Samu erwachte vormittags und betastete zuerst behutsam seinen Kopf. Er hatte keine Schmerzen mehr und die Wunde war auch nicht mehr so empfindlich. Er stand auf, bewegte sich prüfend hin und her und stellte erleichtert fest, dass auch sein Körper nicht mehr so weh tat wie noch am Tag zuvor. Er hatte besser geschlafen als in der letzte Nacht, merkte aber, dass es noch nicht wieder ganz hergestellt war.
Um einigermaßen wach und aufnahmefähig zu werden, ging er erst mal unter die Dusche. Da am heutigen Tag noch ein Konzert war, wusch er sich gegen die Anordnung seiner Ärztin vorsichtig seine Haare. Er würde sich einfach nicht wohl fühlen, wenn alle Blicke auf ihn gerichtet waren und er mit ungewaschenen Haaren wie ein Penner aussah.
Die warme Dusche tat gut und entspannte seine noch immer leicht schmerzenden Muskeln. Danach kochte er sich einen Kaffee und frühstückte ausgiebig. Der heutige Gig war zwei Stunden entfernt, deshalb packte er schnell seine Tasche und machte sich auf dem Weg zu Riku. Wie immer war er etwas spät dran und musste sich beeilen, um Riku nicht mit zu viel Unpünktlichkeit zu verärgern.
Bei den einzelnen Auftritte außerhalb von Helsinki, wechselten die beiden sich mit Fahren ab und diesmal war Samu dran. Riku war, was Pünktlichkeit angeht, schon immer sehr zuverlässig, deswegen wundertet es Samu auch nicht, dass er bereits draußen auf ihn wartete.
Da sein Freund ihn ausnahmsweise nur knapp zehn Minuten hat warten lassen, sparte sich der Gitarrist einen dementsprechenden Kommentar. Er war von Samu schon andere Zeiten gewohnt und wollte nicht schon wieder sinnlos diskutieren. Außerdem hatte er gute Laune und freute sich auf das Konzert.
Auch Samu erschien ihm ungewohnt munter für diese Zeit und summte unbewusst vor sich hin.
Es dauerte nicht lange und Samu merkte, dass sein Freund ihn beobachtete. „Jetzt sag schon, was du sagen willst und hör auf mich so anzustarren." Samu konnte sich ein Augenrollen nicht verkneifen und warf Riku einen belustigten Seitenblick zu.
„Eigentlich wollte ich nur ergründen, wie es dir geht und ob du wieder fit bist."
„Das kannst du auch einfacher in Erfahrung bringen... Aber zu deiner Beruhigung kann ich dir versichern, dass es mir gut geht. Hatte wohl echt Glück gehabt."
„Was ist denn für deine gute Laune verantwortlich? Du warst gestern doch alleine, oder"
„Was du wieder denkst..." Samu schüttelte mit dem Kopf. „Ich freue mich auf den Auftritt heute Abend, sonst nichts." wich er Rikus Frage aus.
Man konnte Riku ansehen, dass er das Samu nicht wirklich glaubte. Aber er wusste auch, dass sein Freund irgendwann von selbst das Gespräch suchen wird.
Die restliche Fahrt sprachen sie über das kommende Konzert und die Stimmung zwischen den beiden war auch wieder entspannt.
Beim Club angekommen parkte Samu am Hintereingang und sie trafen nur wenig später auf Mikko und Raul. „Bist du auch wirklich arbeitsfähig?" Sein Freund und Manager beäugte ihn abschätzend und Samu musste sich beherrschen, um nicht genervt zu reagieren.
„Ja mir geht es wirklich gut. Meint ihr nicht, ich bin inzwischen alt genug, um zu wissen was ich
tue?"
Die Reaktionen auf diesen Satz kamen sofort. Mikko hob zweifelnd eine Augenbraue, Riku konnte sich das Lachen nicht verkneifen und Raul klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. „Na wenn du das sagst, dann wird es auch so sein."
Wieso hatte er bloß manchmal das Gefühl, dass seine Freunde ihn nicht Ernst nahmen? Das Gespräch wurde unterbrochen, als Osmo und Sami dazu stießen und Samu war froh, dass er so aus dieser Situation entkam.
Der Club heute war, im Vergleich zu dem letzten Auftritt, recht klein und das kam Samu eigentlich
ganz gelegen. Als alle um ihn herum durcheinander redeten und geschäftig hin und her liefen, wurde ihm plötzlich bewusst, dass er sich für das Konzert echt zusammen reißen musste.
Da inzwischen alle eingetroffen waren, gingen die Vorbereitungen los und keiner hatte mehr die Zeit, um Samu weiter zu bemuttern oder zu ärgern.
Der Auftritt war ohne Vorband und ging gleich danach los. Die erste halbe Stunde verlief ohne
Probleme und die Stimmung im Club war ausgelassen. Gegen Ende der Show spürte Samu leichten Schwindel und die Kopfschmerzen kamen wieder. Er schloss für einen Moment die Augen, um sich zu sammeln und die aufkommende Übelkeit zu unterdrücken. Er atmete ein paar mal tief durch und versuchte sich einfach nur noch auf das singen zu konzentrieren, damit er so den restlichen Auftritt überstehen würde.
Am Ende war er schweißgebadet, konnte aber mit stolz behaupten, dass er ohne Zwischenfälle durchgehalten hatte. Mehr stolpernd als gehend verließ er nach der Verabschiedung die Bühne und verschwand als erstes zu den sanitären Anlagen.
Nachdem alle geduscht hatten, saß die Band noch bei einem Bier zusammen und besprach den Auftritt und die Pläne der Woche.
Ihr zweites Album würde in wenigen Monaten erscheinen und es waren noch nicht alle Songs fertig. Morgen bis Samstag waren sie im Studio und Sonntag war ein freier Tag geplant.
Samu war bei dieser Besprechung nur körperlich anwesend, denn seine Aufmerksamkeit war auf etwas anderes gerichtet. Er war tief in Gedanken versunken und bekam von seiner Umgebung so auch kaum etwas mit. Außerdem kannte er den Zeitplan der Woche bereits und falls es doch etwas Neues gab, würde er das schon rechtzeitig erfahren.
Er hatte Kopfschmerzen und sah immer wieder das Gesicht von Lilja vor seinem inneren Auge. Er verstand selbst nicht warum er sie und ihren traurigen Blick nicht aus dem Kopf bekam. Samu wollte sie von sich überzeugen, hatte aber keine Ahnung was ihm das bringen würde.
Eigentlich sollte es ihm egal sein, was sie von ihm dachte. Wenn er es wirklich drauf anlegte, gab es genug Frauen die ihm zu Füßen lagen und dabei um einiges weniger kompliziert waren.
„Haber, wo bist du mit deinen Gedanken?" Riku wedelte mit seiner Hand vor Samus Gesicht und riss ihn damit aus seinen Grübeleien.
„Was?"
„Wir wollen aufbrechen." informierte ihm sein Freund und klang dabei schon etwas ungeduldig.
Er schaute verwirrt in die Runde und stellte fest, dass alle bereits aufgestanden waren und scheinbar nur auf ihn warteten.
'Reiß dich zusammen.' sagte er sich selbst und folgte den anderen nach draußen.
Am Auto angekommen, hielt Samu seinen Freund vom einsteigen ab. „Du... ähm... Wie viel hast du heute Abend getrunken?"
„Nur ein Bier vorhin, warum?"
„Ja also..." Samu strich sich sichtlich verlegen durch die Haare. „Ich fühle mich nicht so gut und mein Kopf dröhnt ziemlich. Könntest du bitte zurück fahren?"
„Ist kein Problem, ich fahre uns." Er streckte die Hand aus und Samu reichte ihm den Autoschlüssel. Riku wusste, wenn der Sänger auf's fahren verzichtete und ihm sein Auto anvertraute, dann war wirklich etwas nicht in Ordnung.
Die Fahrt verlief recht schweigsam, Samu schien zu schlafen und Riku war in seine eigenen Überlegungen versunken.
Er machte sich Sorgen um ihn und fragte sich, ob es nur am Sturz lag, oder ob da sogar noch mehr hinter steckte. Samu benahm sich sehr merkwürdig, war gedanklich abwesend und reizbarer als sonst.
Am liebsten hätte Riku ihn darauf angesprochen, er wusste aber dass er damit im Moment nicht viel erreichen würde. Wenn sein Freund so drauf war, dann wollte er nicht über seine Probleme, falls er wirklich welche hatte, reden und ständiges nachfragen würde die Situation nur verschlimmern.
Samu machte viel mit sich selbst aus und kam erst zu ihm oder Sami, wenn er selbst nicht mehr weiter wusste. Es könnte also durchaus noch dauern, bis er mit ihm reden würde.
Knapp zwei Stunden später waren sie angekommen und Riku parkte vor seiner Haustür. Er weckte Samu, der einen Moment brauchte um wach zu werden und sich zu orientieren.
Beide stiegen aus und Samu streckte sich vorsichtig. „Danke für's fahren, ich glaube das wäre sonst etwas viel gewesen."
„Kein Problem, hattest Glück dass ich nichts weiter getrunken hatte." Riku nahm seine Tasche und umarmte Samu kurz zum Abschied. „Wir sehen uns morgen um 11 Uhr. Gute Nacht und gute Besserung!"
„Danke. Bis morgen." Samu setzte sich hinters Steuer und fuhr den kurzen Weg nach Hause. Dort angekommen ging er zuerst ins Bad, nahm eine Schmerztablette und legte sich danach ins Bett.
Er stellte sich den Wecker und schloss die Augen. Alle Gedanken an eine gewisse Frau verdrängte er konsequent, denn er musste für den Tag im Studio einigermaßen ausgeschlafen sein.
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When I get you, I will love you
RomanceSunrise Avenue steht noch recht am Anfang der Karriere und Samu genießt sein Leben als Frontmann und Sänger der Band. Frauen, Partys und Musik, besser kann es doch gar nicht sein, oder? Hinter dieser Fassade verbirgt sich aber noch mehr, auch wenn...