Kapitel 2

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Jetzt ist es also so weit. Ich stehe hier in meinem Zimmer, vor einer Stunde war es noch wie immer. Mittel groß mit Doppelbett und schwarz-weiß gehalten mit bunten Akzenten. Und jetzt? Jetzt ist es vollkommen leer, nur noch ein letzter Karton steht in der Mitte von meinem Zimmer. Überall dort, wo die Bilder von mir und meiner Familie, meinen besten Freunden und sonst für welchen hingen, sind jetzt weiße Flecken, die von der Tapete heraus stechen. So vollkommen leer wirkt das Zimmer riesig. In unserem neuen Haus bekomme ich zwar ein größeres, jedoch mag ich es lieber, wenn es klein und gemütlich ist. In meinem Zimmer ist der Fußboden aus grauem, flauschigem Teppich. Hinten in der rechten Ecke ist er rot verfärbt. Damals haben meine beste Freundin Rebecca und ich ein Mitternachtsritual gemacht, ihr wisst schon so vonwegen Geister beschwören und so. Nun ja, dafür wurde ein Krug Wein als Opfergabe gebraucht, aber da man als kleines 12-jähriges Mädchen noch keinen Wein bekommt, haben wir damals Traubensaft benutzt. Rebecca ist damals ein kleines Missgeschick passiert, als sie die Kerzen anzünden wollte. Ich glaube ihr könnt euch denken was passiert ist. Japp genau, sie hat den Ärmel ihres Prinzessinen Gewands angezündet und wie am Spieß geschriehen. Kurzer Hand hab ich dann den Saft genommen und ihr über den Arm geschüttet und da nun mal nicht alles in den Stoff einzieht, ist der Rest auf dem Teppich gelandet.

Ich ließ meinen Blick weiter durch das Zimmer schweifen. Da, an der Wand, ich musste lächeln, war immer noch die Einritzung von mir und John (meinem schwulen besten Freund). Meine Eltern und meine Schwester sind damals in den Urlaub gefahren. Kurzer Hand hab ich beschlossen eine Party mit ein paar Freunden zu veranstalten. Damals war ich 14, dass ist dann leider etwas ausgeartet, als ein Schulfreund mit einem Joint anfing. Falls ihr jetzt denkt, dass ich Drogen nehme, rauche oder ähnliches, dem ist nicht so. Das war damals so eine einmalige Sache. Also zumindest hatten wir alle ein bisschen was getrunken und gaben den Joint im Kreis herum. Irgendwann hatte dann jemand die Idee, seine Kumpels anzurufen und aus der kleinen Party wurde eine riesen Fete. Als ich ziemlich dicht war, genau wie John, damals war er noch hetero, fingen wir an rum zu machen und ritzten unsere Inizialien in den Putz. Nun ja am nächten Tag war alles verwüstet und ich hab eine menge Ärger bekommen. Falls ihr euch fragt, ob ich mit John geschlafen hab... Vergesst es, das wäre widerlich zwischen besten Freunden, damals wie heute!

Ich werde beide soo sehr vermissen. All die schöne gemeinsame Zeit mit ihnen. Sie werden mir so unglaublich fehlen.
Der letzte Karton im Zimmer beinhaltet die Bilder, die an der Wand hingen. Ich ging darauf zu, öffnete ihn und nahm die Fotos heraus. Einige von ihnen waren in einem Rahmen und andere einfach nur aus normalen Fotopapier. Auf dem obersten Bild sind wir drei im Freizeitpark in der Achterbahn und sehen total verstört und durchgenommen aus. Das zweite ist von meinem letzten Geburtstag, wir haben eine super Party gefeiert und diese coolen Partyhüte auf. Das nächste Bild sind meine Schwester und ich, wie wir in der Badewanne sitzen und wie es eigentlich jedes kleine Kind tut, mit dem Schaum lustige Fratzen machen. Ich legte das Bild zurück in die Kiste und griff nach dem Nächsten. Vor Schock viel es mir beinahe wieder aus der Hand. Das war Mattis, er hielt mich in seinen Armen, während wir küssend auf meinem Bett lagen.

Erneut lies ich den Blick durch mein Zimmer schweifen und entdeckte, was ich gesucht habe. Über dem Platz, wo vor einer Stunde noch mein Bett stand, war immer noch die Delle in der Wand. Ich war damals so naiv und hab mich auf ihn eingelassen. Das einzige, was ich dazu sagen möchte ist, dass es sehr wild war und er den Anstand hatte seine... Gewalt nicht an mir, sondern an der Wand auszulassen. Irgendwann ist mir klar geworden, dass er mich nur benutzt hat, und dann war auch bald Schluss. Schnell packte ich das Bild beiseite und schloss den Karton dann wieder. Dieses Bild soll nicht mit in mein neues Leben umziehen, genauso wenig wie der eine Mensch auf ihm.

Mit dem Bild unterm Arm und den Karton in der Hand, werfe ich einen letzten Blick in mein altes Zimmer. Jetzt ist es soweit. Neues Leben? Ich komme!

Auf der Treppe kam mir meine Mutter entgegen.
''Da bist du ja. Kann es los gehen?'' Ich nickte. Der letzte Moment in diesem Haus. Ich schaute noch einmals die Treppe rauf, bevor ich durch die Haustür trat und die Angel ins Schloss viel.

Plan BWo Geschichten leben. Entdecke jetzt