"Nathan, dass ist wirklich nicht nötig!", sage ich und versuche Nathan das Telefon aus der Hand zu nehmen. "Das ist für die Kids doch total traumatisch, wenn ich jetzt auch in die Klinik müsste! Es gibt keinen Plan C!"
Diese Ansage wirkt anscheinend. Nathan lässt das Handy sinken.
"Ja, da muss ich dir leider recht geben!" Er sieht mich nachdenklich an. Noch hilft das Adrenalin, aber ich glaube, dass die ganzen Schürfwunden und mein Intimbereich mich noch etwas beschäftigen werden...
"Dann lassen wir uns jetzt abholen und zurück in die Kurklinik bringen. Dort lässt du dich von mir, OHNE Diskussionen komplett durchchecken! Und wenn ich den Eindruck habe, dass du im Krankenhaus besser aufgehoben bist, dann lass ich dich verlegen!", sagt er ernst.
"Okay!", gebe ich zurück und lächle ihn möglichst überzeugend an. Wieder zückt er sein Handy. Während wir dann auf den Kleinbus, der uns und die Räder zurück in die Klinik bringt, warten, versorgt Nathan provisorisch die Schürfwunden. Außerdem tastet er meinen kompletten Körper ab.
"Ich denke, die Rippen sind nur etwas geprellt. Du hast wirklich Glück gehabt, Louisa!", gibt er zurück. Noch kennt er ja die Baustelle zwischen meinen Beinen nicht. Kurz darauf erreicht uns der Bus. Nathan hilft mir dabei aufzustehen. Er verlädt solange mit dem Fahrer die Räder. Ich lasse mich langsam auf den Sitz sinken. Aua! Nathan setzt sich neben mich.
"Geht es?" Er schaut mich fragend an. Ich nicke mit zusammengebissenen Zähnen. "Kann es sein, dass du auch was zwischen den Beinen abbekommen hast?", fragt er fordernd. Ich zucke mit den Schultern. Er umgreift nun mehr oder weniger sanft mein Kinn und zieht mein Gesicht langsam aber bestimmt zu sich. Ich senke den Blick. "Luisa!", sagt er leise. "Du musst ehrlich zu mir sein, sonst fahren wir direkt ins Krankenhaus!"
"Ja, vielleicht!", nuschle ich nur und schaue wieder aus dem Fenster. Er belässt es glücklicherweise dabei. Kurze Zeit später erreichen wir die Kurklinik. Ächzend steige ich aus. Die schmerzbetäubende Wirkung des Adrenalins lässt langsam nach.
"Ich lade kurz die Bikes aus. Geh bitte schonmal nach oben in die Praxis!", sagt Nathan entschieden. Ich nicke. Trotzdem beschließe ich, kurz zu duschen. Das wird zwar bestimmt total brennen, aber vielleicht auch meinem Körper dabei helfen, sich von den Strapazen zu erholen. Ich beiße die Zähne zusammen, als ich mich aus den Kleidern schäle. Ziemlich steif steige ich unter die Dusche. Die Schürfwunden brennen total, als ich unter das heiße Wasser stehe. Das ist aber kein Vergleich zu dem Schmerz, der zwischen meinen Beinen tobt, als ich mich auch da vorsichtig wasche. Schließlich möchte Nathan bestimmt auch da nachschauen. Mir wird es kurz übel.
"Luisa?", höre ich es im Zimmer rufen. Verdammt. Ich habe nicht abgeschlossen.
"Ich komme gleich!", gebe ich zurück und tupfe mich vorsichtig mit dem Handtuch ab. Dann wickle ich mich hinein und betrete das Zimmer. Nathan sieht mich besorgt, aber auch mit ganz schön viel Wut in seiner Mimik, an.
"Du hattest klare Anweisungen!", sagt er mit unterdrückter Stimme. Ich ziehe trotzig die Schultern hoch und versuche so, meine Unsicherheit zu überspielen. Mittlerweile spüre ich auch meinen Kopf. Ich glaube, da bahnt sich eine ganz schöne Beule an. Meine Knie werden weich. Nathan überschaut wohl die Situation und bringt mich zum Bett.
"Easy. Luisa. Langsam. Jetzt ganz langsam!", sagt er ruhig. Ich schließe die Augen. Mein Handtuch ist sonst wo. Ich spüre aber, dass Nathan eine Decke über mich legt. Sanft nimmt er mein Handgelenk in seine Hand, um wohl meinen Puls zu messen. Langsam öffne ich die Augen.
"Das Frauen auch nie zuhören können!", sagt er mit Nachdruck und hält meinen Blick. "Also ich versorge jetzt erstmal die Schürfwunden, dann schauen wir uns deinen Kopf an und zuletzt möchte ich auch noch einen Blick auf deinen Intimbereich werfen!", kündigt er an. "Du bleibst jetzt aber erstmal liegen. Ich hole ein paar Utensilien aus der Praxis!", sagt er mit strenger Stimme. Ich nicke nur leicht und linse auf die Uhr. Zum Glück ist es noch etwas Zeit, bis ich die Kinder von der Betreuung abholen muss. Wenig später öffnet sich die Tür wieder und Nathan tritt herein.
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Eingangsuntersuchung ~ Nathan und Luisa
RomansaIn dieser Kurzgeschichte geht es um Luisa, die, nachdem ihre Tante krank geworden ist, kurzfristig einspringt und ihre Nichte und ihren Neffen bei einer Mutter-Kind-Kur betreut. Dort lernt sie Nathan kennen und verbringt mit ihm eine schmerzhaft-sch...