Verloren

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Er war gefährlich. Er würde seine Brüder immer wieder verletzten. Seine Seele war dunkel, er würde nur Finsternis über seine Brüder bringen. Er musste sich von seinen Brüdern fernhalten.

In der Rhun Angst hat seine Brüder zu verletzen. 

Viel Spaß beim lesen <3

Der Regen prasselte sanft gegen das Fenster und zog lange, schlierenartige Muster auf der kalten Scheibe. Rhun saß in seinem alten Sessel, ein Glas Wein in der Hand und starrte in die Dunkelheit. Der Raum war still und nur das monotone Trommeln des Regens füllte die Leere. Er ließ seinen Kopf zurücksinken und schloss die Augen. Bilder tauchten vor ihm auf – Erinnerungen an eine Zeit, die längst vergangen war.

Damals, im Kloster, waren sie alle noch zusammen gewesen, seine Brüder und er. Klaus, Fips, Zeke, Eos und Rhun. Sie hatten gelacht, gespielt und manchmal gestritten. Klaus hatte oft versucht, die Streitereien zu schlichten, besonders wenn Zeke Fips mal wieder geärgert hatte. Trotzdem war es keine einfache Zeit gewesen, sie hatten viele mit Leid gefüllte Stunden im Keller des Klosters verbracht, von den Nonnen für Experimente genutzt. Diese Erlebnisse hatten Wunden hinterlassen, die nie ganz geheilt waren, es gab noch immer Narben, die seine Seele schmückten.

Rhun erinnerte sich noch immer an die Momente, in denen er das Glück hatte, nicht für ein Experiment ausgewählt zu werden, nur um danach tiefe Schuldgefühle zu spüren, wenn er spät abends noch nach seinen Brüdern schauen wollte und Schreie im kühlen Flur zu hörte.

Er erinnerte sich noch genau daran, wie Klaus die Strafe, die eigentlich ihm galt auf sich genommen hatte und von den Nonnen mit sich genommen wurde. Rhun sah Klaus' blasses, schweißnasses Gesicht noch vor sich, als er spät in der Nacht ins Zimmer zurückkehrte und einfach auf sein Bett fiel, ohne ein Wort zu sagen. Rhun hatte nie erfahren, was die Nonnen mit ihm gemacht hatten. Klaus hatte nur gesagt: „Ein großer Bruder sollte seine kleinen Brüder schützen."

Seit jenem Vorfall hatte Rhun sich nie wieder aus dem Kloster geschlichen, er könnte es nicht noch einmal ertragen, der Grund dafür sein, dass Klaus verletzt würde.

Er war gefährlich. Er würde seine Brüder immer wieder verletzten. Seine Seele war dunkel, er würde nur Finsternis über seine Brüder bringen. Er musste sich von seinen Brüdern fernhalten.

In diesen Stillen Momenten, wenn keiner seiner Anstellten anwesend war, spürte Rhun diese Dunkelheit in ihm, diese Präsenz, die er nicht ganz verstand, die aber immer da war.

Dark.

Es fühlte sich an, wie eine Dunkle Wolke, die sich zu jeder Zeit um ihn befand, wie ein Parasit, der sich schon vor Ewigkeiten in seinem Kopf eingenistet hatte und ihn nun langsam von innen heraus auffrass.

Rhun konnte Dark nicht entkommen. Er hatte es schon oft genug versucht, verschiedenste Alchemie angewandt, doch nichts.

Dark war hartnäckig es war, als würde er darauf warten, den richtigen Moment abzupassen, um hervorzubrechen, wie ein Sturm, der sich langsam am Horizont zusammenbraut. In diesen stillen Momenten, während der Regen gegen das Fenster trommelte, spürte Rhun die Angst in sich aufsteigen. Die Dunkelheit war nicht nur ein Teil von ihm; sie war sein ständiger Begleiter, ein Schatten, der ihn erdrückte.

Rhun nahm einen tiefen Schluck aus seinem Glas.

Könnte er überhaupt irgendwas tun, bevor Dark ihn vollständig verschlungen hat?

Sollte er seinen Brüdern davon erzählen oder sollte er den Kontakt weiterhin vermeiden?

Mit einem Seufzen stellte er das Glas ab und stand auf. Die Nacht war jung, und es gab Arbeit zu erledigen. Als Zahnfee war es seine Aufgabe, die Zähne der Kinder einzusammeln, die sie unter ihr Kopfkissen gelegt hatten. Es war sowohl ein Fluch als auch ein Segen. Es war der einzige Sinn, den er in seinem Leben fand, die einzige Möglichkeit, Freude zu bringen, auch wenn die Dunkelheit seine Seele bereits ergriffen hatte. Diese Arbeit gab ihm einen letzten Halt, einen Zweck – doch er belastete seinen Körper damit.

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