Die Frühschicht gehört verboten

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(Ort: Tausendwasser, Hauptstadt des Regentals, Kurierbezirk 17)


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Kurt Kurzwind wachte am Morgen mit verkrampftem Kiefer und einem dicken Bauchweh auf. Sein Funkling schrie ohrenbetäubend in seinem Käfig und schüttelte bei jedem Schrei sein schwarzes Gefieder, als wolle er seine Federn loswerden. „Ich hätte nie einen Schwarzling als Wecker kaufen sollen", brummte der überhaupt nicht ausgeschlafene Drachenkurier, während er aus seiner Hängematte kroch und die Klang-Uhr auf seinem Bettregal beäugte. Sieben Klänge vor Mittagsruf.


„Die Frühschicht gehört verboten, findest du nicht auch?", klagte er dem Schwarzling sein Leid, doch der legte nur seinen Kopf schief und krakelte einen extra lauten Schrei. „Ich bin doch schon wach, was willst du mehr?", seufzte Kurt und wünschte, er wäre gestern früher eingeschlafen. Aber Babas Worte hatten ihn wachgehalten. Du brauschst Menschen, dü dür helfen, su deiner Kraft zurück su fünden. Üsch fünde sü dür.

Er spritzte sich kühles Wasser ins Gesicht und inspizierte seine traurigen Augenringe in seinem angebrochenen Spiegel. Wer soll ihm schon bei etwas helfen, das er sein Leben lang nicht geschafft hatte? Er hatte niemanden. Nicht einmal sich selbst.


Das Bild von Baba, wie sie ihm hinterher sah, als er aus ihrem Laden geflohen war, saß ihm noch in den Knochen. „Schon feige, einfach so abzuhauen", murmelte er mehr zu sich selbst als zu seinem Wecker. Der Schwarzling schrie ein weiteres Mal und Kurt seufzte. Zeit, zur Arbeit zu fliegen. Seelenprobleme mussten warten, so wie immer. Er kramte in seinem Beutel aus Baumleder, den er noch aus seiner Schulzeit hatte. Der Schlüssel mit dem rot schimmernden Edelstein leuchtete schon erwartungsvoll, was Kurt abermals seufzten ließ. „Na dann, auf ein Neues." Was hatte sich Mister Sauseflug gedacht, als er diesen Fehlgriff von Drachen abgesegnet hat? Jetzt musste Kurt regelmäßig erklären, warum die Post angefressen bei den Kunden ankam.


Kurt trat aus der Haustür und blinzelte der schwachen Morgensonne entgegen. Mit einem Gähnen schloss er die Augen und konzentrierte sich. Der Schlüssel vibrierte und summte in seiner Hand wie ein zappeliger Käfer und ein paar Momente später stand sein rot getigerter Schlangenschwanz vor ihm. „Morgen, Schmatzer", grüßte er die riesige Echse, die sich bereits in Erwartung der leckeren Pakete das Maul schleckte. Alle Postdrachen waren Schlangenschwänze, eine besonders wendige und blitzschnelle Drachenart, aber Kurt hätte sie ohne zu Zögern gegen die trägen Brummdummsel getauscht. Weniger verlorene Pakete, weniger verletzte Kuriere, weniger verunglückte Passanten. Aber er meinte es nicht so. Schmatzer war sein Freund. Sein verfressener, verkorkster Drachenkumpel.


Sobald er auf dem Rücken des Postdrachen saß, hatte er keine ruhige Minute mehr. Und dafür war er dankbar. Die Worte von Baba wurden vom pfeifenden Wind davon gefegt und das Kontrollieren seines Untiers ließ ihm keinen Raum, in Grübeleien zu versinken. Er las das Etikett des ersten Pakets, während er Slalom durch die Schornsteine der kleinen Hütten von Tausendwasser flog. Hugo Haufels, Die Glühende Schmiede, Teufelsberg 88. Doch statt Hugo Haufels stand eine ganz andere Person vor dem Tor der Glühenden Schmiede: Richard Goldschuppe.


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