("Fräulein Anastasia")

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Ich sah das Ortschild, gelb pragte es an Straßenseite. Also hier, irgendwo im nirgendwo, war mein zukünftiges Zuhause. Die meisten meiner Mitmenschen würden jetzt vor sich hin schmollen, darauf wartend das ihre Eltern nachgeben und sich erst Wochen später mit der Situation zufrieden geben, aber nein zurück möchte ich nicht. Aber nicht weil irgendetwas vorgefallen sei...

Zum Beispiel das ich nie echte Freunde gehabt hätte oder weil ich eine Außenseiterin gewesen wäre.

Diesem Klischee muss ich leider  wiedersprechen und dazu muss ich auch noch erwähnen, das ich ganz und gar nicht gewöhnlich bin.

Abstreiten, das ich meine Freunde nicht vermisse, kann ich nicht. Dennoch das Gefühl von Freiheit, was der Gedanke an einen Neuanfang in mir auslöste, war befreiend, doch zugleich auch angsteinflößend.

Nun lebe ich sprichwörtlich im hier und jetzt, denn meine Vergangenheit war den Leuten unseres neuen Ortes unbekannt.

Tief in meinen Gedanken versunken merkte ich nicht wie wir ankamen, erst mit dem klopfen meines Vaters, an die Scheibe unseres Wagens, wurde ich wieder zurück in die Realität katapultiert. Erschrocken drehte ich mich zur Tür hin und stieg, wenn auch mit leichter Verwirrung aus. Ich blickte zum aller ersten Mal zu dem Hause auf, indem ich vorrausichtlich meine nächsten Jahre verbringen würde.

"Anna, geht's dir gut?"

"Natürlich Dad!", antwortete ich etwas genervt auf die Frage meines Vaters.

Als ich mich umblickte merkte ich, dass ich Recht hatte. Wir waren wortwörtlich in dem hintersten unterentwickeltsten Dorf der Erde gelandet. Einen Balken auf meinem Handy signalisierte den miserablen Empfang.

Wehe die Wlan-Box ist noch nicht installiert!

Die Gebäude der Straße sahen sich in ihrer Bauweise sehr ähnlich und sicher würde sich dieser "rote Faden" durch den ganzen Ort ziehen. Gemauert waren die Häuser ausschließlich aus roten Backsteinen, auch das alter sah man ihnen an, aber gab es dem ganzen ein wohltuendes Ambiente. Ich würde es als geheimnisvolle wärme bezeichnen.

Hoffnungslose Romantikerin halt...

Beim Ausladen der letzten Gepäckstücke, erwischte ich mich wie ich immer öfter zu dem Anwesen hinauf schaute. Es hatte etwas an sich das mich in seinen Bahn zog.

"Spürst du auch diese Ausstrahlung? Ich denke, wir werden uns hier wohlfühlen, Nicht wahr Anastasia?", und ohne eine Antwort meiner Seits abzuwarten, lief sie davon. Typisch meine Mutter, wäre ich heute anders gelaunt, würde ich es ihr wahrscheinlich übel nehmen, das sie mich Anastasia genannt hatte, aber sei es ihr verziehen. Meinen Koffer an mich reißend lief ich ihr nach. Ich erschrak, als der Parkettboden unter meinen Füßen knarrte. Ich machte große Augen als ich den Eingang passierte, nie hätte ich erwartet, wie sehr sich die Einrichtung unserer alten Stadtwohnung von dieser hier so sehr unterschied. Abermals wurden meine Gedanken gestört: "Anna ziehst du dich bitte um, wir haben den Makler für 18 Uhr zu uns eingeladen."

In meinem Zimmer angekommen sortierte ich den Rest der Kleidung ein, die sich in der Reisetasche befanden. In den letzten vier Wochen waren meine Eltern öfter hin und her gependelt, um nach und nach das Inventar hier her zu bringen.

Eine Stunde noch

Es gab zwei Bäder in der 1.Etage. Eins für mich, eins für meine Eltern. Mein Zimmer befand sich am Ende des Flurs, direkt neben dem Badzimmer. In das ich gerade schritt.

Ein Blick in den Spiegel genügte um zusehen, das mir die fünf stündige Autofahrt mehr zugesetzt hatte als ich dachte, meine Haare klebten an meinen Kopf und meine Schminke war verlaufen, meine Kleidung zerknittert und verschwitzt. Meine Mutter hatte Recht so konnte ich niemand unter die Augen treten.


Zeilen der LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt