Kapitel 3

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„Schliess dich uns an!", durchbrach Sam plötzlich die Stille, als hätte er meine Gedanken gehört. „Du weisst, dass Fire ungerecht ist, aus welchem Grund auch immer du eingesperrt warst!"

Ich schwieg.

„Denk darüber nach! Wir sind deine beste Chance"

„Ich habe keine Ahnung, wer ihr seid, was ihr tut und warum ihr es tut, ich kann euch nicht einfach vertrauen, nach allem, was ich über euch gehört habe!", antwortete ich schliesslich.

„Das können wir dir ja alles erklären Luke! Ich bin sicher, dass wir einen Platz für dich finden!"

„Und wenn nicht? Wie es scheint, hast du mich gegen die Regeln deines „Chefs" befreit. Ich will nicht wissen was passiert, wenn er das erfährt und erst recht nicht warum er das überhaupt befohlen hat!", meinte ich.

Sam erwiederte nichts.

Nach einiger Zeit sagte er dann: „Du wirst fliehen müssen Luke. Ohne unseren Schutz hast du keine Chance!"

Ich wusste auch, dass es schwer werden würde, doch ich war schon immer gut im Überleben gewesen. Ich würde es schaffen. Auch ohne die Rebellen.

„Ich weiss", sagte ich deshalb nur. „Wo fahren wir hin?"

„In unser Hauptquartier", antwortet Sam. „Ich kann Dich nicht dorthin mitnehmen, wenn du dich uns nicht anschliessen willst!"

„Gut", sagte ich, „Dann werde ich gehen!"

Sam zögerte einige Augenblicke. Dann sagte er: „Also gut. Ich lasse uns etwas zurückfallen. Wenn wir ganz hinten sind, springst du raus und ich fahre weiter. Mir fällt schon etwas ein, um es zu erklären! Dann bist du auf dich alleine gestellt"

„Danke", meinte ich und senkte den Kopf. Sam nickte und verlangsamte das Tempo. Links und rechts fuhren einige Autos an uns vorbei, bis wir schliesslich die letzten in der Reihe waren. Es war Zeit, sich zu verabschieden.

„Na dann! Viel Glück, Luke!"

Ich nickte. „Vielen Dank für alles!" Dann öffnete ich die Tür einen Spalt breit, woraufhin Sam noch langsamer wurde, damit ich hinausspringen konnte. „Man sieht sich!", rief Sam mir hinterher, als ich mit einem grossen Satz in den harten Sand sprang. Bevor ich etwas erwidern konnte, raste der Pickup davon und liess nur eine dichte Staubwolke zurück.

Ich lief nun schon seit etwa einer Stunde und kam Fire immer näher. Mir war klar, dass ich mit meiner Gefangenenuniform und meinem seit dem grossen Skandal ziemlich bekannten Gesicht nicht einfach so durch die Haupttore spazieren konnte. Doch ebenso wenig könnte ich hier draussen in der Wüste bleiben.

Nachdem sich die letzten Wolken gelichtet hatten und die ersten Sonnenstrahlen über die grossen Schatten der Hauptstadt fielen, sah ich die riesige Festung nach mehreren Monaten endlich wieder.

Die gigantische Mauer, die sich um Fire zog, glänzte in einem hellen Silber. Nur das grosse, doppelflüglige Haupttor war in schwarz gehalten. Die hohen Gebäude der Stadt ragten weit in den Himmel und spiegelten sich im ersten Licht des Morgengrauens. In Spiralen zogen sich kleine Gärten um die Hochhäuser, die aus der Ferne wie grüne Lichtstrahlen aussahen, die sich um die Bauten wanden. Die rötlichen Türme der Garde ragten wie Pfeiler aus der undurchdringlichen Mauer und zogen sich weit in den Himmel.

Die Stadt war aus glänzendem Metall, Spiegeln und Glas erbaut und blendete mich mit ihrem Glanz und ihrer Schönheit. Nach der Hitzewelle vor zwanzig Jahren, also einige Zeit vor meiner Geburt, war einerseits zwar die Temperatur stark gestiegen, aber schlimmer war der geringe Sauerstoffgehalt und die niedrige Luftfeuchtigkeit. Dies erschwerte das Atmen deutlich. Fire mit ihren unzähligen kleinen Grasflächen an den Gebäuden, den Gärten auf den Dächern und den sorgfältig gepflegten Grünflächen schuf jedoch eine saubere Atemluft, in deren Genuss ich nun nach langer Zeit endlich wieder kommen könnte.

Fire war alles in allem ein Wunder, erschaffen aus der Asche der gefallenen Städte. Doch natürlich konnten nicht alle dort leben. Ausserhalb von Fire hatten sich acht weitere Kolonien gebildet, die vom Erfolg dieser Stadt kein Stück profitieren konnten und durch deren Erschaffung sogar alles verloren hatten.

Fire mochte wunderschön sein und einen perfekten Lebensort für jeden Bewohner bieten. Doch es war nur eine Kulisse, die verbarg, welche Opfer und Verluste dahintersteckten, wie viele Menschen dadurch alles aufgeben mussten, und vor allem wie viele ausserhalb der Stadt ums Überleben kämpfen mussten. Auch mir war erst klar geworden, welch ein Glück ich hatte, in ihr aufzuwachsen, als ich längst nicht mehr dort lebte. 

Der Krieg der RebellenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt