Kapitel 7

227 13 2
                                    

Am nächsten Morgen muss ich mich erst ein mal orientieren und darüber im Klaren sein, wo ich bin. Schnell laufen die Erlebnisse der letzten Tage wie ein Film vor meinen Augen ab. Das Gespräch mit Carly machte mir bewusst, dass ich mit meinen Eltern ein Wörtchen zu bereden habe. Ich muss sie schätzen - solange sie noch bei mir sind. Nachdem ich mein Bett gemacht habe, gehe ich unter die Dusche. Ich weiß nicht warum, aber irgendwie bin ich heute motiviert, glücklich und beruhigt - ich bin neugeboren. Jetzt da ich weiß, wer all diese Menschen sind, ist meine Angst gesunken. Trotzdem finde ich alles noch ziemlich abgefahren, aber so wie es und Menschen und Tiere gibt, so gibt es auch sie - diese Wesen. Vor dem Spiegel betrachte ich mein Äußeres und fasse den Entschluss, es zu verändern. Meine langen Haare könnten ein Umstyling gut vertragen. Generell bin ich sowieso schon immer ein Freund von kurzen Haaren gewesen, hatte aber in letzter Zeit keine Zeit, zum Friseur zu gehen. Als ich fertig bin - sogar Schminke habe ich aufgetragen - gehe ich in die Küche. Die leere Küche kommt mir auf einmal so riesig vor. Die letzen Male, als ich hier war, gab immer Drama, deshalb konnte ich mich nicht richtig umsehen. Zum Frühstück mache ich mir Eier mit Schinken. Während das Fleisch in der Pfanne burzelt, kommt jemand in die Küche. Es ist Justin. Er sieht mich an und möchte schon wieder umkehren, kann aber nicht, da ich ihn aufhalte.
Nein passt schon, du kannst hierbleiben. Sage ich. Er lächelt kurz und setzt sich hin. Dieser Junge tut mir plötzlich so leid. Er hatt es nicht verdient, dass ich ihm gegenüber mich so unhöflich verhalten habe. Wir können uns schließlich nicht aussuchen, als was wir geboren werden. Ich nehme meinen Teller und setzte mich zu ihm. Er tippt an seinem Laptop rum. Nickt mir kurz zu und schreibt weiter. Ein peinliches Schweigen folgt.
Guten Appetit flüstert er mir zu. Ich muss kurz lächeln und bedanke mich. Er verdient eine neue Chance. Ich möchte ihn richtig kennenlernen. Und was ist da eine bessere Möglichkeit dafür, als gemeinsam was zu unternehmen? Ich...ich würde gerne einige Sachen erledigen. Meine Haare schneiden lassen, einkaufen gehen usw.
Er hört mir aufmerksam zu
Brauchst du Geld?
Nein, ich habe genügend, danke. Ich habe mich nur gefragt, ob du mich vielleicht begleiten könntest. Das ist ein unbekanntes Stadtviertel für mich, ich könnte eine Begleitung gut gebrauchen.
Seine Augen leuchten auf.
Natürlich! Wann immer du willst.
Okay, danke! In einer halben Stunde können wir uns im Flur treffen - wenn das dir passt.
Geht klar!
Ich räume meinen Teller in die Spülmaschine und gehe noch einmal kurz ins Zimmer, um meine Tasche zu packen. Carly kommt rein und möchte sarkastisch wissen, ob ich jetzt endlich abhauen würde. Ich muss dich leider entäuschen. Wir gehen kurz aus, um einige Sachen zu erledigen.
Wir?
Justin und ich.
Du willst mich wohl verarschen!Mr. Bieber wird aus dem Haus gehen und das mit dir?
Wie meinst du das? Verlässt er nicht das Haus?
Justin ist wahrscheinlich zuletzt vor Jahren aus dem Haus gegangen.
Warum das?
Naja..du weisst schon, weil er anders ist.
Die anderen Jungs aber auch?
Ja, aber die Anderen haben ihre Spenderin. Und können somit in Reichweite anderer Menschen gehen. Er nicht. Justin ist zu schwach. Er hört das Blut pochen und es fällt ihm schwer, sich zu beherrschen. Gott, das klingt ja fast schon wie die kitschigen Vampirgeschichten. Aber das ist echt romantisch. Ich mein er riskiert sein Leben, damit er mit dir ausgehen kann...ahhh! Er geht doch nur mit mir aus, damit er das bekommt, was er braucht. Und da war es schon wieder - mein vorurteilhaftes Denken. Naja, ich muss dann mal los. Ciao. Tschüssii und have fun!
Justin stand an der Treppe und spielte mit dem Reißverschluss seiner Lederjacke. Die Sonnenstrahlen fielen direkt auf sein Gesicht, nachdem sie die sauberen Fensterscheiben passiert hatten. Wer putzte eigentlich das Haus? Jede Ecke, jede Kante war blitzblank. Gott, wie bescheuert bin ich eigentlich? Warum kümmert mich die Sauberkeit des Hauses? Die Lichtfacetten verliehen seinen Honigbraunen Augen einen besonderen Glanz. Hier, in diesem Licht konnte ich sein Erscheinungsbild sehr genau studieren. Seine vollen, geformten Lippen könnten eine Lippenpflege gut vertragen, so trocken wie sie waren - trotzdem sehr attraktiv. Seine glatte Haut wurde von einigen kleinen Muttermalen ausgeschmückt, seine strahlend weißen Zähne könnten glatt aus einer Zahnpastawerbung stammen. Die Haare am Rand kürzer rassiert, vorne eine perfekt geformte Welle. Kurz zusammengefasst: Er war sehr attraktiv. Ich hüstele schwach, damit er sein interessantes Reißverschlussspiel beendet. Er schaut hoch, nickt mir zu - nachdem er mich mit seinen honigbraunen Augen von Oben bis Unten gemustert hat - und hält mir die Tür auf. Draußen ist es sehr heiß und ich bereue es sofort eine lange Hose angezogen zu haben. Ich folge Justin zu sein Auto. Ein schwarzer Audi - passt zu ihm. Im Gegensatz zu Jack hält er mir die Türe auf, worauf ich kichern muss, es kommt mir so wie gestern vor, als ich Jack im Club begnete und er mich herfurhr. Damals dachte ich, ich sei in einer Gang aufgenommen worden, die bisschen illegale Sachen treibt. Adrenalin halt. Ich wollte Nervenkitzel spüren. Stattdessen landete ich in einem Nest von „Etwas."
Das laute Gasgeräusch holte mich aus meinen tiefen Gedanken. Justins Blick war starr auf die Straße gerichtet. Das Wetter ist heute aber besonders heiß. Scheiße! Wie peinlich ist dass denn? Klingt wie diese billigen Anmachsprüche so etwa wie "Es ist so heiß hier, weil du hier in meiner Nähe bist" Der Sommer kommt früher als erwartet. Normalerweise wird es hier erst ab Mitte Juli so heiß. Liegt wahrscheinlich am Klimawandel. Irgendwann werden die Pole schmelzen und wir die Menscheit wird gegrillt. Naja bis dahin wird es uns sowieso so nicht geben. Genau, wie lange lebt ihr so eigentlich? Fuck, fuck, fuck! Ich war schon immer bekannt für mein Sprechen-Ohne-Denken. Ich rutsche tiefer in meinen Sitz. Die Situation ist mir so peinlich! Wir sterben dann, wenn unsere Spender sterben.   Die Tatsache, dass er mir antwortete beruhigte mich. Die Frage wahr wohl doch nicht so unpassend. Also, wenn mir theoretisch jetzt was passieren würde, würdest du auch sterben?  Er bestätigte meine Aussage mit einem Nicken. Wow...das verblüffte mich jetzt. All die Jahre, war er am Leben, weil ich es auch war. Immer, als ich an Suizid dachte, gefährdete ich, unwissend, sein Leben. Er könnte gerade mit seine Freunden feiern, ein Buch lesen, duschen und ZACK! Aus wäre es für ihn. Dieser Gedanke gruselte mich und ich war umsomehr froh, als ich das riesige Einkaufszentrum vor uns sah. Justin parkt geschickt sein Auto und wollte gerade um das Auto rennen, um mir die Türe aufzuhalten, doch ich komme ihm zuvor. Danke, das passt schon so. Im Gebäude weiß ich erst nicht wo ich hinwill. Also, du willst zum Friseur, neue Klamotten und? Das wars schon. Mehr brauche ich nicht.  Okay, mit was willst du anfangen? Da entdecke ich einen Laden, der scheint meinem Geschmack zu passen. Ich würde gerne da mal vorbeischauen Ich zeige mit dem Finger auf den Laden. Einverstanden. Der Laden ist zwar klein aber fein und mit den schönsten Kleidungsstücken ausgestattet. Ich suche mir einige Sachen raus, während Justin auf dem Sitzpolster Platz nimmt und mich beobachtet. Es stört mich nicht. Ich nehme zwei Kleider und einen Jumpsuit mit in die Ankleide. Das erste Kleid ist blau - passend zu meinen Augen. Es ist knielang, engsitzend und hat einen etwas zu großen Rückenausschnitt. Und? Was denkst du? Ich drehe mich um 360Grad. Er sieht mich an, stämmelt irgendetwas unverständliches. Ich hebe meine Augenbrauen. Schön siehst du aus. Passt zu deinen Augen. Danke! Ich grinse frech. Um noch eins drüberzuhauen gehe ich zum Spiegel, und hebe meine Haare hoch, damit er einen freien Blick auf meinen Rücken hat. Er schluckt laut und sieht sofort weg. Schuldig fühle ich mich nicht. Mir macht es Spaß, mit ihm zu spielen. Die nächsten Kleidungsstücke sind unschuldiger. Das blaue Kleid stand ihnen wirklich sehr! Die Angestellte an der Kasse lächelt mir freundlich zu. Sie sind wirklich ein attraktives Paar. Oh nein, da haben sie etwas falsch verstanden. Wir sind kein Paar. Wirklich? Oh Entschuldigen Sie. Die Tüten nimmt Justin und wir verlassen den Laden. Keiner spricht ein Wort. Die Situation grade war sehr awkward. Der Friseur ist dort drüben. Geh du schon mal hin, ich komme nach, muss eine Sache erledigen. Unsicher gehe ich weg von ihm. Habe ich falsch reagiert im Laden? Warum lässt er mich jetzt alleine? Beim Friseur packt mich die Sehnsucht nach meinen Eltern. Ehe ich meinen Tränen freien Lauf lassen kann, setzt mich der Friseur auf den Stuhl und beginnt loszureden. Er schlägt unzählige Haarschnitte vor. Am Ende einigen wir uns auf einen schulterlangen Bob. Das Ganze dauert ca. eine
halbe Stunde und das Ergebniss lässt sich sehen. Es gefällt mir. Beim Ausgang erblicke ich Justin. Er lehnt an der Tür und verfolgt jeden meiner Schritte. Gut siehst du aus. Danke. Hast du Hunger? Ich würde vorschlagen wir setzen uns in ein Café. Du kannst eine Kleinigkeit essen und trinken. In Ordnung. Ich sterbe tatäschlich vor Hunger und als Bestätigung knurrt mein Magen. Im Café bestelle ich mir ein Putensandwich  mit einem Cappucino. Justin möchte einen Orangensaft. Ich weiß, dass er das nur aus Höflichkeit tut. Du musst das nicht tun. Was nicht tun? So tun, als ob du ein Mensch wärst. Du weißt schon, einen Drink bestellen, welcher nach Nichts schmeckt. Er sah mich mit weiten Augen an. Ich wollte nur nett sein. Dir zeigen, dass ich anders bin. Dass du anders bist, weiß ich. Warum bist du aufeinmal so nett zu mir wo du doch nur ein Paar Tage zuvor mich ansahst, als ob du mich gleich umbringen wollen würdest. Ich wollte nie-  Aber nein was frage ich nur? Du bist doch nur nett, damit ich endlich darauf einwillige, dass du mich aussaugst und somit dein erbärmliches Leben fortsetzen kannst. Mir war gar nicht aufgefallen, dass ich aufgestanden bin. Die Leute im Café beobachteten uns verwirrt. Justin sah gekränkt aus. Kein Zweifel-ich hatte ihn verletzt. Ohne nachzudenken nahm ich meine Tasche, die Tüten mit den Einkäufen waren mir egal, und lief fort. Kaum das Einkaufszentrum verlassen spürte ich eine salzige Flüssigkeit mein Gesicht entlanglaufen. Ich war am Weinen.
Die Stöckelschuhe zog ich aus, um gemütlicher Laufen zu können. Die ganze Zeit schien mir ein schwarzer Van zu folgen. Ich hatte aber zu starke Kopfschmerzen um mir darüber Gedanken zu machen. An der Ampel wurde die Tür aufgestoßen und ehe ich reagieren konnte zogen mich 4 kräftige Hände ins Auto. Gleich danach wurde ein Tuch auf mein Gesicht gedrückt und ich verlor mein Bewusstsein.










Hi! Endlich konnte ich weiter schreiben. Ich hatte wegen der Schule keine Zeit, Vorbereitung auf das Abi usw... Wie ihr schon bemerkt habt, habe ich einen Tempuswechsel irgendwann gemacht, denn es fiel mir schwer im Präsens zu schreiben, also bin ich zum Perfekt zurückgesprungen - hoffe das macht euch nichts aus :)

BesessenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt