Kapitel 6

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James

Auf dem Weg zum Dorf grübelte er noch immer über Melanies plötzliches Verschwinden nach, er war so abgelenkt, dass er nicht bemerkte, wovor ihn sein Instinkt die ganze Zeit warnen wollte.
Nachdem er durch die Tür ihrer Unterkunft getreten war, schlägt diese zu.
"Hallo James, gibt es da etwas das du uns erzählen möchtest?"
Die gesamte Crew stand mit verschränkten Armen und finsterem Blick im Raum verteilt.
Charles, der Anführer sah ihn tadeld an.

"Nein, nein wieso?"
Stotternd blickte James von einem zum anderen.
"

Was sollte ich euch denn verschweigen?"
"Tu doch nicht so unschuldig! Immerhin schleichst du dich jede zweite verdammte Nacht raus!"
Geschockt sah James sich um.
"Was ich ich habe nicht..."
"Lüg mir nicht ins Gesicht!" schrie Charles ihn an. "Ich hab es mit eigenen Augen gesehen! Wo kommst du denn her heute Nacht? Etwa von einem schönen Mädchen?"
Die Crew lachte auf.
"Sie ist aus dem Dorf!" Rief James aufgebracht und biss sich gleich darauf auf die Lippe"
"Oho er gibt es zu! Wer ist es denn, etwa eine Schöne Meerjungfrau, die dir den Kopf verdreht hat?"
"Ganz genau! Und schaut mich nicht so an, ich bin nicht betrunken, es stimmt!"
"Ach und dass sollen wir dir glauben?"
"Ich kann es beweisen! Ihr werdet schon sehen! Wir treffen uns immer bei Nacht am Stand bei den Klippen. Kommt mit, aber haltet euch im Hintergrund bis ich euch rufe, ich will nicht dass sie erschrickt und flieht."

Melanie

Sobald die ältesten Jägerinnen Jades Leichnam zu den Vulkanen brachten, versammelten sich die übrigen Meerjungfrauen auf dem großen Platz in der Mitte des Lagers. Sie bildeten einen Kreis um die Unendlichkeit des Lebens zu symbolisieren und wiegten sich langsam wie die Gezeiten und die Brandung hin und her. Gemeinsam dachten sie an Jade um zu verhindern, dass sie in das ewige vergessen abglitt. Um ihren Geist in die Welt der lebenden zu holen dachten sie an das intensivste was sie mit ihr erlebt hatten. Auch Melanie war dabei obwohl Najeli protestierte.
"Warum ist sie dabei? Das soll die Auserwählte sein? Sie konnte nicht einmal die eigene Gefährtin retten! Wie soll sie unseren Untergang verhindern? Wo warst du überhaupt? Hattest du besseres zu tun als deinen Schwarm zu retten? Du bist schuld dass sie tot ist! Du allein! Und dass werde ich dir nie vergessen!"
Entsetzt fuhr Melanie zurück. Sofort schoss Alani vor um ihr Freundin zu verteidigen, doch diese zog sie am Arm zurück.
"Lass sie doch, sie hat recht! Es ist meine schuld, dass Jade tot ist! Anstatt meiner Bestimmung zu folgen war ich a-"
"Still!" Schnitt ihr Alani das Wort ab. "Oder soll dich jeder hören? Dich trifft keine Schuld! Najeli ist verwirrt, Jade war ihre beste Freundin und ihr Tod hat sie von uns allen am meisten getroffen. Es ist ganz normal, dass sie verwirrt ist! Gib ihr einfach ein bisschen Zeit!
Nach den Ritualen legten sich alle Schlafen um Träume von Jades Geist zu empfangen doch Melanie war zu unruhig um einzuschlafen und stahl sich davon. Sie musste James sehen! Zu viel war passiert. Sie musste mit ihm darüber reden.

Auf dem Weg zu ihrem Treffpunkt war Melanie hin- und hergerissen. Durfte sie kommen? Nachdem sie Jade schonmal im Stich gelassen hatte floh sie nun erneut vor ihrer Verantwortung! Würde James überhaupt da sein?
Als sie bei den Felsen ankam zögerte sie noch ein einziges mal und durchstieß dann voller Hoffnung die Wasseroberfläche.
Würde James da sein?
Er saß da auf dem Felsen, wie immer. Sofort entdeckte er sie und schrak auf. Atemlos begrüßte Melanie ihn. Sie konnte es nicht mehr für sich behalten. Alles was sie erlebt hatte sprudelte aus ihr heraus und sie erzählte ihm von Jades Tod und ihren Schuldgefühlen deshalb.

James
S

prachlos hörte er Melanie zu als sie von Jades Tod, ihren Schuldgefühlen und dem bevorstehenden Ritual erzählte. Es war so schrecklich, was sie ihm erzählte! Und Jade war durch die Schuld von Menschen gestorben! Auf keinen Fall konnte er ihr von seiner Crew erzählen!
Also schwieg er.
Er hörte seiner Freundin zu und tröstete sie.
Doch seine Gedanken kreisten immer darum wie er Charles beibringen sollte, dass er doch nicht mit der Meerjungfrau sprechen würde. Doch dieser nahm ihm die Entscheidung ab.
Auf einmal hörte er das Rascheln von Kleidung und seine Kameraden kamen ohne auf sein Zeichen zu warten aus ihrem Versteck. Anscheinend war es Charles zu langweilig geworden.
Melanie sah verschreckt auf und holte Luft um ihn zu warnen, doch er unterbrach sie.
"Es ist in Ordnung, Melanie. Das ist meine Crew."
Er hoffte so sehr, dass sie es verstehen würde, doch sie sah ihn an und in ihrem lag alles, was sie nicht in Worte fassen konnte oder wollte.
Unendliche Trauer, Wut und Verletztheit über seinen Verrat doch das schlimmste war der Abscheu, Abscheu vor ihm. Sie wollte ihm Vertrauen, doch wie konnte sie, wenn der eindeutige Beweis gegen ihn sprach?
Mit einem wütenden Zischen in Richtung der Fremden tauchte sie unter und verschwand.

Meerestochter*pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt