2 - Nächster Schock

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Ju
Bevor ich meine Wohnung verließ, checkte ich nochmal mein Spiegelbild. Weißes Hemd, Jeans. Sogar eine Krawatte hatte ich aus dem Schrank gekramt. Ich steckte die Pralinen und die Tasse, die ich gestern extra selbst bemalt hatte, in meine Tasche. Den Strauß Rosen nahm ich so. Ich warf mir meine Jacke über, steckte meinen Schlüssel ein und schlüpfte ins Treppenhaus.

Fast bei Fiona angekommen bretterte ich die letzten Meter auf meinem Longboard die Straße entlang. Ich sprang ab und klingelte Sturm bis das Summen erklang. Ich drückte die Tür auf und sprintete die Treppenstufen nach oben.
Doch in der Tür stand nicht meine geliebte Fiona, sondern ein Typ, der gut einen Kopf größer war als ich.
„Ähh..", machte ich.
Der Typ grummelte und verdrehte genervt die Augen. Jetzt erst merkte ich, dass er nur Boxershorts anhatte.
„Was machst du bitte in Fionas Wohnung?", fragte ich wütend.
„Die Frage ist, was du hier machst, Zwerg.", gab er zurück. Hatte er mich gerade allen Ernstes Zwerg genannt?!
„Geht's noch?! Verpiss dich aus der Wohnung meiner Freundin, du Spast!", schrie ich ihn an. Der Typ drehte sich um und rief in die Wohnung:
„Häschen? Kommst du mal? Hier ist so 'ne wildgewordene Kanake, die meint sie wär dein Freund!"
Mir klappte die Kinnlade runter. Häschen?! Und was fiel diesem Bastard ein, mich zu beleidigen?
„Hast du sie noch alle?!", brüllte ich ihn an und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. Das war nicht einfach, weil er wie gesagt viel größer als ich war. Als er realisierte, was gerade passiert war, packte er mich am Kragen und hob mich ohne Probleme hoch.
„Na warte, du Zwerg! Ich werde dir scho-", setzte er an, doch dann kam Fiona aus dem Schlafzimmer.
„Heeey!", kreischte sie hysterisch. „Lass ihn los, Matt!"
Aha. Matt. Er ließ mich wiederwillig runter. Verwirrt sah ich zu Fiona und stellte fest, dass sie nichts als schwarze Spitzenunterwäsche anhatte. Jetzt kapierte ich was da lief.
„Ju!", sagte sie und lachte nervös. „Äh.. Hehe.. Das ist nicht das, was du denkst.."
Tränen stiegen mir in die Augen. Das konnte nicht wahr sein. Sie.. Er.. Warum?! Ich presste meine Lippen aufeinander und versuchte, nicht loszuheulen.
„W-Wie lange geht das schon..?" Meine Stimme zitterte erbärmlich. Matt grinste spöttisch.
„Ju, ich.. Es.. Warte mal.", stotterte Fiona.
„Vier Monate.", antwortete Matt für sie.
Ungläubig sah ich ihn an. Ich blickte zu Fiona, die nur betroffen auf den Boden starrte. Es stimmte also.
„Wundert mich nicht.", fügte Matt noch hinzu. Das war's. Die Welt verschwamm vor meinen Augen. Ich stand wie angewurzelt da und konnte mich nicht rühren. Meine Finger, die die Tasse hielten, lösten sich langsam. Mein Geschenk fiel zu Boden und zersprang in tausend Stücke. Genau wie mein Herz. Meine über alles geliebte Fiona. Und dieses Schwein. Ich dachte die ganze Zeit, dass sie mich lieben würde. Vier Monate. Vier Monate vorgetäuschte Liebe. Vier Monate falsche Gefühle. Vier Monate Heuchelei. Ich konnte es nicht fassen. Wie konnte sie das tun? Und wie konnte ich darauf reinfallen? Wie konnte ich mir auch einbilden, dass sie bei mir blieb, obwohl es mir so schlecht ging? Was hatte ich erwartet? Bedingungslose Liebe? Ich hätte es wissen müssen. Ich kam mir so dämlich vor.
„Ju? Ju-uu?" Fiona riss mich aus meinen Gedanken. Ich schüttelte mich und blinzelte die Tränen weg.
„Nein.", sagte ich nur. Meine Trauer verwandelte sich in Wut. Ich schmiss Fiona die Rosen vor die Füße und drehte mich um.
„Alles Gute zum Jahrestag.", sagte ich und stieg mit schnellen Schritten die Treppe hinab.

Doch dann kam sie.. - Julien Bam FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt