-Fünf-

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~Julia~

Früher, am gleichen Tag

Am Morgen wurde ich von meinem Wecker aus dem Schlaf gerissen und erinnerte mich sofort, was gestern passiert war. Ich bemühte mich, meine Tränen zurückzuhalten und stand seufzend auf. Ich fühlte mich schlapp und wie ausgesaugt, doch schleppte mich trotzdem ins Bad.

Ich ging bald nach unten, frühstückte etwas und wollte gerade losgehen, da hörte ich ein Geräusch aus dem Labor, es hörte sich an, als wenn etwas runtergefallen war. Ich überlegte, ob ich nachschauen sollte, doch entschied, mich nicht mehr um die Angelegenheiten von meinem Vater zu kümmern.

Um ehrlich zu sein, fühlte ich mich gerade gar nicht mehr, wie die Tochter der Zahnfee, sondern einfach nur noch fremd, das Haus, in welchem ich schon so viel Zeit meines Lebens verbracht hatte, kam mir unnormal vor, als hätte ich es noch nie gesehen. Klar, ich wusste, dass ich nicht seine leibliche Tochter war, doch ich hatte mich bei ihm immer zuhause gefühlt. Jetzt waren alle diese Gefühle auf einmal verblasst.

Ich schob lustlos die Tür auf und machte mich auf den Weg zur Schule. Ich brachte meinen Tag hinter mich und jedes Mal, als ich David sah, fühlte es sich an, als ob mein Herz mit hunderten Dolchen erstochen wurde. Mir war selber bewusst, ich durfte nicht mit ihm reden, doch das machte es nicht unbedingt einfacher.

Nach meinem, heute erstaunlich kurzem Tag, ging ich wieder nach Hause.

„Ich hab keinen Hunger", antwortete ich Minty, als sie mir gerade essen machen wollte.

„Du solltest etwas Essen. Soweit ich aus den letzten Jahren etwas gelernt habe, ist es, dass man nach einem Schultag viel Energie verloren hat, darum sollte man essen"

„Ja, aber wenn ich keinen Hunger habe, habe ich keinen Hunger. Du musst echt noch was über menschliche Bedürfnisse lernen"

Ich trottete die Treppen hoch, in mein Zimmer und setzte mich sofort an meinen Schreibtisch. Das lernen lenkte mich von dem Fakt ab, das ich wirklich darüber nachdachte von hier wegzulaufen. Ich wollte es nicht, tief in meinem inneren liebte ich meinen Vater doch, genauso wie dieses Hotel.

Ich verzweifelte aber am lernen, ich hatte das Gefühl, heute funktionierte einfach gar nichts mehr. Ich legte mich auf mein Bett und zückte mein Handy hervor. Ich öffnete Instagram und suchte mir das Profil vom Osterhasen raus.

In all den Jahren hatte ich ihn noch nie gesehen und noch nie mit ihm gesprochen, da mein Vater sagte, er wäre „etwas" kompliziert. Ich hatte ihm vertraut, da er seine Geschwister besser kannte als ich, doch ich war bereit diese Konversation einzugehen.

Vermutlich wollte ich gerade nur jemanden, der die Zahnfee hasste, um meinen Frust rauszulassen, aber das wollte ich mir nicht eingestehen. Ich öffnete den Chat und überlegte bestimmt fünfzehn Minuten, wie ich mich am besten ausdrücken sollte.

Hey, hier ist Julia.

Du kennst mich wahrscheinlich nicht, da du keinen Kontakt mehr zu meinem Vater hast. Rhun hat mich vor knapp fünfzehn Jahren bei sich aufgenommen und seitdem bin ich bei ihm, doch gerade ist es etwas schwierig und ich bräuchte jemanden zum reden. Was ich eigentlich damit sagen, beziehungsweise fragen will ist, ob wir uns vielleicht einmal treffen können. Es ist natürlich auch in Ordnung, wenn du beschlossen hast nichts mehr mit meinem Vater zu tun zu haben.

VG Julia.

Ich wusste nicht, ob ich mit dieser Nachricht so richtig zufrieden war, aber es brachte jetzt auch nichts tausend Stunden über diesem Text zu sitzen und ihn umzuschreiben, also drückte ich einfach auf absenden und hoffte auf eine schnelle Antwort. Ich setzte mich wieder an den Lernstoff und vergaß die Zeit, plötzlich vibrierte mein Handy neben mir. Der Osterhase hatte mir geantwortet. Doch nicht so, wie ich es erwartet hatte, es stand eine Adresse und dann noch:

Die Tochter der Zahnfee | Eine Julien Bam Fan FictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt