Kapitel 5 | Alice Keytel

3 1 0
                                    

Als ich die Haustür zu meiner Wohnung aufschloss, ich hatte nicht einmal die Post für meinen Laden durchgesehen. Ich wollte einfach nur die Tür hinter mir zu ziehen und meine Ruhe haben. Alles Vergessen und hinter mir lassen. Leichter gesagt als getan, denn immer wenn ich die Augen schloss, sah ich Viktor mit aufgeschlitzter Kehle vor mir. Die letzten Tage waren wirr und wie im Traum verlaufen, was ich nun umso mehr spürte, nachdem ich in meine eigenen vier Wände zurückgekehrt war. Man hatte mich als Zeugen verhört. Ich weiß nicht mehr genau, was ich der Polizei gesagt hatte, aber vermutlich alles, was ich wusste. Viel war es ohne hin nicht. Ich erzählte davon, dass Viktor mich angerufen hatte und mich in die wegen eines Buchs in die Stadt geholt hat. Davon, dass er es bei unserem kurzen Treffen als Missverständnis dargestellt hatte und wie er gesagt hatte, ich solle verschwinden. Auf die Frage, von welchem Buch die Rede gewesen sei, zuckte ich nur mit den Schultern und sagte, ich hätte es nie zu Gesicht bekommen. . Ich erzählte ihnen sogar von dem seltsamen Kerl, der mich beim Essen gestört hatte. Die junge Polizistin notierte sich alles gewissenhaft und verlangte nach meiner Nummer und Anschrift. Ich hatte noch zwei weitere Tage in der Stadt bleiben müssen, aber schlussendlich fand die Polizei nichts heraus und man erlaubte mir, nach Hause zu reisen.

Um so besser war es jetzt, als ich den wirklich den beruhigenden Geruch meiner eigenen vier Wände roch. Auch wenn ich keinen großen Appetit hatte, so musste ich etwas essen. Auch die letzten Tage waren ein Kampf gewesen, ich hatte fast nicht herunter würgen können. Deswegen hatte ich mir auf dem Heimweg eine Pizza von Marcello geholt. Die ging normalerweise immer. Um mich selbst zu bestechen, war es sogar meine Lieblingssorte. Diavolo, mit scharfer Salami, Peperoni und extra für mich, ein paar Kapern.

Ich setzte mich auf mein Sofa und atmete erst einmal durch. Ich zappte durch die Kanäle des Fernsehprogramms, bis ich schlicht bei den Nachrichten stecken blieb. Abgesehen von Kochshows und Talkshows hatte ich einen langweiligen Action- und zwei Liebesfilme entdeckt und nichts davon wollte ich sehen. Ich hielt mich an meine eigene Maxime, wenn Hollywood mich verlassen hat, dann richtete es Phönix oder NTV mit einer Reportage.

Ich aß fast die halbe Pizza Diavolo und den kleinen Salat, den mir Marcello einmal mehr ungefragt mitgegeben hatte. Auch wenn ich es ihm gegenüber nie zugeben würde, aber der Salat war eine gute Idee gewesen. Er schmeckte mir fast besser als die Pizza. Ich klappte den Deckel des Pizzakartons zu, ich würde diesen später einfach in den Kühlschrank stellen und schob mit den Fuß den kleinen Couchtisch etwas nach hinten. Ich folgte einer Sendung nach der anderen, ohne wirklich hinzusehen. Irgendwann schlief ich ein und wachte mitten in der Nacht wieder auf. Der Couchtisch wurde spärlich vom Licht des Fernsehers beleuchtet. Ich gähnte, schaltete den Fernseher aus und torkelte schläfrig durch die Wohnung zu meinem Bett, um hoffentlich noch einige Stunden mehr zu schlafen. Die letzten Meter musste ich mich regelrecht den Gang entlangschleppen. Wie konnte man nur so müde und ausgezehrt sein? Vom Schlafen auf der Couch fühlte ich mich zudem unendlich verspannt. Dankbar ließ ich mich in mein Bett fallen und schlief fast sofort wieder an.

Kurz vor dem Morgengrauen schreckte ich aus einem Albtraum. Während mein Herz in meiner Brust hämmerte, klebte mein Shirt mir kalt am Rücken. Ich rang nach Atem. Die Bilder des Traums waren noch immer glasklar in meinem Verstand. Nichts verblasste. Ich hatte geträumt, dass ich Viktor getötet hatte, ehe ich mir das Buch schnappte und türmte. Kalter Schweiß lief mir den Nacken hinunter. Und auch wenn das an sich schon verstörend war, so jagte mir ein Detail noch viel mehr Angst ein. Es hatte sich gut angefühlt, das Buch in Händen zu halten. Selbst jetzt spürte ich noch das alte Leder in meinen Fingern und wie es sich langsam erwärmte. Es schien zu pulsieren und rief nach mir.

Nikolai. Nikolai ...


Es war wie damals gewesen, als ich die Chroniken von Dunwich aufgeschlagen und gelesen hatte. Auch dort hatte ich die Macht der Wörter gespürt. Vielleicht war es diesmal noch schlimmer, da ich mir im Traum sicher war, wirklich ein altes Grimoire in den Händen zu halten. Ich fühlte noch immer das Gewicht des Buches in meiner Hand.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: a day ago ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

YOGGHOTH - Das verfluchte BuchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt