Kapitel 9

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Interessiert verfolgte Kenrick mit den Augen die jungen Soldaten, die tief unter ihm den Parcours absolvierten. Den Kandidaten, die sich am hinteren Teil durch die Etappen kämpften, schenkte er jedoch keinerlei Aufmerksamkeit.
Es waren die, welche sich an der Spitze der Masse befanden, die ihn in den Bann zogen.
Sie waren schneller, kräftiger und wendiger als der Rest. Aus welchem Teil des Königreichs sie wohl stammten? Sie mussten zweifelsohne aus reichen Familien kommen, da sie so umfangreich ausgebildet waren.

Für Kenrick stand fest, dass er zwei von ihnen unbedingt für sich haben musste. Er hatte auch schon eine genaue Vorstellung davon, wen er sich aussuchen würde.
Schon zu Beginn des Wettkampfs hatte er ein Auge auf die hübsche junge Frau mit den langen, silberweißen Haaren geworfen. Von der Statur her befand sie sich zwar eher im Durchschnitt, doch selbst bei der Übertragung über einen der großen Bildschirme konnte er durch den Stoff der Uniform hindurch sehen, wie sich ihre schlanken, kräftigen Muskeln spannten, immer wenn sie zum Sprung ansetzte.
Allerdings war dies noch nicht wirklich eine Besonderheit, die sie aus der Menge hervorhob. Es war der entschlossene Ausdruck in ihren Augen, der Kenrick so faszinierte. So als wüsste sie bereits, wer am Ende als Sieger aus dem Wettstreit hervorgehen würde.

Und sie war nicht die einzige, die ihm aufgefallen war.
Da war dieser dunkelhaarige Mann mit dem athletischen Körperbau, der eine ähnliche Ausstrahlung besaß.

Doch bevor Kenrick sich endgültig entscheiden würde, würde er zuerst den weiteren Verlauf des Wettkampfs beobachten und einige Informationen zu seinen Favoriten sammeln.
Dazu wandte er sich von den riesigen Holobildschirmen ab, auf denen er das ganze Geschehen mitverfolgen konnte, und tippte auf seine Watch, um die digitale Datenbank des Militärs aufzurufen.

Nachdem er seinen Zulassungscode eingegeben hatte, durchsuchte er das Register der neu angekommenen Soldaten nach den Anwärtern, die ihm aufgefallen waren.
Keine zwei Minuten später hatte er bereits die passenden Akten gefunden.
Stumm las er sich durch, was in den verschiedenen Tabellen vermerkt war.
Es gab nichts Ungewöhnliches zu entdecken. Keine besonderen Auszeichnungen, keine äußerst wohlhabende Familie, keinerlei Hinweis darauf, dass sie eine bessere Ausbildung genossen hatten, als die anderen.

Verwirrt strich sich Kenrick durchs Haar. Wie konnte es sein, dass solch herausragende Soldaten von den Trainern und Kommandanten unbemerkt geblieben waren? Erkannte denn niemand ihr Potential? Oder verhielten sie sich mit Absicht bedeckt, damit sie nicht ins Visier möglicher Konkurrenten kamen?
Seufzend schüttelte er den Kopf. Warum machte er sich überhaupt Gedanken darüber? Normalerweise war ihm die Vergangenheit der Soldaten des Königreichs schließlich auch gleichgültig.
Was war es nur, das ihn diesmal so neugierig machte?

Leicht genervt von sich selbst schüttelte er diese Gedanken ab und schaltete seine Watch aus.
Er fieberte wohl etwas zu sehr mit dem Wettkampf mit, und steigerte sich deshalb vermutlich ein wenig in die ganze Sache hinein.
Also begann er wieder, sich weiter den Anwärtern zu widmen, die behände den Parcours absolvierten und sich immer weiter der Ziellinie näherten.

▪︎

"Nur ein Zimmer?!"

Fassungslos starrte ich den Mann an, der uns zu unserer Unterkunft gebracht hatte.

"Ja, Miss", antwortete er, ohne mit der Wimper zu zucken, angesichts meines entsetzten Tons.
"Es war eigentlich nur für eine Person vorgesehen gewesen, doch der Prinz hat ausdrücklich nach Ihnen beiden bestellt"

Ich verschränkte protestierend die Arme.
"Gibt es denn keine andere Möglichkeit, uns unterzubringen?"

Der Mann schüttelte den Kopf.
"Nein, Miss, es tut mir furchtbar leid, doch ich fürchte, es gibt nur dieses eine Zimmer. Es ist speziell mit den Gemächern des Prinzen verbunden, wodurch es einfacher sein soll, ihn in Notsituationen zu erreichen"

Shattered NightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt