pretend to be straight. [nooreax x filow]

5.

POV: nooreax.

Der Zug ratterte weiter und ich blieb regungslos in meinem Sitz, während die Gedanken in meinem Kopf kreisten.
Ich versuchte mich zu beruhigen, doch es war, als ob jede vorbeiziehende Landschaft draußen ein Echo in meinem Inneren hinterließ.

Die Sorgen hörten einfach nicht auf.

..

Es war immer Felix gewesen, der mich aufgefangen hatte, wenn es mir so ging. Ein paar Nachrichten, ein Anruf, und plötzlich fühlte sich die Welt nicht mehr so schwer an.
Aber heute war es anders..
Heute war ich mir nicht sicher, ob Felix überhaupt verstehen würde, wie sehr mir das alles zusetzte.

..

Ein paar Sekunden, die sich wie Stunden anfühlten, verstrichen, und mein Handy blieb stumm.
Keine Antwort.
Kein Anruf.

Das Schweigen zwischen uns dehnte sich aus wie ein dunkler Schatten.

Ich dachte daran, wie sehr ich mich auf dieses Treffen gefreut hatte, und jetzt saß ich hier, zerrissen zwischen dem Wunsch, ihn zu sehen und der Angst vor dem, was passieren könnte.
Es war seltsam, ihn so lange gekannt zu haben und trotzdem das Gefühl zu haben, dass ich ihn vielleicht doch nicht kannte.
Zumindest nicht in der Art, wie es außerhalb unserer Streaming Welt der Fall sein würde.

"Alles wird gut", flüsterte ich mir selbst zu, doch es klang hohl.

..

Die Musik aus meinen Kopfhörern dröhnte weiter in meinen Ohren, doch die Texte, die mich zuvor tief berührt hatten, waren nur noch leere Worte, die in den Hintergrund getreten waren.

Ich dachte an unsere vergangenen Gespräche, wie wir uns stundenlang über die verrücktesten Dinge unterhalten hatten.
Über Filme, Games, das Leben, das uns manchmal über den Kopf wuchs.

Felix hatte immer etwas Leichtes an sich gehabt, eine Art, die Dinge nicht so ernst zu nehmen, während ich mich oft in meinen eigenen Gedanken verirrte. Vielleicht war das der Grund, warum ich ihn so sehr brauchte, weil er mich herauszog aus dem Wirrwarr in meinem Kopf, in das ich mich selbst verfing.

Doch jetzt war er nicht da.

Eine Mischung aus Erleichterung und Reue überkam mich.

Hatte ich die richtige Entscheidung getroffen, ihm abzusagen?
Oder hätte ich mich einfach durchringen sollen, um herauszufinden, wie es sich wirklich anfühlen würde, ihn in echt zu sehen?

Die Gedanken hörten nicht auf, also tat ich das Einzige, was ich in solchen Momenten immer tat.
Ohne groß darüber nachzudenken, öffnete ich eine leere Notiz auf meinem Handy und ließ meine Finger über das Display gleiten.

"Felix, wenn du das hier irgendwann lesen solltest, dann weißt du vielleicht, dass ich gerade dabei bin, alles kaputt zu machen. Ich weiß, dass das Treffen nichts ändern wird.
Oder vielleicht wird es das.
Ich weiß es nicht.
Aber ich habe Angst..
Angst davor, dass du mich nicht so magst, wie ich wirklich bin oder schlimmer noch, dass du mich so siehst, wie ich mich selbst manchmal sehe."

Ich hielt inne, als mir die Tränen erneut in die Augen stiegen.
Schnell wischte ich sie weg und setzte den Text fort.

"Ich weiß nicht, warum ich dir das nicht einfach direkt sagen kann.
Vielleicht, weil ich nicht möchte, dass du mich so siehst..
Unsicher und voller Zweifel.
Vielleicht, weil ich Angst habe, dass es nie wieder so sein wird wie vorher, wenn du erst einmal merkst, dass ich nicht so stark bin, wie ich manchmal tue."

..

Ich las die Worte auf dem Display durch und spürte, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete.
Ich würde ihm diese Nachricht niemals schicken, das wusste ich.
Aber vielleicht war das auch nicht der Punkt.
Vielleicht ging es darum, einfach all das, was sich in mir staute, irgendwo zu lassen, wo es mich nicht länger verfolgen konnte.

Mit einem tiefen Seufzen schloss ich die Notiz und steckte mein Handy wieder in meine Tasche.

Die Zugfahrt schien unendlich zu dauern, doch ich wusste, dass der Moment, an dem ich aussteigen würde, kommen würde.
Ich würde nach Hause gehen und vielleicht, nur vielleicht, würde ich morgen den Mut finden, ihm doch noch zu begegnen.

Aber für jetzt?
Jetzt musste ich erst einmal lernen, mit der Stille umzugehen, die sich zwischen uns gelegt hatte.

Das war wohl die größte Herausforderung von allen.