'Es ist ein sonniger Tag. Das Licht fällt golden durch die Baumkronen, und ich höre das leise Rauschen vom Wind, der die Blätter zum tanzen bringt. Ich renne über eine Wiese, spüre das kühle Gras unter meinen Füßen. Mein Vater läuft neben mir, nimmt mich an die Hand und dreht sich lachend mit mir im Kreis. Wir lachen beide, ein echtes Lachen, das aus dem Herzen kommt.
Weiter hinten sehe ich meine Mutter. Sie sitzt auf einer Picknickdecke, ihre Augen strahlen, ein Buch in der Hand während sie uns zuwinkt. Die Stadt in der Ferne ist friedlich, warm, als könne mir hier nie etwas Böses geschehen. Ich fühle mich sicher, geliebt und geborgen. Eine glückliche kleine Familie.
Das noch so schöne Licht verblasst aufeinmal. Der Himmel verliert sein strahlendes Blau, wird grau, Wolken ziehen auf, und die Wärme verschwindet, als ob jemand einen Schalter umgelegt hat. Die Farben verblassen, die Stimmen meiner Eltern werden leiser, und ich spüre, wie eine Kälte in mir aufsteigt.'
Mit einem Ruck wache ich auf. Der Traum verschwindet wie Rauch, und die Kälte meines Zimmers schlägt mir ins Gesicht. Ich muss schlucken, während ich die Leere in mir spüre, die der Traum hinterlassen hat. Für einen Moment lasse ich die Stille des Zimmers auf mich wirken.
Ich spüre die vertrauten Tränen auf meinen Wangen. Wie oft habe ich mir gewünscht, dass alles wieder so wird wie früher. Ich wische mir die Tränen weg, halte kurz inne. Ich musste stark sein. Bald werde ich 18. Das ist mein Licht am Ende des Tunnels. Der einzige Gedanke, der mich aufrecht hält. Dann werde ich endlich gehen können, ein eigenes Leben beginnen, weit weg von hier. Raus aus der Stadt und raus aus diesem verkorksten Leben. Ein Ort, an dem ich nicht ständig Angst haben muss. Einen der nur mir gehört und ich mich sicher fühlen kann. Ein Ort voller Geborgenheit.
Ich zwinge mich, aufzustehen. Meine Muskeln schmerzen, und ich spüre jeden blauen Fleck, jedes Mal, wenn ich mich bewege. Mein Blick fällt auf den Spiegel neben meinem Bett, und ich starre kurz auf die immer noch blasse, gequälte Gestalt, die mir daraus entgegenblickt. Blasse Haut, Augenringe und blaue Flecken, welche fast verblasst sind. Ich senke schnell den Blick, nicht fähig mich selbst anzusehen.
Als ich das Schlafzimmer verlasse, höre ich aus der Küche die Geräusche, die meine Mutter macht, während sie das Frühstück vorbereitet. Ich weiß, dass sie mich bemerkt, aber sie sagt nichts, wie jeden Morgen. Kein „Guten Morgen", kein einziges Wort. Sie sieht weg, so wie immer.
Erleichtert stelle ich fest, dass mein Stiefvater bereits zur Arbeit gegangen ist. Wenigstens das bleibt mir heute früh erspart. Schnell schnappe ich meine Tasche und gehe nach draußen. Die kalte Morgenluft umfängt mich. Während ich in Richtung Schule gehe, atme ich tief ein und versuche, die Kälte irgendwie zu genießen.
Der Gedanke an die Schule liegt schwer auf mir, aber ich halte mich an einem kleinen Funken Hoffnung fest. Noch ein paar Monate, dann habe ich es geschafft. Dann bin ich 18 und kann hier weg. Soweit weg, wie nur möglich.
_______________________________________
Hier ist ein kürzeres Kapitel, indem ihr einen Einblick in die Vergangenheit von Talia bekommt.
Ich hoffe euch gefällt das Buch bis jetzt. 🥰
DU LIEST GERADE
In the Shadows of Darkness
DiversosIn einer Welt voller Schatten der Vergangenheit kämpft Talia um ihr Überleben. Gefangen zwischen den Wänden von ihrem Zuhause wird Sie Misshandelt. Nicht nur Zuhause auch von den Blicken ihrer Mitschüler ist Sie nicht sicher. Dabei sucht sie nur ver...