3. Kapitel

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Seufzend stieg ich ein. Hielt meine Hand fest auf meine Seite. „Ach komm stell dich nicht so an." blaffte mich Rick an. Ängstlich zuckte ich zusammen.
„Was war das für ein Idiot an Arzt? Meint dieser Möchtegern mich doch tatsächlich in die Schranken zu weisen." schwungvoll ließ er sich auf den Fahrersitz nieder. Schon heulte der Motor auf. „Das ist mein Vorgesetzter." stellte ich klar. Rick presste seine Zähne aufeinander. Sein Kiefer knirschte. Er war schon immer gegen meinen Job. Hätte gerne das ich daheim blieb.
Ruckartig stellte er das Auto vor unserer Wohnung ab. „Danke" murmelte ich und wollte aussteigen. Rick hielt mich zurück. „Ich komm heute um 20 Uhr nach Hause." Ich wusste was es hieß. Bis dahin sollte der Haushalt fertig sein und das Essen warm am Tisch stehen.
Müde schleppte ich mich die Treppe hinauf.
Ich versuchte den Schmerz an den Rippen auszublenden, aber es ging nicht. Immer wieder stachen sie mir unangenehm in die Seite. Es dauerte alles gefühlt um Stunden länger. Nur mühselig schaffte ich es die Wäsche zu verrichten. Ich starrte Gedanken verloren meine Orchidee an. Trostlos ließ sie ihren Kopf hängen. Ihr Blüten fielen bei der leichtesten Berührung hinunter.
„Arme kleine Pflanze. Ich fühle mit dir." dachte ich im stillen. Ich fühlte mich genauso. Verletzlich und klein. Sobald mich jemand berührte zerbrach ich darunter. Seufzend fühlte ich Wasser in die Gießkanne und goss die Blume. Ich hoffte sie stand wieder auf. Wurde wieder wunderschön. Ich mochte sie, hatte sie vor Jahren von meiner Mutter zum Geburtstag bekommen.
Schmerzhaft wurde mir bewusst, dass ich mich viel zu lange nicht bei ihr gemeldet hatte. Sie fast schon vergessen hatte. „Fuck." schlug ich genervt auf den Tisch. Wie konnte ich nur meine Mutter vergessen. War ich wirklich so dumm? War ich wirklich so egoistisch, wie mir Rick das immer sagte. Tränen schossen in meine Augen. Ich hatte ein schlechtes Gewissen. Meine Nerven waren am Boden. Ich fühlte mich einsam, hatte hier in Köln niemanden.
Wir wohnten hier seit gut zwei Jahren. Rick hatte hier einen sehr guten Job bekommen. Ich vermisste meine alte Heimat. Die Berge und die frische Luft. Ich liebte München, aber genauso liebte ich Rick.
Ich griff nach meinen Handy. Drei Nachrichten einer unbekannten Nummer sprangen mir ins Auge. Ich drückte sie weg. Beantwortete selten irgendwelche Nachrichten, zu groß war die Angst das ich was falsches schrieb und Rick das mitbekam.
Kurzer Hand wählte ich Mamas Nummer. Das bekannte läuten hallte in meine Ohren. Bis es plötzlich verstummte. „Kremer." meldete sich eine Stimme. „Mama ich bin's" flüsterte ich fast. „Juliana, schön das du dich meldest." ich hörte an ihrer Stimme das sie lächelte. Sofort lief wieder eine Träne meine Wange hinunter. Ich liebte meine Mutter. Ich kannte keine stärkere Frau, sie musste schon soviel in ihren Leben mitmachen. Sie war dennoch immer nett und hilfsbereit, mit einen Lächeln auf den Lippen. „Entschuldigung ich hätte mich eher melden sollen." „Ach mein Kind. Ich kann mir denken das du viel im Stress bist. Wie geht es dir?" Ich hörte das sie sich setzte.
Sofort hatte ich ihr Haus vor meinen Augen. Ein kleines Bauernhaus am Rande von München. Umgeben von grünen Feldern. Jedes Frühjahr blühten die roten Geranien in ihrer vollen Pracht. An der Außenmauer räkelten sich rosa Pfingstrosen empor.
Heimweh packte mich. Ich wollte wieder nach Hause, gehörte nicht in diese Großstadt.
„Ich vermiss dich." gab ich ehrlich zu. „Wir dich auch." hörte ich sie ehrlich ins Telefon sagen. Lautes Kindergeschrei drang durch den Hörer. „Entschuldigung, Johannes will nicht einschlafen." noch mehr Tränen rannten meine Wange hinunter. Johannes war mein Neffe. Thomas mein ältester Bruder redete im Hintergrund auf den kleinen ein. „Komm uns doch mal wieder besuchen." „Mama du weist das das nicht so einfach geht." meine Stimme wurde leiser. Ich wollte meine Mama nicht verletzen. „Ich hab mir ein paar Rippen gebrochen." gestand ich ihr. Wollte sie aber nicht beunruhigen. „Um Himmels Willen wie ist das passiert?" sie klang aufgeregt. Ihr stimme wurde um drei Nuancen höher. „Beruhig dich. Ich bin die Treppe hinunter gestürzt." „Dir passiert aber in letzter Zeit viel. Du isst und trinkst hoffentlich genüg. Ich hoffe auch das du dich genügend ausruhst. Stress kann sich auch negativ auf die Gesundheit auswirken." Ich lächelte, meine Mutter war die beste. „Keine Sorge Mama. Ich geb acht auf mich." lautes Gepolter ließ mich zusammen zucken. Hinter mir wurde die Tür aufgeschlossen.
„Du Mama ich muss weiter. Ich versprech dir das ich mich bald wieder melde. Grüß Thomas feste von mir." wimmelte ich meine Mutter so schnell es ging am Telefon ab.
„Aber Juliana." hörte ich sie noch sagen. Mir tat es im Herzen weh sie einfach weg zudrücken, aber es war das beste. Die Konsequenzen musste ich aushalten, wenn er mich telefonieren sah.
Schon trat er für die Tür hinein. Sein Anzug passte perfekt. Das Sakko spannte über seine Brust. Die Krawatte wurde schon gelockert. Seine Haare waren leicht zerzaust. Das Gel hielt den Rest an Ort und Stelle. „Mit wem hast du gesprochen?" Seine Stimme donnerte durch das Wohnzimmer. Ich zuckte zusammen. Trat automatisch einen Schritt zurück. Ich wusste nicht woher seine schlechte Laune wieder kam. Früher hatte er selten so eine schlechte Laune. War stets freundlich.
„Hallo, Ich will eine Antwort von dir." mit schnellen Schritten eilte er auf mich zu. Packte mich an der Schulter und drückte mich gegen die Wand. Das Bild, was dort hing, viel auf den Boden. Das Glas zersprang in tausend Einzelteile. Ihn war es egal. In seinen Augen loderte der pure Zorn. „War es der Arzt von gerade vorhin? Oder doch ein anderer." Seine Hand schnellte zu meinen Hals und drückte leicht dagegen. Er wusste genau das ich es nicht leiden konnte. Wusste das ich Panik bekam wenn er die Hand dort liegen hatte.
„Nein es war meine Mutter." krächzte ich angsterfüllt. „und das soll ich dir glauben?" zischte er. Seine Atem traf mein Ohr. Er roch nach Alkohol. „Du kannst nachsehen. Mein Handy liegt auf den Tisch." Ich versuchte ihn ein Stück von mir weg zudrücken. Er ließ nicht von mir ab. „Du weist das ich nur das beste für uns will?" fragte er mich. Ich nickte. „Sprech gefälligst mit mir." seine Rechte Hand holte aus und traf mich an der Wange. Stöhnend glitt ich zu Boden. Ich hielt mir die Hand auf die Wange. Saß in mitten von Scherben. Ich war nicht einmal mehr fähig aufzustehen. Er ging ohne ein Ton zu den Tisch und griff nach meinen Handy. Zufrieden nickte er. Woraufhin er Wortlos den Tisch deckte und lud sich etwas von der Bolognese auf. „Kommst du auch zum Essen?" als wäre nichts gewesen deutete er auf den leeren Teller. Ich hiefte mich hoch. Ein kleiner Splitter blieb in meinen Unterarm stecken. Ich zog ihn hinaus.
Setzte mich letztendlich an den Tisch und aß zaghaft. Großen Appetit hatte ich schon lange nicht mehr.
Zusammen saßen wir auf der Couch. Er strich sanft über meinen Kopf. Nach dem Essen hatte ich wortlos die Scherben beseitigt und alles geputzt. Wenn er eins hasste, dann war das Unordnung.
Nun lagen wir hier und sahen einen Film. Immer wieder fuhr seine Hand durch meine Haare. Eine Gänsehaut breitete sich auf meinen Körper aus. Ich genoss die Zuneigung in vollen Zügen. „Ich liebe dich meine kleine." flüsterte er in mein Ohr und küsste mich sanft. „Ich dich auch." erwiderte ich.

Stillschweigen *Asds und As*Where stories live. Discover now