." Fabians Mutter verabschiedete sich mit einem Lächeln und setzte sich auf eine nahestehende Bank. Als seine Mutter endlich weg war, wendete er sich dem Mädchen zu. "tut mir leid, dass meine Mutter so gemein zu dir war. Ich finde mit deinen roten Augen siehst du noch viel süßer aus, als sonst schon." Das Mädchen verwandelte sich augenblicklich in die roteste Tomate. "D...Danke" erwiderte sie kleinlaut. "Wie heißt du eigentlich?" fragte er weiter, ohne zu beachten wie rot sie geworden war. "N...Nay oder Naylima, was dir lieber ist." meinte das Mädchen. "Super, Nay. Hast du Lust mit mir eine Sandburg zu bauen?" fragte Fabian. Als Nay nickte, zog er sie strahlend zum Sandhaufen und beide fingen an zu bauen. Nachdem Fabian voller Stolz seine Burg fertiggestellt hatte, warf er einen prahlenden Blick auf das was Nay gebaut hatte. Doch sein ganzer Stolz verschwand auf einmal, denn Nay hatte schon eine komplette Stadt fertig. Mit Wegen aus Schlamm, Häusern aus Ästen und kleine Fackeln neben jedem Haus. "Wow!" Fabian staunte. Nay warf einen verblüfften Blick auf Fabians Kunstwerk. "Deins sieht doch auch gut aus." meinte Nay. "Wenn meins toll aussieht, dann sieht deins oberhammersuperbombastischtoll aus." erwiderte Fabian. Nay lachte. "Dann lass uns doch eine Stadt zusammen bauen." schlug sie vor. Ohne zu überlegen willigte Fabian ein und beide Kinder fingen an wie wild zu bauen. Dabei bemerkten sie nicht, wie die bösen Blicke der anderen Kinder und Erwachsenen, die sie über den ganzen Platz verfolgten. Fabian bekam mit, dass alle Kinder mindestens drei Meter Abstand von ihnen hielten. Das war komisch. Er wurde noch nie ausgeschlossen. Außerdem hatten seine Freunde ihm immer gesagt, dass er immer nett wäre und mit niemandem nicht auskommen würde. Das machte die Sache umso komischer. Doch davon ließen sie sich nicht den Spaß verderben und bauten bis es Abend wurde. "Fabian, wir gehen nach Hause!" rief Fabians Mutter laut. Fabian verabschiedete sich von Nay und ging mit seiner Mutter nach Hause. Sie hatten sich vorher noch darüber ausgetauscht, wo sie wohnten, damit sie sich gegenseitig besuchen konnten. Den ganzen Abend lag er wach und schaute aus dem Fenster. Der Mond leuchtete hell über dem dunklen Wald, der sich hinter seinem Haus erstreckte und war von unzähligen Sternen umgeben. Er konnte es kaum erwarten Nay morgen wiederzusehen.

Broken AngelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt