** Kapitel 3 **

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MAGNUS

„Genießen Sie Ihre Mittagspause?", fragte er mit beiläufigem Tonfall.

„Ich wollte gerade das Kapitel lesen, das Sie uns aufgegeben haben", ließ ich ihn ebenso beiläufig wissen und beugte mich vor, um das Buch zurück auf meinen Schoß zu holen.

Andersson stellte sich vor mich und sah auf mich hinab. Ein Ausdruck huschte über sein Gesicht, den ich nicht recht deuten konnte. War es Argwohn? Misstrauen? Vielleicht sogar Stolz oder Anerkennung, weil ich so fleißig war?

Ich war mir sicher, er versuchte herauszufinden, wieviel von seinem geheimen Telefonat ich mitbekommen hatte.

„Sie haben dafür ja noch das ganze Wochenende Zeit", sagte er.

„Stimmt." Ich grinste mechanisch. „Aber ich bin niemand, der seine Aufgaben auf den letzten Drücker erledigt. Und am Wochenende muss ich arbeiten."

„Das klingt sehr vorbildlich, Mr Helvig." Andersson lächelte freundschaftlich. „Einige ihrer Kommilitonen sollten sich eine Scheibe davon abschneiden."

„Sicher." Ich nahm ihm sein Getue nicht ab und blieb auf der Hut. Etwas in mir warnte mich und trieb mich an, so schnell es ging aus seiner Gegenwart zu verschwinden. Er könnte mir das Semester zur Hölle machen. Besser für mich also, wenn er niemals herausfinden würde, was ich mitbekommen hatte.

Wahrscheinlich begann ich deshalb, das Buch geschäftig in meine Tasche zu schieben.

„Wie kommt es, dass Sie nicht in der Mensa essen?" Wieder eine scheinbar nebensächliche Frage, wieder das Gefühl in mir, dass er mich indirekt auszuhorchen versuchte.

Ich stand auf und klopfte mir die Jeans ab. „Ist mir zu laut dort", erklärte ich. Dann schulterte ich meine Tasche. „Zu hektisch, zu viele Menschen."

„Und aufgrund der Lautstärke kann man den Gesprächen anderer nicht lauschen, habe ich recht?" Seine Stimme klang total freundlich, als er es feststellte. Der kalte Ausdruck in seinen Augen zeigte mir, dass er das genaue Gegenteil war. Andersson war nicht mein Freund. In dem Moment, in dem er bemerkt hatte, dass ich sein Telefonat mitangehört hatte, war er mein Feind geworden. „Man kann schlecht spionieren, nicht wahr?"

Ich hatte genau zwei Möglichkeiten. Erstens: Seine Feststellung vehement abstreiten, lügen und um mein Leben schauspielern. Und zweitens: Angreifen, ihn mit der Wahrheit bombardieren und aus der Reserve locken.

„Haben Sie sich deshalb hinter dem Baum versteckt, Mr Helvig?", fragte Andersson weiter. „Um Gespräche zu belauschen, die nicht für Ihre Ohren bestimmt sind?"

„Hören Sie ...", fing ich an und hob entschuldigend die Hände. „Ich wollte nur meine Ruhe. Ich habe nicht absichtlich ..."

„Was haben Sie?", unterbrach er mich scharf und trat einen Schritt auf mich zu. Andersson war gekleidet wie jemand, der geradewegs aus einem wichtigen Meeting kam. Stoffhose, Hemd, Weste. Mit solchen Leuten hatte ich früher häufig zu tun gehabt. Er wirkte nicht im Geringsten wie ein Schläger, und doch baute er sich vor mir auf, als wolle er mir Angst einjagen. Die Arme hatte er vor der Brust verschränkt, das Kinn vorgereckt, seine Augen leicht zusammengekniffen.

Ich atmete tief durch und entschied mich für Option zwei. Angriff war die beste Verteidigung.

Ich konnte ja nicht ahnen, dass das Gespräch auf die Weise verlaufen würde.


~~~


ELLA

„Und?" Anni zwinkerte mir zu. „Morgen Abend schon was vor?"

„Wieso?"

„Ich wüsste da was, was wir uns definitiv nicht entgehen lassen sollten", meinte sie und wackelte mit den Augenbrauen. In ihren Augen blitzte es.

Don't Worry Baby - Unsere Gemeinschafts-LovestoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt