Kapitel 3

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Die Tage im Fahrerlager liefen wie eine gut geölte Maschine, und langsam lernte ich, mich im hektischen Treiben der Formel-1-Welt zu bewegen. Zwischen Pressekonferenzen, Fahrerinterviews und Sponsoren-Meetings hielt ich mich meistens im Hintergrund, beobachtete die kleinen Spannungen und Dynamiken, die zwischen den Fahrern herrschten. Jeder hatte seinen eigenen Rhythmus, seine Eigenheiten, und mein Job brachte mich näher an diese Welt heran, als ich es mir je hätte vorstellen können.

George und ich verbrachten immer mehr Zeit zusammen. Er war auf eine sehr entspannte Weise mein „Anker" im Team geworden. Wir lachten viel, machten Scherze über die intensiven Medienauftritte, die manchmal alles andere als glamourös waren, und ich begann mich zu fragen, wie ich all das hier ohne ihn überstanden hätte.

Eines Nachmittags nach einem Training saß ich mit George und Carlos Sainz, dem Fahrer von Ferrari, in der Mercedes-Lounge. Carlos war charmant und hatte eine entspannte, aber doch zielstrebige Art. Er strahlte etwas Bodenständiges aus, was in dieser oft lauten und schnellen Welt der Formel 1 angenehm beruhigend war. „Also, Harper, wie gefällt dir die Arbeit als PR-Managerin? Immerhin muss man bei Mercedes einiges aushalten", fragte Carlos und grinste dabei. „Oh, ich glaube, ich schlage mich bisher ganz gut", antwortete ich lächelnd. „Es ist definitiv eine Herausforderung, aber ich finde es aufregend. Jeder Tag bringt etwas Neues." Carlos nickte und sah mich nachdenklich an. „Es braucht wirklich eine starke Person, um diesen Job zu machen. Gerade in dieser Welt, in der alles auf Perfektion ausgerichtet ist." George lachte und schlug mir freundschaftlich auf die Schulter. „Harper ist eine Kämpferin. Ich glaube, sie könnte sogar hier auf der Strecke mit uns konkurrieren, wenn sie wollte." „Das glaube ich sofort", antwortete Carlos mit einem freundlichen Lächeln, und ich spürte, wie das Vertrauen, das die beiden mir entgegenbrachten, mich ermutigte.

In dem Moment bemerkte ich, dass Lando am anderen Ende der Lounge stand und uns aus den Augenwinkeln beobachtete. Seine Kälte mir gegenüber hielt an, und ich spürte, dass er mich aus irgendeinem Grund mied. Ich wollte mir das nicht anmerken lassen, versuchte mich wieder auf das Gespräch mit George und Carlos zu konzentrieren, doch Lando blieb in meinem Bewusstsein hängen.





Nach einem langen Arbeitstag voller Meetings und Vorbereitungen stand der Abend für uns alle im Zeichen einer Feier – ein zwangloses Zusammentreffen des Mercedes-Teams mit ein paar Fahrern aus anderen Teams. Die Atmosphäre war entspannt, die Musik spielte leise im Hintergrund, und ich beschloss, dass es Zeit war, den Stress abzuschütteln und das Ganze einfach zu genießen.

Mia, eine Freundin aus meinem Team, tauchte bald auf und begrüßte mich mit einer herzlichen Umarmung. „Ich habe das Gefühl, du bist schon komplett in der Formel 1 angekommen", sagte sie lachend, während sie mir ein Glas in die Hand drückte. „Sagen wir, ich lerne jeden Tag dazu", antwortete ich und stieß mit ihr an.

Im Laufe des Abends stieß auch Charles zu uns und flirtete charmant, wie es seine Art war. Er plauderte mit mir über die Rennen, das Leben im Fahrerlager und darüber, wie ich es als „Tochter von Toto Wolff" aushalte, selbstständig meinen Platz zu finden. Es war ein lockeres Gespräch, und ich merkte, wie wohl ich mich in seiner Nähe fühlte. Charles verstand es, mich zum Lachen zu bringen und die schwere Atmosphäre, die manchmal über den Fahrern lag, zu lockern.

Während wir redeten, bemerkte ich wieder Lando, der uns aus einiger Entfernung beobachtete. Er wirkte nachdenklich, fast so, als hätte er etwas auf dem Herzen, doch ich entschied, mich nicht weiter mit ihm zu befassen. Stattdessen ließ ich mich von Charles' freundlicher Art ablenken und genoss die Unbeschwertheit des Abends. „Weißt du, Harper", sagte Charles schließlich leise, „du bist wirklich anders als die meisten Leute, die hier arbeiten. Du siehst die Menschen wirklich, nicht nur ihre Rollen im Team."

Ich lächelte verlegen und wusste nicht genau, wie ich darauf antworten sollte. In diesem Moment kamen Mia und George zu uns, und das Gespräch nahm eine lockerere Wendung. Wir lachten, tranken und vergaßen für eine Weile, dass wir uns inmitten des intensiven Formel-1-Lebens befanden.

Doch als der Abend weiter fortschritt und ich mich von den Eindrücken und dem Alkohol ein wenig mitreißen ließ, kam es zu einer unvorhergesehenen Begegnung. Ich war gerade auf dem Weg zur Bar, als ich an Lando vorbeiging. Er hielt mich unvermittelt am Arm fest, und seine Augen funkelten kalt. „Genießt du deine Zeit hier mit Leclerc?" fragte er mit einem spöttischen Unterton. Überrascht sah ich ihn an. „Was geht dich das an, Lando? Ich verstehe nicht, warum du so feindselig bist." Er ließ meinen Arm los und sah mir fest in die Augen. „Nur weil du die Tochter von Toto bist, heißt das nicht, dass du dir hier alles erlauben kannst. Das hier ist kein Spielplatz."

Seine Worte trafen mich härter, als ich erwartet hatte, und für einen Moment wusste ich nicht, was ich antworten sollte. „Ich bin hier, um meinen Job zu machen, nicht, um mir deinen Respekt zu verdienen", entgegnete ich schließlich und versuchte, ruhig zu bleiben.

Es war, als würde ich in ein Feuer blicken, das tief in ihm loderte. Er musterte mich, sein Gesichtsausdruck kühl, doch seine Augen sprachen von einer seltsamen Wut oder vielleicht auch Eifersucht, die ich nicht ganz begreifen konnte. „Lando, ich weiß nicht, was du gegen mich hast", sagte ich ruhig. „Aber ich habe keine Lust, mich ständig damit auseinandersetzen zu müssen." Er zuckte mit den Schultern, als sei das alles nichts von Bedeutung. „Mach, was du willst, Harper. Ich bin nur überrascht, wie schnell du dich hier wohlfühlst."

Die Bemerkung traf mich, und ich spürte, wie sich eine Mischung aus Wut und Traurigkeit in mir breit machte. Wieso urteilte er so über mich, ohne mich wirklich zu kennen? Aber ich wollte mich nicht weiter in diese unnötige Spannung mit ihm hineinziehen lassen.

Mit einem letzten Blick drehte ich mich um und ging zurück zu den anderen, die immer noch lachten und feierten, als sei die Welt perfekt. George sah mich besorgt an, doch ich schüttelte nur leicht den Kopf und versuchte, ihm zu signalisieren, dass alles in Ordnung war.

Ich verbrachte den Rest des Abends damit, mit Charles und George zu reden, und versuchte, Lando aus meinen Gedanken zu verbannen. Charles spürte meine Anspannung und nahm mich ein wenig zur Seite, um mit mir über das Renngeschehen, die Dynamik im Fahrerlager und die Welt abseits der Formel 1 zu sprechen. Es tat gut, mich für ein paar Stunden einfach abzulenken und in die lockere, charmante Art von Charles einzutauchen.

Später am Abend, als die Feier ihren Höhepunkt erreichte und die meisten Leute sich auf die Tanzfläche wagten, ließ ich mich von Charles mitziehen. Wir tanzten und lachten, und für einen Moment vergaß ich die Spannungen, die mich umgaben. In seiner Nähe fühlte ich mich leicht und unbeschwert, wie lange nicht mehr.

Doch plötzlich fiel mein Blick wieder auf Lando, der mich mit einem grimmigen Ausdruck beobachtete. Seine Augen verengten sich, als er sah, wie Charles mich an der Hand hielt und wir lachend über die Tanzfläche schwebten. Ich wusste nicht, was es bedeutete, aber in mir flackerte ein seltsames Gefühl auf – vielleicht eine Mischung aus Nervosität und Trotz.

Schließlich endete der Abend, und wir verabschiedeten uns alle voneinander. Charles begleitete mich bis zur Tür und hielt mich einen Moment zurück. „Harper...", sagte er leise, „falls du irgendwann reden möchtest oder einfach jemanden zum Reden brauchst – ich bin da." Ich lächelte dankbar und spürte eine leise Wärme in mir aufsteigen. „Danke, Charles. Das bedeutet mir viel."

Als ich dann alleine auf mein Zimmer zuging, sah ich Lando am Ende des Korridors stehen, die Arme verschränkt und den Blick auf den Boden gerichtet. Es war fast, als hätte er auf mich gewartet. Doch als ich an ihm vorbeiging, sagte er nichts. Kein einziges Wort. Ich schüttelte den Kopf, entschlossen, mich nicht weiter von ihm verunsichern zu lassen, und verschwand in meinem Zimmer.

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