Die Wochen vergehen, und trotz aller Bemühungen hat sich an Richards Verhalten nichts geändert.
Er bleibt in seiner Trauer gefangen und weigert sich, die Hilfe anzunehmen, die dir so wichtig erscheint.
Die Therapie hat kaum einen Effekt auf ihn, und du fühlst, wie die Enttäuschung und Frustration in dir wachsen.
Du hast viele schlaflose Nächte damit verbracht, über die Entscheidung nachzudenken.
Der Gedanke an eine Scheidung fühlt sich wie ein schwarzes Loch an, das alles in dir aufzehrt.
Doch je mehr du darüber nachdenkst, desto klarer wird dir, dass du nicht länger in einer Beziehung bleiben kannst, die dich nicht mehr erfüllt.
Eines Abends sitzt du in eurem Wohnzimmer, umgeben von Erinnerungen an bessere Zeiten. Die Bilder von Leo an der Wand scheinen stumm zuzusehen, während du dir überlegst, wie du die Wahrheit zu Richard bringen kannst.
Als er nach Hause kommt, spürst du sofort die angespannte Atmosphäre.
Richard sieht müde aus, und seine Augen sind leer.
„Hi", sagt er, ohne wirklich hinzusehen.
„Wir müssen reden", sagst du, deine Stimme fest. „Es ist wichtig."
Er setzt sich, und du bemerkst das Unbehagen in seinen Bewegungen.
„Was gibt es?"
„Ich kann nicht mehr so weitermachen", sagst du, während dein Herz schlägt.
„Wir haben uns beide verändert, und ich glaube nicht, dass wir die Beziehung, die wir einmal hatten, zurückbekommen können."
Richard sieht dich an, und du siehst den Schmerz in seinen Augen.
„Willst du mir wirklich sagen, dass du gehen willst?"
„Es ist nicht nur ich, Richard. Es ist auch du. Du bist immer noch in deiner Trauer gefangen, und ich fühle mich allein und verloren", sagst du, während die Tränen dir in die Augen steigen.
„Ich kann nicht einfach so tun, als wäre alles in Ordnung", antwortet er, die Wut blitzt kurz auf. „Ich habe verloren, und ich weiß nicht, wie ich weitermachen soll."
„Ich verstehe das. Aber ich kann nicht die ganze Last tragen. Ich habe auch gelitten, und ich kann nicht weiterleben, wenn du nicht bereit bist, dir zu helfen", sagst du, deine Stimme bricht.
„Was schlägst du vor?", fragt er, und die Verzweiflung ist deutlich zu spüren.
„Ich denke, dass es am besten wäre, wenn wir uns scheiden lassen", sagst du und spürst, wie die Worte wie Steine aus deinem Mund rollen.
„Es ist nicht das, was ich mir gewünscht habe, aber ich glaube, es ist das Beste für uns beide."
Richard starrt dich an, als wäre er ins Gesicht geschlagen worden.
„Du kannst nicht einfach alles aufgeben! Was ist mit unseren Erinnerungen?"
„Die Erinnerungen sind da, aber sie können uns nicht mehr retten. Wir haben versucht, die Dinge zu ändern, aber wir sind beide nicht bereit dafür", sagst du, das Gefühl der Traurigkeit überwältigt dich.
„Ich habe Angst, dich zu verlieren", sagt er leise, und du siehst, wie die Tränen über sein Gesicht laufen.
„Ich habe auch Angst", sagst du, während du dich bemühst, deine eigenen Tränen zurückzuhalten. „Aber ich kann nicht in einer Beziehung leben, in der ich mich allein fühle."
Die Stille zwischen euch wird erdrückend.
Du weißt, dass dies der richtige Schritt ist, aber der Gedanke, ihn zu verlieren, bricht dir das Herz.
„Ich werde kämpfen", sagt er schließlich, aber du spürst, dass seine Stimme nicht überzeugt ist.
„Es ist nicht genug, Richard. Du musst die Entscheidung treffen, dich selbst zu ändern", antwortest du.
„Ich kann nicht länger warten."
Er blickt zu Boden, und du siehst, wie die Realität in ihm einsickert.
„Wann... wann wird das offiziell?"
„Ich werde einen Anwalt kontaktieren", sagst du. „Ich möchte, dass wir das so fair und respektvoll wie möglich angehen."
Die nächsten Tage sind voller Unsicherheit.
Du beginnst, die notwendigen Schritte für die Scheidung einzuleiten, und jeder Schritt fühlt sich an wie ein weiterer Schmerz.
Richard ist oft still und zurückgezogen, und du spürst, dass auch er mit der Situation kämpft.
Schließlich kommt der Tag der ersten Anhörung. Du bist nervös, als du ins Gericht gehst, und die Gedanken an die Vergangenheit überfluten dich. Das Leben, das ihr einst geteilt habt, scheint in einem anderen Universum stattgefunden zu haben.
Als ihr vor dem Richter steht, wird dir klar, dass dies der endgültige Schritt ist.
Der Richter stellt Fragen, und du beantwortest sie so ruhig wie möglich, während Richard neben dir sitzt, sein Gesicht ausdruckslos.
Nach der Anhörung verlässt du das Gericht mit einem schweren Herzen.
Es fühlt sich an, als würdest du einen Teil von dir zurücklassen.
In den Wochen nach der Anhörung versuchen Richard und du, die Dinge so reibungslos wie möglich zu gestalten.
Es gibt Momente, in denen ihr anfangt zu reden, Erinnerungen teilt, die sowohl schön als auch schmerzhaft sind.
Doch jeder Austausch erinnert dich daran, dass die Verbindung, die einst so stark war, nun zerbrochen ist.
Eines Abends, als du alleine in der Wohnung sitzt, kommt Richard zu dir.
„Kann ich noch einmal mit dir reden?"
Du nickst, und er setzt sich neben dich.
„Ich möchte, dass du weißt, dass ich das nicht leichtfertig tue. Ich hätte alles gegeben, um Leo zurückzubekommen."
„Ich weiß, und ich auch", sagst du, die Tränen steigen dir wieder in die Augen.
„Aber es ist wichtig, dass wir beide jetzt für uns selbst sorgen."
Er nickt langsam.
„Ich hoffe, dass wir irgendwann Frieden finden können – egal, wo das Leben uns hinführt."
„Das hoffe ich auch", sagst du, und für einen kurzen Moment gibt es einen Funken von dem, was einst war.
Als die Tage vergehen und die Scheidung offiziell wird, spürst du ein Gefühl der Erleichterung, aber auch des Verlustes.
Es ist der endgültige Schlussstrich unter eine gemeinsame Geschichte, die voller Liebe und Trauer war.
Du weißt, dass der Weg vor dir steinig sein wird, aber tief in deinem Herzen gibt es die Hoffnung auf einen Neuanfang – für dich selbst und für Richard.
Auch wenn die Verbindung zu ihm nun in eine andere Richtung führt, bleibt die Erinnerung an Leo ein Teil eurer beiden Geschichten.
