eine Runde Schach

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Am nächsten Tag klingelte die Glocke an Fabians Haus. Als er die Tür öffnete, stand Nay vor ihm. Fabian ließ sie fröhlich herein und zeigte ihr sein Zimmer. Eine hölzerne Treppe führte zu einer Luke in der Decke. Dahinter war der Dachboden, der sein Zimmer zu sein schien. Das große Zimmer war sehr geräumig und an beiden, gegenüberliegenden, dreieckigen Seiten war ein kleines, viereckiges Fenster eingelassen. Plötzlich hob Fabian ein Schachbrett in die Luft. "Schach?" fragte er. Nay nickte freudestrahlend. Sie setzten sich auf das große Fell, dass nachts als Bett diente und fingen an zu spielen. Die Figuren des Spiels hatte Fabians Vater selbst geschnitzt. Als der Glockenturm der Dorfkirche 12 schlug, wurde Nay auf einmal bleich. "Alles in Ordnung?" fragte Fabian. Hastig rief Nay: "Ich muss los. Danke für die gute Zeit und auf Wiedersehen." Nay rannte, ohne zurück zu blicken, aus dem Haus. Fabian sah ihr nur noch verdutzt aus dem Fenster hinterher. Ihr dunkler Schatten wurde immer kleiner bis er komplett im dunklen Wald verschwand.

Die nächsten Tage kam Nay nicht mehr und Fabian fing an sich Sorgen zu machen. Schließlich, nach einer Woche, beschloss er ihr einen Besuch abzustatten. Nay hatte ihm erzählt, dass ihr Haus am Ende der Dorfstraße stand. Fabian folgte also der Straße, die wenig später aus dem Dorf führte und weiter in den Wald ging. Er überlegte umzukehren, denn es war schon dunkel geworden und Nebelschwaden zogen auf. Doch dann erstreckte sich auf einmal ein großes dunkles Haus aus dem Nebel. Fabian bekam auf der Stelle Angst. Auf einem großen Stein vor dem großen Eingangstor stand in großen Buchstaben: "Kinderheim Sernels". Viele Kinder standen hinter dem Tor. Alle hatten den gleichen, traurigen, angsterfüllten Blick wie Nay. Als er jedoch eines unschlüssig anlächelte, grinste es glücklich zurück. Dann kam es ans Tor und öffnete es für ihn. Nachdem er eingetreten war, fragte es ihn nach wem er denn suche. Als er jedoch Nays Namen erwähnte, verschwand der nette Gesichtsausdruck des Kindes und verwandelte sich in pure  Angst. Stumm wies das Kind ihm, mit einer Handbewegung , zu folgen. Der Junge führte ihn hinter das Haus, wo eine kleine Tür als Hintereingang diente. Von drinnen konnte er lautes Schimpfen und Gebrüll hören. Der Junge ließ ihn ins Haus und stellte ihn genau vor den Raum aus dem das Gebrüll kam und klopfte mit ein paar kräftigen Faustschlägen an. Eine dicke, grimmig drein blickende Dame öffnete die Tür und fragte in einem unfreundlichen Ton: "Was!?" Der Junge blickte zu Boden und brummelte: "Der Junge will zu Nay." "Wer?" fragte die Frau genervt. "Nay, Naylima." antwortete der Junge, nun ein bisschen deutlicher. Sie warf Fabian einen giftigen Blick zu bevor sie den Kopf zum Raum richtete und laut nach Nay rief. Ein wenig später erschien Nay neben der Frau in der Tür. Sie schaute traurig zu Boden. "Ich bin es, Fabian." sagte er. "Fabian?" fragte Nay verblüfft. Als sie aufsah, konnte Fabian eine  große Platzwunde an Nays Stirn sehen. Seine Augen weiteten sich. Plötzlich schubste die dicke Frau aus der Tür und schlug die Tür, mit einem lauten Knall, hinter sich zu. Nay zuckte kurz zusammen, bevor sie Fabians Arm nahm und ihn hinter sich her in ihr Zimmer zog. Es war ein kleiner, geräumiger Raum. Überall lagen Sachen auf dem Boden und auf dem Bett verstreut. Der Raum hatte außerdem eine kleine Tür, die zu einem kleinen Bad führte. Das Bad bestand aus einer viereckigen  Toilette und einem kleinen Wasserbecken. Das Bad war in dunkelrotem Blut getaucht, das die Wände runterlief. Fabian lief ein kalter Schauer den Rücken runter. Als Nay bemerkte dass die Tür vom Bad offen stand, eilte sie zur Tür und verschloss sie hastig. "Tut mir leid, mein Zimmer ist nicht sehr aufgeräumt," erklärte Nay, "hätte ich gewusst, dass du kommst, hätte ich aufräumen können." "Alles in  Ordnung." erwiderte Fabian, immer noch geschockt von dem Anblick der Badwände. Ein unwohles Gefühl breitete sich in ihm aus. Er hatte sich bisher immer sicher in Nays Nähe gefühlt, aber jetzt war er da nicht mehr so sicher. "Hast du Lust was zu spielen? Ich hätte Mühle, Dame oder Schach." erklärte Nay. "Mühle klingt gut." erwiderte Fabian. Nay kramte unter ihrem Bett ein staubiges Mühlenbrett hervor. Sie blies einmal kräftig darüber und stellte es dann auf ihr Bett. Dann griff sie noch einmal unter ihr Bett und holte die Spielsteine hervor. Nachdem sie diese ebenfalls auf ihr Bett gelegt hatte, setzte sie sich auf ihr Bett und deutete Fabian mit einer Handbewegung sich neben sie zu setzen. Fabian ging zögernd auf sie zu und setzte sich schließlich ihr gegenüber auf das Bett und sie fingen an zu spielen. Mit der Zeit wurde die Stimmung lockerer und Fabian verbannte den Gedanken an das Bad aus seinem Gedächnis. Später brachte Nay Fabian nach Hause, da er Angst hatte allein durch den Wald zu gehen. Auf dem Rückweg lachten sie gemeinsam, sodass sie gar nicht merkten wie schnell die Zeit verging. Vor seiner Tür machten sie aus, dass sie sich morgen auf dem Spielplatz wiedersehen wollten.

Broken AngelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt