Kapitel 13 - Kaffee und Tee

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Als ich am nächsten Morgen wach wurde, war der Platz neben mir leer, die Decke glattgezogen. Ich blinzelte gegen die blendenden Sonnenstrahlen, die sich quer durch den Raum auf das Bett legten, und rieb mir müde die Augen. Es war still, abgesehen vom leisen, gleichmäßigen Rauschen hinter der Badezimmertür – Adrian duschte. Das sanfte Geräusch des Wassers erinnerte an einen verregneten Morgen, doch draußen war das Wetter klar.

Ich schlug die Decke zur Seite, und sofort kroch die kühle Morgenluft auf meine Haut, ließ mich leicht frösteln. Unweigerlich atmete ich tief ein, als die frische, klare Luft in meine Lungen strömte. Es roch nach Holz und dem leicht salzigen Hauch des Meeres, das irgendwo in der Ferne an die Klippen der Isle of Skye schlug. Ich setzte mich langsam auf, meine Füße berührten den kalten Holzboden, und ich schloss für einen Moment die Augen, um all das zu realisieren.

Ich war hier. Auf der Isle of Skye. Die Ereignisse des gestrigen Abends wirbelten in meinem Kopf, vermischt mit einem seltsamen Gefühl in der Brust. Was genau war da eigentlich los gewesen?

Ich hörte, wie das Wasser hinter der Tür abgestellt wurde, und wenige Sekunden später kam Adrian aus dem Badezimmer heraus – nur mit einem weißen Handtuch um die Hüften geschlungen.

„Oh, du bist wach", stellte er beiläufig fest, als er mich auf dem Bett sitzen sah. Ohne weiter auf mich einzugehen, wandte er sich dem Schrank zu, als wäre es das Normalste der Welt, sich so vor mir zu bewegen. Für ihn war es das wahrscheinlich auch, immerhin waren wir Mitbewohner und kannten uns schon seit Jahren.

Ich hingegen konnte meinen Blick nicht von ihm abwenden. Seine Schulterblätter zeichneten sich auf seinem breiten Rücken ab, und bei jeder Bewegung spannten sich seine Muskeln, als er nach seiner Kleidung griff. Ich schluckte schwer und zwang mich schließlich, meinen Blick abzuwenden. Stattdessen starrte ich auf meine Hände, die ich verkrampft in meinem Schoß gefaltet hatte.

Es war seltsam, diese ungewohnte Anziehung zu spüren. Wir hatten schon so oft diese Nähe geteilt, und doch war es plötzlich anders. Was war nur mit mir los?

Es war schließlich nichts Ungewöhnliches, ihn halbnackt zu sehen – in unserer WG lief er ständig oben ohne herum. Kleiner Angeber, dachte ich brummend.

„Alles okay?"
Seine Stimme durchbrach meine Gedanken, und ich erschrak ein wenig. Hatte er meine Laune bemerkt, oder hatte ich wirklich laut vor mich hin gebrummt?

„Ja, alles gut", murmelte ich und spürte, wie mir die Hitze in die Wangen schoss. Schnell stand ich auf und ging zum Schrank, um mir mein Outfit herauszuholen. Sein Blick folgte mir kurz, bevor er sich wieder abwandte.

„Musst du noch ins Bad?", fragte ich und versuchte dabei, möglichst beiläufig zu klingen, als wäre mein Herz nicht gerade ein kleines Trommelorchester. Adrian schüttelte nur den Kopf, und ich nutzte die Gelegenheit, an ihm vorbei zu huschen. Gerade noch konnte ich spüren, wie seine Augen mir folgten, bevor ich die Badezimmertür hinter mir zuzog.

Mit klopfendem Herzen lehnte ich mich an die kühle Holztür und drückte meine Klamotten fest an mich. Reiß dich zusammen, Elly!, schalt ich mich innerlich und schüttelte den Kopf über meine eigene Nervosität. Es war doch nur Adrian – mein Mitbewohner. Ich kannte ihn schon seit vier Jahren. Es gab überhaupt keinen Grund auf einmal nervös zu werden.

Mit einem letzten tiefen Atemzug trat ich in die Dusche und ließ das warme Wasser über mich fließen.

Der Speisesaal war bereits gut gefüllt, als wir ihn betraten. Das Klirren von Messern und Gabeln hallte sanft durch den Raum, begleitet von einem gedämpften Stimmengewirr. Der Geruch von frisch aufgebrühtem Kaffee hing in der Luft, vermischt mit dem Duft von Rührei und gebratenem Speck. Die meisten Gäste hatten sich bereits reichlich auf die Teller geladen und aßen, während sie in entspannte Gespräche vertieft waren.

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