Kapitel 4 | Herzschlag bis zum Hals

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Perplex starrte ich Samu an. Moment, hatte ich mich da gerade verhört, oder hatte er mich wirklich gefragt, ob ich mit ihm etwas trinken gehen wollte? Samu Haber? Aber nachdem er mich so erwartungsvoll und auch irgendwie verunsichert ansah, hatte ich mich wohl doch nicht verhört. Und eigentlich fühlte ich mich noch ganz klar im Kopf - abgesehen von der Tatsache, wer da vor mir stand und unserer Band soeben seine Hilfe versprochen hatte.

"Samantha?", fragte er mich nun und schmunzelte leicht. "Bist du noch da?"

"Ja....ja. Klar komm ich mit. Ich freu mich", brachte ich endlich raus.

"Super ich auch", grinste Samu. Langsam ging ich weiter, nachdem er mir noch immer die Tür aufhielt, und zwang mich, meinen Mund wieder zu schließen.

Gemeinsam machten wir es uns wieder an der Bar gemütlich, genauso wie am vorherigen Abend, als wir so nett miteinander geplaudert hatten.

"Also gut", begann Riku uns die Lage zu erklären, "natürlich können wir euch keinen Plattenvertrag ausstellen...aber unser Label könnte das eventuell."

Wir sahen ihn alle mit offenem Mund an.

"Hab ich was falsches gesagt?", fragte er verunsichert nach.

"Nein, nein...ich bin nur bei dem Wort Plattenvertrag ausgestiegen", erklärte ich und schloss meinen Mund wieder. Wie unglaublich war das denn bitte? Vor etwas mehr als 24 Stunden waren wir noch komplett unmotiviert und lustlos in Janinas kleinem Hinterzimmer gesessen und nun sprachen die vier Jungs da gerade von einem möglichen Plattenvertrag bei Universal Music?

Die vier mussten leicht schmunzeln. "Na, wenns nur das ist", meinte Sami.

"Also, wie gesagt, unser Label könnte euch einen Plattenvertrag ausstellen, aber ganz so einfach ist das natürlich auch nicht", fuhr Riku fort. Damit war zu rechnen, aber allein die kleine Chance auf einen möglichen Plattenvertrag brachte meinen Puls zum rasen. "Dazu müsstet ihr noch mehr Leute überzeugen, aber bei dem, was wir da heute von euch gehört haben, sollte das kein Problem sein."

"Ihr solltet euch natürlich trotzdem nicht allzu große Hoffnungen machen", fügte Samu hinzu, "eure Chancen stehen nicht schlecht, aber wenn es eins ist, das ich in meiner Musiklaufbahn gelernt habe, dann, dass man sich nie zu große Hoffnungen machen sollte." Ich nickte ihn an.

"Aber wie wäre es denn", meinte nun Raul und sah dabei seine Bandkollegen an, "wenn wir mit den vier noch ein wenig proben?" Die anderen drei nickten zustimmend.

"Bis morgen Abend sind wir noch in München und wir haben für morgen noch keine Pläne", erklärte Samu.

"Das wär...schon ziemlich klasse", sagte nun Annika. An ihrer Stimme merkte ich jedoch, dass sie das nicht einfach nur klasse fand. Das war unglaublich und da ging es uns allen vermutlich ähnlich.

"Ein Studio könnten wir organisieren", sagte Samu und zwinkerte mir zu, "wir haben connections."

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Eine Weile saßen wir noch an der Bar und hatten gemeinsam den morgigen Tag geplant. Die Jungs hatten schon einige Male in einem Studio in der Nähe des Marienplatzes hier in München geprobt, wenn sie gerade auf Tour waren. Oft kamen die besten Ideen an Plätzen, die man gar nicht erwartet, wie beispielsweise in fremden Städten. Das hatte uns Samu erklärt. Sicher waren sie sich nicht, ob das so kurzfristig funktionieren würde, aber sie versicherten uns, dass schon alles gut gehen würde.

Inzwischen war alles geklärt und Handynummern getauscht, so dass sie uns wegen der Uhrzeit Bescheid geben konnten. Sobald das geklärt war, würden sie sich bei uns melden, meinte Sami.

Mittlerweile kam ein wenig Aufbruchsstimmung auf und Riku betonte, wie unglaublich müde er doch war. Schnell schlossen sich Sami und Raul an und die drei meinten, sie müssten schon längst in ihrem Bettchen liegen. Ob das wohl geplant war und Samu schon von seinem Vorhaben erzählt hatte?

Als sie sich - ganz Gentlemen - von Janina verabschiedeten und auf den Weg zur Garderobe machten, hielt ich meine drei Freunde zurück. So leise wie möglich sprach ich die zuvor wohl überlegten Worte aus und erklärte, dass Samu mich auf einen Drink eingeladen hatte. Alleine. Sie reagierten erstaunlich positiv. "Klar, dann gehen wir auch endlich 'ins Bett'", sagte Julian sofort und zeigte Gänsefüßchen. Ich lächelte die drei an. Wir waren wirklich gute Freunde, fiel mir schlagartig auf. Lediglich die mühselige Karriere hatte einen Schatten darüber gelegt. Und ich hoffte, dass sich das nun wieder ändern würde. Aber ich sah neue Motivation in Leos Augen, als ich mich umdrehte und Sunrise Avenue zur Tür folgte.

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"Wo solls denn hingehen?", fragte ich Samu, nachdem wir uns von den anderen verabschiedet hatten und die Straße entlangschlenderten.

"Na das musst du wissen, du kennst dich hier sicher besser aus", meinte dieser und lächelte. Da hatte er vermutlich recht, dachte ich mir und überlegte einen Moment. Da kam mir ein kleiner Club in den Sinn, der ganz in der Nähe lag. Dort hatte ich Jahre zuvor meinen ersten Freund kennen gelernt, erinnerte ich mich. Ich schlug Samu meine Idee vor, behielt das Detail mit meinem Ex jedoch für mich.

Samu nickte. "Klingt gut."

Es entstand eine peinliche Stille zwischen uns. Plötzlich überlegte ich, was ich hier eigentlich machte. Dieser kleine Ausflug hatte sicherlich keine beruflichen Gründe, dann hätte er ja schließlich nicht nur mich eingeladen. Und aus privater Sicht war dieser Mann ganze 14 Jahre älter als ich. Auch wenn er nicht so aussah, dachte ich und warf heimlich einen Blick hinüber. Erschrocken bemerkte ich, dass er mich ansah und lächelte ihn leicht an. Erst lächelte er zurück, doch dann drehten wir uns beide etwas peinlich berührt wieder voneinander weg und sahen auf die Straße.

"Wie genau würde denn das bei Universal ablaufen?", fragte ich nun. Weniger, weil es mich im Moment so sehr belastete, sondern eher, weil ich die peinliche Stille unterbrechen wollte. Samu begann mir zu erklären, dass wir uns dort mit ein paar Profis trafen, die genug Macht und Erfahrung hatten, um über einen Plattenvertrag zu entscheiden. Vermutlich sollten wir dort kurz etwas über uns erzählen und dann ein paar eigene Songs spielen. Unwillkürlich fühlte ich mich an ein Bewerbungsgespräch erinnert. Samu sah meinen Blick und lachte.

"Keine Angst. Alles wird gut", meinte er, als ich die Tür zum Club aufdrückte.


You Can Never Be Ready (Samu Haber Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt