Schatten der Macht

10 - Im Schatten ihrer Größe

Der elegante Ballsaal der Fox Foundation war erfüllt von sanftem Licht und leiser Musik, die in den hohen Decken widerhallte. Die Wände waren mit kunstvollen Blumenarrangements geschmückt, deren Duft sich mit dem Hauch teuren Parfüms mischte. Es war eine Veranstaltung von solcher Perfektion, dass selbst der erfahrenste Planer keine Schwachstellen finden konnte. Gäste in schimmernden Kleidern und makellos geschnittenen Anzügen bewegten sich wie Teil eines sorgfältig choreografierten Balletts durch den Raum, lachten, tranken, führten Gespräche.

Am Rande des Geschehens, etwas abseits vom Trubel, standen zwei Männer, die in der Menge leicht übersehen wurden – David Fox, der älteste Sohn der Familie, und sein Vater, Thomas Fox. Sie waren nicht nur Besucher der Gala, sie waren die engste Familie der Gastgeberin, Ellania. Jedoch könnte man das von außen behaupten, auch wenn sie noch nie zusammen einen Öffentlichkeitsauftritt hatten, oder ihre Beziehung bekannt gegeben haben. Es war deutlich, wenn auch nicht äußerlich, dass sie sich fremd in dieser glänzenden Welt fühlen, die ihre Tochter und Schwester um sich aufgebaut hatte.

Thomas Fox, nun in seinen späten Sechzigern, war immer ein Mann von zurückhaltender Natur gewesen. Früher einmal, als er noch selbst die Geschäfte geführt hatte, war er ein Macher gewesen, doch das war lange her. Die Firma, die heute ThomCorp hieß, hatte er in jüngeren Jahren gegründet, doch in den letzten Jahrzehnten hatte er sich zunehmend zurückgezogen, während David das Ruder übernahm und die Firma auf ein völlig neues Level hob. Heute war er nur noch ein Beobachter.

David, einige Jahre älter als Ellania, hatte sich früh entschieden, den Fußstapfen seines Vaters zu folgen und das Familienunternehmen zu übernehmen. Ihn zog es in die Welt des Business und der Finanzen, was ihm einen guten gebildeten Hintergrund geboten hat, kompetent das Unternehmen auf neue Ebenen zu bringen. Auch er, wie es auch seine Schwester meisterlich beherrschte, verstand schnell viel von den strategischen Geschäften und dem kalten Kalkül der Firmenpolitik.

Jetzt, während sie Seite an Seite standen und zusahen, wie Ellania sich durch die Menge bewegte, realisierten sie, wie sehr sich die Welt verändert hatte – und wie wenig sie in dieser Welt noch eine Rolle spielten. Vor allem, da Ellanias Unternehmen die ihre schon vor gut einem Jahr überholte.

„Schau sie dir an," murmelte Thomas leise, während er einen tiefen Atemzug nahm und seine Tochter beobachtete, die gerade lachend mit einem Politiker sprach. „Sie hat ihre Firma in etwas verwandelt, das ich mir niemals hätte vorstellen können."

David nickte, sein Blick blieb auf Ellania haften. Sie strahlte, ihre Präsenz war so stark, dass sie den Raum mit einer unsichtbaren Autorität zu füllen schien. „Ja," sagte er, „sie ist wirklich bemerkenswert geworden."

Es war keine Übertreibung. Ellania hatte das Geschäft von Grund auf neu geschaffen und geführt, und es zu einer der mächtigsten Organisationen in der Welt der Technologie und Wohltätigkeit gemacht. In jeder ihrer Bewegungen lag eine Präzision, eine Selbstsicherheit, die David insgeheim bewunderte. Und doch konnte er nicht umhin, sich schuldig zu fühlen. Er war nie wirklich Teil ihres Lebens gewesen. Als sie jung war, hatte er seine Zeit damit verbracht, sich auf die Geschäfte der Familie zu konzentrieren, und später, als er die Führung übernahm, hatte er und der Rest der Familie sie bereits verloren.

„Ich frage mich, ob sie das alles jemals für uns getan hat," sagte Thomas nachdenklich, während er sich an sein Glas klammerte. Seine Stimme war leise, fast zaghaft. Es war ein seltener Moment der Schwäche bei einem Mann, der früher immer stark und bestimmt gewirkt hatte. „Für die Familie. Oder ob sie wirklich nur ihre eigenen Wege gehen wollte."

David sah seinen Vater an, überrascht von der Unsicherheit in dessen Stimme. Es war schwer, Thomas in dieser Verfassung zu sehen. Als David jünger war, hatte er seinen Vater als einen Giganten betrachtet – unerschütterlich und stolz. Doch jetzt, in diesem gedämpften Licht und inmitten dieser glamourösen Umgebung, wirkte er gebrochen. Vielleicht hatte auch er begriffen, dass Ellania längst eine Welt für sich geschaffen hatte, in der weder er noch David eine wirkliche Rolle spielten.