#9.1 Zouis

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Im 18. Jahrhundert, irgendwo in Frankreich.

Gelangweilt saß Louis auf seinem Platz. Der riesige Festsaal war mit allerlei Blumen geschmückt, überall hingen Girlanden, Stoffe und Kränze.
Die vielen Menschen standen dichtgedrängt aneinander, unterhielten sich, tranken und lauschten der Musik.
Das königliche Orchester musizierte fleißig auf dem Balkon und so konnte jeder im Saal den schönen Klängen lauschen.

Louis' Blick wanderte teilnahmslos über die wunderschönen, weiten Ballkleider der Frauen. Über die weißen oder grauen Perücken, die jeder trug, wie auch er selbst. Für ihn sah es aus wie immer, wie jedes Fest hier am französischen Hof. Langweilig.
Da besah Louis sich die Männer schon eher. Schließlich waren sie es doch, die seine Aufmerksamkeit mehr anzogen. Ihre Größe, fast alle größer als er selbst. Ihre Anmut, lange Beine, schöne Kehrseiten.
Die Uniformen, meist jene vom Militär. Heiß, sahen sie aus. Jedenfalls einige.

"Seid gegrüßt, mein Prinz.", ertönte eine Stimme und Louis' Kopf flog ihn die Richtung, aus der er sie vernommen hatte. Er erblickte Madame Billes, eine Gräfin und Bekannte seines Vaters, dem König. Er kannte sie schon sein ganzes Leben und schenkte ihr als erste Person an diesem Tag ein kleines Lächeln: "Gräfin." Sie lachte. "So gesprächig wie eh und je, mein Guter. Wie geht es Euch?" Der Prinz neigte leicht den Kopf. "Danke, gut. Und Euch? Wie geht es Eurem Mann?", fragte er, wenn auch nur aus purer Höflichkeit. Madame Billes lachte wieder, denn sie wusste das ganz genau.

Einige Minuten führten sie das Gespräch fort. Redeten über Belangloses, aber die gute Frau schaffte, es den Prinzen etwas zu erheitern.
Schließlich wurde ihr Gesicht ernst: "Wie geht es Eurer Tochter?" Der Prinz schloss für einige Sekunden die Augen.
Bilder von dem Tod seiner Frau bei der Geburt ihres Kindes schossen durch seinen Kopf. Bilder von seiner lachenden, mittlerweile, 3 Jahre alten Tochter. Bilder von seinen Liebhabern. Bilder von seinem kränkelnden Vater, der bald sterben würde. Und schlussendlich Bilder von ihm als König. Als der mächtigste Mann Frankreichs, vielleicht Europas.
Verantwortung. Macht. Pflicht. Mühe. Krieg. Streit. Kämpfe. Reichtum. Ehre. ...All das kam ihm in den Sinn.

"Danke es geht ihr gut." Das Lächeln, was er auf der Lippe hatte war echt. Er liebte seine Tochter! Nur seine Frau... Die hatte er nie aufrichtig geliebt, sondern nur geheiratet, weil er irgendwann einen Erben brauchen wird. Aber er bereute es; als sie starb wurde ihm bewusst, was er verloren hatte.

Madame Billes lächelte wissend und deutete dann unauffällig auf einen jungen Mann, den Prinz Louis von der Seite sehen konnte.
Schwarze Haare, dunklerer Teint, braune Augen, weiße Uniform. Er war wunderschön!
"Wer ist das?", fragte der Prinz die Frau. "Erinnert ihr Euch nicht? Ihr habt ihn und seinen Vater vor einigen Jahren auf dem Landsitz der Mollières getroffen. In der Bretagne."

Wieder kamen Louis Bilder in den Kopf: Er selbst, 10 Jahre zuvor, mit ungefähr 9 Jahren. Ein hübscher Junge, etwas jünger als er selbst, mit dunklen Haaren und braunen Augen. Jagdausflüge, Wettrennen, Schwimmen im Teich. Schachspiele, Klaviermusik, Tanz. Sein Vater, der Geschäfte abschloss, der schrie, wütete und tobte wenn sie scheiterten. Sein Vater, der trank, feierte und laut war, wenn sie aufgingen.

"Sein Vater und er stammen aus dem Osten, richtig?", fragte er mit einem Blick auf die beiden gut aussehenden Männer. "Oh ja.", antwortete Madame Billes. Ihre Augen fingen an zu funkeln, als sie Louis erzählte, was sie alles über den mysteriösen Besuch aus den östlichen Teilen der Erde wusste.
Tratsch war schon immer ihre Leidenschaft gewesen, was allerdings nicht hieß, dass sie nichts für sich behalten konnte. Sie wusste um die fehlende Liebe zwischen dem Thronfolger und seiner Frau. Um Louis' Liebe zu seiner Tochter, seinen Hass zu seinem Vater und um die Ängste kein guter König zu werden. Sie wusste auch, dass Louis lieber Männer zu sich ins Bett holte und dass er lieber Kekse statt Kuchen zum Tee aß.

{Larry / Ziam} • One Shots • {BoyxBoy}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt